In ihrem neuen Spielfilm »Die perfekte Kandidatin« lässt Regisseurin Haifaa Al Mansour ihre Hauptfigur Maryam als Wegbereiterin auftreten. Und kommt dabei ganz ohne den erhobenen Zeigefinger aus.
Studien zeigen, dass sich Frauen gerade in Bewerbungsprozessen viel zu wenig zutrauen. Wo Männer sich gerne überlegen und größenwahnsinnig geben, durchleuchten viele Frauen ihr Skillset mit der Präzision eines MRT. Nicht so Maryam, Hauptfigur in Haifaa Al Mansours Film Die perfekte Kandidatin. Sie steht in der Warteschlange neben ihrem möglichen zukünftigen Chef und sagt ganz klar und schnörkellos, dass sie die perfekte Kandidatin für die freie Stelle ist. Und auch sonst lässt sich die junge Ärztin, die in einem spärlich eingerichteten Krankenhaus in einer kleinen Stadt in Saudi Arabien arbeitet, nur wenige Steine in den Weg werfen. Und falls doch, dann steigt sie einfach darüber. Klingt nach einem Film, der den Spielregeln eines schnöden didaktischen Lehrstücks folgt? Dem ist glücklicherweise gant und gar nicht so.
Maryams Weg, der sie von einer verpassten Ärzte-Konferenz zur Kandidatur für den Gemeinderat führt, wurde von Al Mansour nämlich mit einer großes Portion Subtilität und einer fast genauso großen Ladung Humor unterfüttert. Das tut dem Film sehr gut. Denn obwohl es den ganzen Film über um sehr wichtigen Themen geht und die Stellung der Frau in der saudi-arabischen Gesellschaft keinesfalls etwas ist, worüber man schmunzeln oder gar lachen sollte, gelingt es der Regisseurin eine ganze Reihe an beiläufig amüsanten Momenten einzuarbeiten, die dazu führen, dass Maryam und ihre Familie sehr nah an einen heran rücken. Ohne jemals Beklemmung auszulösen.
Und auch die Absurditäten, die trotz erster Fortschritte, mit der strengen Geschlechtertrennung einhergehen, werden im Film gezeigt. So darf Maryam als Frau ihre eigene Wahlkampfveranstaltung nicht besuchen, sondern muss per Video zu den anwesenden Männern sprechen. Obwohl es sich bei Al Mansours Film keinesfalls um eine kritische Anklage gegen die herrschenden Kräfte in Saudi Arabien handelt, verzichtet sie nicht darauf, das Politische aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. So folgen wir nicht nur Maryams Weg, sondern auch dem ihres Vaters, der als Musiker mit einer Band durch das Land zieht. Öffentliche Konzerte dieser Art sind in Saudi Arabien erst seit kurzem erlaubt und die Band stößt deshalb immer wieder auf Widerstand.
Weil der Auslöser für Mayrams politische Laufbahn die Befestigung der ständig schlammigen Straße vor der Klinik ist, wird die dem Film übergeordnete Metapher sehr schnell klar: Maryam geht nicht nur konsequent ihren Weg, sondern ist auch Wegbereiterin. Und natürlich auch die perfekte Kandidatin. Ohne Wenn und Aber.