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„Als nächstes designen wir Raketen.“

Im Interview verrät uns yoona.ai Gründerin Anna-Franziska Michel wie sie die Modebranche digitalisieren und das Tesla ihrer Industrie werden will. Zusätzlich erklärt sie, wie Künstliche Intelligenz dabei hilft Designprozesse zu beschleunigen um zielführender zu produzieren. Dadurch soll auch die Nachhaltigkeit der Industrie gesteigert werden.

Wie kamst du auf die Idee yoona.ai zu gründen?

Ich habe Kunst studiert und danach Modedesign, habe immer sehr künstlerisch gearbeitet. Als ich mein eigenes Label hatte, stellte ich aber fest, dass Kunst von innen nach Außen ist – hier geht es nicht primär ums Verkaufen. Bei einem Label muss man sich aber am Kunden orientieren. So kam es zur Überlegung wie ich etwas Coden kann, dass mich näher an KundInnen bringt und meine Kleidung persönlicher für sie macht. Zusätzlich machen wir als DesignerInnen alles manuell. Wir haben zwar Photoshop und Design-Programme, dennoch haben wir viele einzelne Prozesse die insgesamt sehr lange dauern. In der Architektur oder anderen Industrien wird schon viel stärker mit Automatisierung gearbeitet. Ich bin also zu Wirtschaftsinformatik gewechselt, habe dort einen sehr engagierten Professor gefunden, der mit mir im Bereich „Business Intelligence“ eine Forschungsgruppe gegründet hat. Dort haben wir neuronale Netze untersucht. Über diese Wege habe ich mir mit dem Team angesehen wie Prozesse  über KI (Künstliche Intelligenz) durch Daten und Trendanalysen verkürzt werden können.

Ihr habt ja auch eine von KI designte digitale Modeschau. Was sagen andere DesignerInnen zu den Stücken, die dort gezeigt werden?

Man sieht keinen Unterschied. Am Ende ist es ein Design. Als ich mein PhD gemacht habe bin ich mit einem Fragebogen los und habe Feedback von Designer*innen eingeholt. Viele waren auch der Meinung, dass im Design viele Handgriffe passieren, die gerne wegfallen könnten. Seien es Prints oder grafische Arbeiten die viel Zeit in Anspruch nehmen. Hier gilt auch zu unterscheiden, ob es sich um Designer*innen im künstlerischen Sinne handelt oder Personen die in der Industrie tätig sind.

Jetzt soll der Design-Prozess ja extrem beschleunigt werden. Wie funktioniert es so einen Prozess auf wenige Klicks zu verkürzen? Gebe ich da eine Zielgruppe ein, drücke auf ok und habe dann ein fertiges Design?

Das ist tatsächlich eine Anwendung die wir kürzlich umgesetzt haben. Technisch funktioniert es so, dass Unternehmen sehr viele Daten von vergangenen Kollektionen und Designs haben. Über die Jahre hinweg ergeben sich dadurch sehr viele historische Daten. Da spreche ich vor allem von Bildern. Dazu gibt es auch Performance-Daten, also welche Kollektion ging gut und welche nicht. Zusätzlich gibt es auch Trendseiten die viele Bilder zur Verfügung stellen. Wenn nun eine Brand zum Beispiel Kids-Shirts haben wollen, dann geben wir diese Daten in die KI ein und diese schlägt dem Unternehmen Designs vor. Das Ziel ist durch die optimierte Nutzung der Daten einen Overstock zu verhindern und dadurch Revenues zu steigern.

Ihr sagt auf eurer Website, dass ihr mit eurem Service die Nachhaltigkeit in der Industrie steigern wollt. Wie soll das gehen? Lebt die Modeindustrie nicht davon viele Kollektionen im Jahr rauszubringen und zu produzieren?

Ich habe dazu verschiedene Ansätze. Die Modeindustrie kämpft seit Jahrzehnten damit ökonomische Ziele und nachhaltigen Ziele auf eine Stufe zu bringen. Dabei wurde kaum der Backend-Prozess in Betracht gezogen. Dadurch können Konsumenten nicht ausreichend über Nachhaltigkeit aufgeklärt werden oder nur Leute mit ausreichenden finanziellen Mitteln können sich Nachhaltigkeit leisten. Ich denke, dass die Demokratisierung der Nachhaltigkeit nur über Technologie möglich ist. In dem Moment wo Unternehmen über Datenauswertung Designs entwickeln die eher von Konsument*innen gekauft werden, gibt es schon weniger Overstock. Es muss also weniger produziert und weniger Aufwand hineingesteckt werden. Im nächsten Schritt werden durch die Digitalisierung weniger Prototypen hergestellt. Durch 3D-Designs und Augmented Reality können sich UnternehmerInnen besser was unter den Kollektionen vorstellen und sie müssen weniger Reisen, um Kollektionen zu besichtigen.

Wie geht es Designer*innen in der Industrie derzeit im Gestaltungsprozess?

Viele sind überlastet weil sie alles manuell machen und sich Prozesse dadurch lange hinausziehen, der Workload geht jedoch nicht runter. Ich selber war in der Situation keine Zeit mehr für Kreativität zu haben, weil ich viel zu viele Arbeitsschritte durchlaufen musste die gut und gerne hätten automatisiert werden können.

Du sagtest mal yoona.ai könnte das Tesla für die Fashion-Welt werden. Wie hast du das gemeint?

Ich hab neulich mal gesagt, als nächstes designen wir Raketen (lacht). Was wir machen ist eine End-to-End Digitalisierung des Designprozesses anzubieten. Durch die Pandemie hat sich ja auch gezeigt, dass die Digitalisierung enorm wichtig geworden ist. Es ist eine Passion die Modeindustrie dorthin zu bringen, wo andere Industrien, mit dem Einsatz modernen Technologie, bereits stehen. Wir müssen es schaffen, dass die Modeindustrie weniger Müll erzeugt.

Wie sehen das die Unternehmen, mit denen ihr arbeitet?

Es ist vor allem eine unternehmerische Entscheidung in welche Richtung gegangen wird. Derzeit ist es noch günstiger mehr Müll zu produzieren. Daher muss ein Systemwandel vollzogen werden, damit weniger Overstock produziert wird, und zwar so, dass es sich auch aus einer sehr unternehmerischen Denkweise heraus lohnt.

Fotomaterial© yoona.ai

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