Vor einigen Tagen habe ich ein Interview mit dem Wiener Informatiker und Simulationsforscher Niki Popper geführt. Während der Pandemie wurden Wissenschaftler so etwas wie die Anker im Informationsgeschehen. Zumindest in meiner Bubble fühlte es sich so an. Damit meine ich vor allem Chats und Mails, Sprachnachrichten und was es sonst noch alles gibt. Aktion und Reaktion mit Zeitverzögerung, gefiltert, korrigiert und geschönt. Wer hätte gedacht, dass die „Brave New World“ statt Transparenz noch mehr Illusion und Fake News bringen würde?
Popper meinte jedenfalls, dass wir bereits im digitalen Biedermeier angelangt seien, in dem intelligente Menschen Bilder vom Klöppeln und Kochen durch die Gegend schicken statt sich aus dem Schneckenhaus ihres Weltbildes herauszuwagen. Während die Brandstifter und Zündler bereits am Werke sind.
Tja. Auch ich verschicke gerne Fotos von selbstgebackenen Torten und selbstbezogenem Gemüse. In den sozialen Medien sind es nicht immer die informativen Aufsätze an denen ich hänge bleibe, sondern sehr gerne Kitsch& Drama.
Auf meinem Nachttisch liegt ein Band „Kleiner Schriften“ von Alfred Polgar. In einer Glosse schreibt er davon, wie lächerlich ihm in den 1940er Jahren seine früheren Sorgen vorkommen. Wie schön es war, als man sich über Banalitäten ärgern konnte.
Im digitalen Biedermeier sollten wir natürlich nicht mit Scheuklappen gemütlich ins Unglück schlendern. Aber wenn ein bisschen klöppeln und kochen glücklich macht, dann darfs doch auch mal bieder sein. Nur den Brandmelder nicht überhören!