Sie ist Gastarbeiterkind, Frau und als Herzchirurgin in einer Männerdomäne. Dilek Gürsoy hat eine beeindruckende Karriere hinter sich und verfolgt ein visionäres Ziel. Sie sagt: „Ich bin hier weil ich gut bin.“ Und sie appelliert an junge Frauen: sie sollten viel selbstbewusster auf ihr Können verweisen.
Dieses Interview erschien zuerst am 16. September 2020 auf www.her-career.com
Sie war die erste Frau Europas, die einem Patienten ein Kunstherz implantierte. Das war im Jahr 2012. Im Vorjahr wurde sie vom German Medical Club zur Medizinerin des Jahres gekürt. Dr. Med. Dilek Gürsoy, Tochter türkischer Gastarbeiter, hat mit Kampfgeist, Ehrgeiz und Diplomatie ihre Karriere beharrlich verfolgt. Der Vater verstarb früh an einem Herzinfarkt, die Mutter arbeitete rund 40 Jahre lang am Fließband und versorgte drei Kinder. Das Gymnasium konnte sie dank Freunden der Familie besuchen, im Medizinstudium offenbarte sich ihr Wunsch, Herzchirurgin werden zu wollen – eine Domäne, in der es schon vor zwanzig Jahren wie heute kaum Frauen gab. Dilek Gürsoy wollte sich nicht auf den hart verdienten Lorbeeren der Eltern ausruhen – sie arbeitete sich von der Assistenz- über Fach- zur Oberärztin hoch. Im Team des renommierten Herzchirurgen Prof. Dr. Reiner Körfer reüssierte sie in der Kunstherzchirurgie. Nach diversen Stationen bei Kur- und Herzkliniken wie in Bad Oeynhausen, Essen, Duisburg oder zuletzt Siegburg verfolgt Dilek Gürsoy ihren Traum von der eigenen Herzklinik. An junge Frauen appelliert sie: „Traut euch, Chefin werden zu wollen und fordert euer Recht ein.“ Gürsoy kämpft mit klaren Worten, aber auch mit Diplomatie und folgt dem Credo: „Fokussiere dich stets auf dein Ziel, egal, was andere sagen.“
In ihrem Buch „Ich stehe hier, weil ich gut bin“, das am 4. September 2020 im deutschen Buchhandel erschienen ist, beschreibt sie ihren Weg als Frau mit Migrationshintergrund an die Spitze in der Männerdomäne Herzchirurgie. Auf der herCAREER, der Karrieremesse für Frauen, wird sie im Authors Meetup über ihr Buch und ihre beeindruckende Karriere sprechen und wird als Table Captain beim Netzwerkevent herCAREER@Night zum Austausch bereitstehen. Im Interview mit der herCAREER gibt sie erste Einblicke.
Dein bald erscheinendes Buch heißt: „Ich stehe hier, weil ich gut bin.“ Wurde das im Laufe deiner Karriere denn öfters angezweifelt?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Ja, natürlich. Die letzte Phase auf der Suche nach einer Universitätsklinik, an der ich meine Vision eines Herzzentrums verwirklichen kann, war interessant. Wenn du als Frau sagst, du willst deine Vision umsetzen, und das mit einem Willen, einer Kraft und Leidenschaft, dann verkraften das viele erstmal nicht. Man darf da auch nicht zu blauäugig sein: ich wusste, dass ich mit Steinen auf dem Weg zu rechnen hatte. Ich mache das aber nicht für mein Ego, sondern für die Patienten. Ich will etwas Gutes für die Schwerstkranken unserer Nation organisieren.
Du planst ein Herzzentrum – warum? Was ist hier deine Vision?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Ich möchte für schwerstkranke Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ein eigenes Kompetenzzentrum einrichten, als Anlaufstelle mit der größtmöglichen Expertise – sowohl chirurgisch und postoperativ als auch psychologisch. Es gibt natürlich Abteilungen in Krankenhäusern und herzchirurgische Kliniken, allerdings sind diese unterschiedlich gut ausgerüstet. Ich behaupte, dass ich das Thema wirklich gut beherrsche. In diesem Zentrum soll der Fokus voll auf den Herzpatienten liegen.
2012 hast du als erste Frau Europas ein Kunstherz verpflanzt …
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Mein Schwerpunkt liegt auf der Kunstherztherapie, das soll nicht heißen, dass ich nix anderes kann. ich operiere auch Bypass und Herzklappen. Ich entscheide oft erst am OP-Tisch, ob ich dem Patienten ein Herzunterstützungssystem oder ein Kunstherz implantiere, oder ob er mit einer Bypass-Unterstützung klarkommt. Ich beherrsche schon viele Themenbereiche, habe aber natürlich auch meine Lücken. Das würde ich mir auch von Kollegen wünschen, dass sie das auch zugeben.
Ist das ein Männerproblem, Kompetenzlücken nicht zugeben zu können?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Ja, zumindest zeigt das meine Erfahrung. Ich habe das so erlebt. Die Frauen sind halt gewissenhafter und sagen: ich kann das nicht, ich brauche Hilfe und gebe das ab.
Wie hast du dich gegenüber anderen durchgesetzt, um so weit zu kommen?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Man will es nicht glauben, aber ich hab tatsächlich viel gearbeitet. Ich war sehr fleißig. Klar, ich hatte mir Prof. Dr. Körfer einen Fürsprecher, aber den hast du nur, wenn er dein Talent sieht, dich akzeptiert und daher fördert. Ich wurde nicht gefördert, weil ich Dilek heiße, dunkle Augen habe und mein Vater verstorben ist. Ich habe viel gearbeitet, war immer sehr engagiert – als junge Assistenzärztin vielleicht noch mehr als meine anderen Kollegen – und ich hatte Talent. Ich habe in den richtigen Momenten auch hingedeutet a la „guck mal, ich hab Talent“. Ich habe zum Teil auch mein Recht eingefordert. Manchmal habe ich nix gesagt und einfach abgewartet. Ich kann nur jenen sagen, die nach uns kommen: Fleiß wird niemals außer Acht gelassen, das wird immer gesehen. Ich hatte natürlich das Glück, dass ich in der Klinik einen Oberarzt kennengelernt habe, der mir gesagt hat: Wenn du aufsteigen willst, musst du fleißig sein und Engagement zeigen. Das habe ich gemacht.
Es kommt aber leider auch vor, dass Frauen viel Engagement zeigen, und dennoch wird ein Mann befördert, weil er vielleicht seine Expertise mehr raushängen lässt, der mehr darüber spricht, wie toll er was macht. Was rätst du dann?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Ich möchte das auch anprangern. Ich möchte den jungen Frauen, die nach uns kommen, sagen: seid selbstbewusst, aber rückt bitte nicht die Ellbögen raus. Das erwarten die Männer meist. Dann heißt es: diese ehrgeizige, verbissene Chirurgin schon wieder. Nein. Wir werden mit unserem Können weiterkommen. Man kann charmant und nett auf sein Können hindeuten und sagen: das ist jetzt mein Recht, das möchte ich machen. So habe ich das auch gemacht. Wenn dein Fleiß nicht hier gesehen wird, dann woanders. Wenn der eine oder andere Assistenzkollege dich von der Seite anmacht, musst du aber auch dagegen auftreten. Das ist mir wichtig, zu vermitteln.
Wie bist du auf Idee gekommen, dieses Buch gemeinsam mit einer Journalistin über deine Erfahrungen als Frau in einer Männerdomäne zu schreiben?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Ein Freund hat mir dazu während eines Fußballspiels geraten. Eine Herzchirurgin in den Medien kommt nicht so oft vor. Es gibt viele gute Chirurginnen und Chirurgen, die gut sind. Aber es gibt wenige, die sich hinstellen und sagen: „Ich bin gut.“ Gerade Frauen will ich dazu animieren. Wenn wir es nicht sagen, macht es kein anderer für uns. Ich beschreibe im Buch auch meine Erfahrungen als Gastarbeiterkind und was wir in diesem Land alles schaffen können. Ich will auch den Mädchen, die durch die Flüchtlingskrise seit 2015 ins Land gekommen sind, sagen: ihr habt eine Chance hier, nutzt sie und macht was draus. Und ich möchte auch die gläserne Decke beschreiben, die es sehr wohl für Frauen gibt – und an die ich früher selber nicht geglaubt habe. Solange du im System mitgehst und mehr oder weniger die Klappe hältst, ist alles okay. Sobald du aber eine Idee, eine Vision, hast und etwas einforderst, wird das zum Problem. Das muss man abarbeiten.
Wann hast du selbst die gläserne Decke zu spüren bekommen?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: In Momenten, als ich sagte, ich will Chefin werden, oder wie kürzlich: ich will meine eigene Klinik gründen. Das traut einem keiner so richtig zu. Die Herzchirurgie allein ist schon eine Männerdomäne, die Kunstherzchirurgie toppt das Ganze noch. Was ich mache, machen nicht viele – gerade was innovative Formen der Kunstherzsysteme betrifft. Und obwohl ich schon alles Mögliche geliefert habe, trauen es mir viele nicht zu. Ich rede ja nicht von Sachen, die ich mir erträume. Ich habe ja alles gemacht. Ich kann Daten und Fakten vorweisen, hab schon im Ausland operiert, das will nur keiner hören. Manche Männer verdrehen dann die Augen. Eine selbstbewusste Frau wir dann schon mal als irre tituliert – a la „was will die denn, die hat ja nur Träume“. Das nervt mich langsam – ohne, dass ich aggressiv werden möchte. Ich gehe damit vernünftig um, indem ich mich weiterhin auf mein Ziel konzentriere und Stück für Stück vorangehe. Wäre ich jünger, würde ich mich vielleicht schneller beeinflussen lassen von dem, was mir gesagt wird. Aber das zieht nicht mehr, nicht mehr mit 43 und nach dem, was ich erlebt habe.
Welchen Rat hast du für Frauen in solchen entmutigenden Gesprächen?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Ich bleibe ruhig und zeige nicht mehr meine emotionale Ader, die mich als mediterranes Mädchen ja auch geprägt hat. Es würde mich wahnsinnig machen, mich mit jedem anzulegen. Ich bleibe also ruhig, gehe und kümmere mich weiterhin um mein Ziel. Ich habe einige Abteilungen einfach so verlassen. Das ist schon ein Privileg, das ich habe. Nicht jeder kann sagen, ich gehe einfach und kümmere mich eben selbst um mich. Das hab ich auch meinem Sparfuchsdasein zu verdanken. Ich lasse einfach nicht mehr zu, dass man mich verbiegt – das ist ein großer Luxus. Vielleicht sitzt mein Gegenüber am längeren Hebel, aber ich gucke in dieser Phase an: was habe ich bisher geschafft und gemacht, woher komme ich und wo bin ich jetzt? Alle kochen nur mit Wasser. Es gibt ja auch Bessere als mich. Aber ich stehe hier mit dem was ich habe und sage, ich bin gut in dem, was ich tue. Der eine mag versuchen dich daran zu hindern, der andere mag dich fördern, aber nicht genug, damit du nicht weiterkommst. Aber das ist alles uninteressant. Wichtig ist, hartnäckig an seinem Ziel festzuhalten und weiterzugehen. Auch ich bin einer Phase, in der ich es hätte auch einfacher haben können: als Oberärztin in einer Klinik weiterarbeiten, alle Medienauftritte absagen, damit sich keiner beunruhigt fühlt … Ich habe aber keine Lust darauf, mich zu verbiegen, nur weil einer am längeren Hebel sitzt und dafür sorgt, dass ich eine Stelle habe und Geld dafür kriege. Das nervt mich, so komm ich nicht weiter. Ich muss was riskieren und das tue ich – weil ich es mir finanziell leisten kann, aber auch charakterlich mit meinem aktuellen Selbstbewusstsein.
War das für dich in jungen Jahren auch schon ein Thema?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Nein. Als Studentin bist du auf das Wissen und die Erfahrungen anderer angewiesen. Die Herren der Riege – und das waren damals meist Herren – zeigten, wo es langgeht und wie es geht. Dafür bin ich auch dankbar, ich hatte viele männliche Mentoren. Aber: je besser du wirst und je höher deine Ansprüche werden, desto eher wird das für diese Gesellschaft zum Problem. Mit der Zeit kommt die Erfahrung, mit der Erfahrung das Selbstbewusstsein. Ich lasse mir die Butter nicht vom Brot nehmen. Ich sage: ich kann ein bestimmtes Themengebiet sehr, sehr gut und möchte das auch voranbringen. Ich möchte auch ein stückweit den Kolleginnen und Chirurginnen, die für dieses Fach brennen und nach mir kommen, die Steine aus dem Weg räumen, ihnen den Weg leichter zu machen als es für uns heute ist.
Wie kamst du zu dem Berufswunsch Chirurgin und warum hat die Männerdomäne dich nicht abgeschreckt?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Es war die berühmte Szene im ersten Semester, als ich bei einer allgemeinchirurgischen und einer Herz-OP zuschauen durfte. Da entbrannte ich für die ästhetische Herzchirurgie habe im Studium begonnen, darauf hinzuarbeiten. Klar wird die Chirurgie dir als Beruf madig gemacht, dann heißt es: du kriegst keine Kinder, kriegst keinen Mann, heiratest nicht, hast kein Privatleben. Ich war jung und euphorisch, hörte mir die Kritiker an, hatte aber auch ein klares Ziel im Kopf und sagte: ich werde das trotzdem machen. Nach und nach habe ich beobachtet, wie andere Frauen von diesem Wunsch, Chirurgin zu werden, abgesprungen sind und sich für etwas Anderes entschieden haben. Das ist ja legitim. Aber ich habe mir immer gesagt: Kein männliches Ego wird mich davon abbringen, meine Ziele zu verfolgen. Gerade in der Herzchirurgie gibt es viele männliche Chefs, die die Arbeitsstrukturen vorgegeben. Es heißt dann: Eine Herzchirurgin muss in Vollzeit arbeiten – das ist doch Quatsch. Man kann durchaus pünktlich die Klinik verlassen, das ist eine Sache der Organisation und des Teams. Für mich ist ein großes Thema, Teilzeit und Kitas auch für Herzchirurginnen anzubieten. Wenn man will, geht das. Ich möchte nicht, dass junge Chirurginnen mit Mitte, Ende 30 ihren Job aufgeben, weil die Strukturen zu männlich sind.
Gab es Situationen, in denen du mit Sexismus konfrontiert warst?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Mit diesem Thema hatte ich ehrlich gesagt wenig zu tun. In meiner ersten Klinik hatte ich einen Mentor, der das Gegenteil vorgelebt hat. Er ist sehr strukturiert, ein sehr guter Chirurg, der auf die Arbeit und die Ergebnisse fokussiert war und der Talente sehr gefördert hat. Klar gab es immer wieder mal von anderen solche Sprüche wie: Frauen haben hier nichts zu suchen, oder: Wenn du Chirurgin sein willst, musst du das und das gemacht haben. Ich habe das gehört, hab mit den Schultern gezuckt und einfach mein Ding gemacht. Wie der Chef ist, so ist auch sein Team. Für unseren Chef war der Patient und das Team das oberste Gut. So habe ich es gelernt, den Rest habe ich ausgeblendet. Man hört solche Dinge aus anderen Abteilungen, liest es in der Zeitung. Aber es geht auch immer darum, wie gehe ich damit um. Ich denke: Diese Dinge kommen dann vom Tisch, wenn wir mehr Frauen in der Chirurgie haben. Dann wird auch die Grundstimmung im OP anders.
Woher kommt dein Kampfgeist? Musstest du dich gegen deine älteren Brüder durchsetzen?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Nein, gar nicht – sie sind meine größten Unterstützer. Es ist ein großes Glück für mich, dass meine Familie so hinter mir steht. Meine Mutter ist mein großes Vorbild: sie hat 47 Jahre lang am Fließband gearbeitet – mit Leidenschaft und dankbar, dass sie ihren Kindern essen bringen konnte. Ich möchte das, was meine Mutter geleistet und uns ermöglicht hat, nicht zunichte machen, in dem ich mich verbiege. Das bin ich der Generation der Gastarbeiter einfach schuldig. Es sind so viele, die hart gearbeitet haben, damit ihre Kinder es einmal besser haben. Unsere Aufgabe ist es nicht, dass wir uns auf den Lorbeeren ausruhen. Ich habe Preise bekommen, hab einen Award bekommen, bin als Medizinerin des Jahres tituliert worden – alles schöne Sachen, die ich gern annehme, die mich aber auch umso mehr anspornen. Ich sage mir: Dilek, du hast eine Mission, die du für die nachkommende Generation und die Patienten zu erfüllen hast. Das will ich in meiner eigenen Klinik tun, ohne mich verbiegen lassen zu müssen.
Treibt dich Widerstand an?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Ja, definitiv. Wenn andere am längeren Hebel sitzen und meinen, über mich entscheiden zu müssen, aktiviert mich das. Viele neigen dazu, sich klein machen zu lassen. Wenn ich sage, ich bin eine gute Chirurgin, wird das häufig als überheblich ausgelegt. Aber so ist es nicht gemeint. Ich möchte vermitteln, dass die analogen Fähigkeiten der Ärzte wieder mehr in den Fokus rücken sollten, sodass der Patient im Vordergrund steht. Meine Mutter hat mir von Zeiten in den 1980ern erzählt, dass ihr noch der Chefarzt persönlich in die Jacke geholfen hat. Wo gibt es das heute noch? Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt sein. Die digitalen Fähigkeiten sind wichtig, aber die analogen sollten wichtiger sein. Man sollte als Arzt wieder mehr mit Demut den Patienten gegenüber arbeiten. Auch die Symbiose zwischen ÄrztInnen und PflegerInnen ist wichtig. Wir sollten hier respektvoller miteinander umgehen. Für mich ist wertschätzende Kommunikation generell sehr wichtig: Arzt oder Ärztin mit dem Pflegepersonal, mit dem Reinigungsdienst, mit dem Fahrdienst, mit allen. Eine sehr gute Verbindung mit den Menschen ist sehr wichtig.
Wie siehst du das: sollten Frauen Frauen fördern?
Dr. Med. Dilek Gürsoy: Die Männer sind immer untereinander vernetzt, das ist ihr großer Vorteil. Sie profitieren von ihrem eigenen Netzwerk und die Frauen brauchen das auch. Ich wurde zwar auch von Männern gefördert, aber: Wenn mehr Frauen in die Chirurgie und in die Herzchirurgie kommen, wird auch die Atmosphäre eine andere. Daher appelliere ich an all meine Kolleginnen, die es schon geschafft haben, ob leitende Oberärztin oder Abteilungsleiterin: fördert verdammt noch mal auch Frauen. Lasst sie nicht den schweren Weg gehen, den wir gehen mussten. Ich will aber auch nicht ausschließlich Frauen fördern, auch talentierte Männer gehören natürlich dazu. Es muss eine Symbiose auch bei Mann und Frau geben. Ich möchte auch an die jüngeren Frauen appellieren: habt doch den Ansporn, auch mal Chefin zu sein. Wir Frauen müssen wollen und auch sagen, dass wir es wollen – nur so können wir die Lage ändern. Und wir müssen mal etwas riskieren, dann wieder zurückstecken und unsere Arbeit für uns sprechen lassen.
Über Dr. med. Dilek Gürsoy
Dilek Gürsoy ist nicht nur Medizinerin des Jahres 2019 und die erste Herzchirurgin Europas, die ein Kunstherz transplantiert hat. Sie ist auch Gastarbeiterkind und als Herzchirurgin in einer Männerdomäne als unbeirrbare Frau alleine auf weiter Flur. Dilek Gürsoy hat eine beeindruckende Karriere hinter sich und verfolgt ein visionäres Ziel. Auf der herCAREER 2021 wird sie über ihr 2020 erschienenes Buch „Ich stehe hier, weil ich gut bin“ sprechen.
Über die herCAREER
Die herCAREER ist Deutschlands Leitmesse für die weibliche Karriereplanung. Sie findet am 16. und 17. September 2021 bereits zum sechsten Mal in Münchenstatt und wird mit dem Netzwerkevent herCAREER@Night abgerundet. Mit der Messe und der Netzwerkveranstaltung wurde eine Plattform geschaffen, die Jobeinsteigerinnen, aber auch Aufsteigerinnen und Gründerinnen Netzwerke erschließt, die sie dabei unterstützen, beruflich weiter und schneller voranzukommen.