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DLD: „2023 ist das Jahr der Künstlichen Intelligenz“

Unter dem Motto „Beyond Now“ diskutierten Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie und Kultur beim DLD 2023 in München, wie nachhaltige Innovationen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz gelingen können.

 

Der Chatbot Chat GPT, veröffentlicht von Open AI (Sheconomy berichtete) ist in der Business-Welt derzeit das Gesprächsthema Nummer eins. Die DLD Conference in München lieferte unter dem Motto „Beyond now“ dazu wertvolle Einordnungen. Die Konferenz gilt als eine der wichtigsten Innovations-Konferenzen in Europa.

Die Co-Gründerin des DLD – DLD steht für Digital, Life, Design –  Stephanie Czerny erklärte als Geschäftsführerin der DLD Media GmbH das Motto des Events: „Aktuell ist die Situation weltweit von Unruhe geprägt. Krieg, Wirtschaftskrisen und innerländische Konflikte bestimmen die Gespräche. Daher ist es wichtig „beyond now“, also über das Jetzt zu blicken, um über Innovationen, Ideen und Problemlösungen zu sprechen. Es ist wichtiger die Möglichkeiten zu sehen als das Unheil. Wir müssen alle unsere Gewohnheiten anpassen, um das System aufzurütteln und Veränderungen und Lösungen anzustoßen.“ Diesem Credo folgten auch in diesem Jahr die mehr als 200 Speaker:innen aus mehr als 25 Nationen sowie die rund 1700 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Technologie.

Traditionell nimmt der DLD die Chancen der Digitalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft in den Blick. Doch in diesem Jahr waren auch zahlreiche mahnende Stimmen der Vordenker:innen auf den Bühnen im „House of Communication“ der Agenturgruppe Serviceplan zu hören.

Sridhar Ramaswamy, CEO und Co-Founder des Search-Startups Neeva fasste seinen Appell so zusammen: „Wir müssen uns entscheiden, welches Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell die Technologie unterstützen soll – nicht Konzerne sollten das vorgeben.“

Stephanie „Steffi“ Czerny, Co-Gründerin des DLD.

Disruption Generative AI und Chat GPT

Kein Zweifel: „2023 wird das Jahr für Künstliche Intelligenz“, erklärte die bayerische Staatsministerin für Digitales Judith Gerlach. „Es ist erstaunlich, was diese Technologie kann, die Grenzen zwischen Mensch und Maschine schwinden zusehends.“ Stellt sich für sie die Frage, ob KI hilfreich ist oder schädlich, wenn in den falschen Händen. Wichtig sei ein entsprechendes politisches und smartes Regelwerk, so Gerlach. Die EU müsse hier die Verantwortung übernehmen. Um Vertrauen zu schaffen, brauche es einen transparenten Austausch zwischen politischen Entscheidungsträgern und den Bürgern. 

James Landay von der Stanford University erklärte dazu: „Künstliche Intelligenz sollte von menschlicher Intelligenz inspiriert werden.“ Er verweist auch darauf, dass Künstliche Intelligenz es bisher nicht geschafft habe, den Menschen zu überholen. Insofern seien entsprechende Vorhersagen auch gescheitert. Doch Landay gesteht: „Wir wissen nicht, wie wir KI designen müssen, damit die einen positiven Einfluss auf den Menschen hat.“

Viele der Diskussionen drehten sich vor diesem Hintergrund um die so genannte „Generative AI“ und Chat GPT: Der mächtige Chatbot, der gerade in der Breite die Möglichkeiten von KI im Bereich Dialog und Sprache aufzeigt, könnte eine der wichtigsten Disruptionen seit der Einführung des iphone oder des World Wide Web sein. In der letzten Dekade seien jedoch viele Technologien veröffentlicht worden, bevor die Gesellschaft dafür bereit war, warnten Experten in München, auch Chat GPT könnte dazu gehören. So befürchtet etwa Michele Ruiz von Bias Sync, dass Chat GPT vorhandene Vorurteile weiter verstärkt, da auch die Trainingsdaten Biases enthalten. „Biases führen zu fatalen Ergebnissen“, so Ruiz. John Clippinger aus dem MIT Media Lab unterstreicht: „Wer hat die Kontrolle?“ Auch JP Ragaswami von Web Science Trust gibt zu bedenken: „Welche Fähigkeiten haben wir nicht, um die Technologie zu nutzen? Und welche Skills könnten wir durch sie verlieren?“

Die Chancen sollten jedoch ebenso gesehen werden, so zahlreiche Speaker:innen. Ein Verbot des mächtigen Tools, wie es bereits verschiedene Institutionen ausgesprochen haben sieht etwa KI-Expertin Tina Klüwer, Director AI des K.I.E.Z. (Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrum) aus persönlicher Sicht kritisch. „Vielmehr muss sich die nächste Generation von Fachkräften mit den neuen Tools auskennen. Wir sollten die Menschen ermutigen sich damit zu beschäftigen.“

Denn, so der Tenor der Sprecher:innen: Nicht die AI ersetze den Menschen, sondern die Kreativen oder Unternehmen, die AI smart für sich zu nutzen wissen.

Mit einem Klick ins Metaverse

Mehrheitlich positive Ausblicke gab es im Bereich Robotics. „Roboter sind nicht mehr nur isolierte Helfer, sondern interagieren zunehmend mit den Menschen in komplexen Systemen“, zeigte Quirin Görz, CIO des Herstellers Kuka. Aus seiner Sicht eröffnen die Maschinen sogar die Chance, den Wohlstand unserer Gesellschaften abzusichern, der beispielsweise durch den Mangel an Arbeitskräften weltweit entstanden sei, etwa im Care- oder Gastronomiebereich. Es könnten grundlegend neue Instrumente für die Menschheit entstehen, so Görz. Bei der Simulation von verschiedenen Szenarien könne das Industrial Metaverse eine entscheidende Rolle spielen, beispielsweise für die virtuelle Zusammenarbeit von Ingenieuren. Der Einstieg könnte die sogenannte Mixed Reality sein, wie verschiedene Datenbrillen sie bereits ermöglichen. Roboter könnten über die virtuelle Welt angesteuert werden.

Die Expert:innen in München zeigten anhand konkreter Beispiele, wie weit sich das Metaverse bereits entwickelt hat, viele Impulse kommen dabei aus der Gaming-Branche. Was genau das Metaverse sei, das sei noch immer nicht ganz klar, zeigte Micaela Mantegna von Abogamer. „Es ist viel mehr als Internet in 3D“, machte die Unternehmerin und Professorin für Ethik in der KI klar. Das bringe auch zahlreiche ethische Themen mit sich, die nicht geklärt seien, trug die Expertin vor. Wie werden beispielsweise Gesellschaft und Menschenrechte beeinflusst? Wie könnte es die Umwelt be- oder entlasten?

Wie auch in anderen Technologiefeldern müsse Europa aufpassen, nicht den Anschluss im Metaverse zu verlieren. „Es geht darum, sehr gute Produkte zu entwickeln“, sagte Marjorie Hernandez, die mit den von ihr gegründeten Unternehmen Lukso und The Dematerialised die Blockchain Ethereum und das Web3 von Berlin aus einen Wandel in der Fashion Industrie erreichen will.

Eine Ankündigung, die aufhorchen ließ, lieferte Marcus Ko CVO & President der Unternehmen Digigooz, Dimple und Gurufin. Über einen Avatar nahm er das Publikum mit zum Metaverse-Konzert von Lady Gaga und erklärte: Mit der Technologie der Unternehmen aus Südkorea werde es möglich, NFT-Tickets und Gadgets mobil mit nur einem Klick zu erwerben und virtuelle Erlebnisse unkompliziert zu buchen – bislang steht davor ein mehrstufiger Prozess, wie das Einrichten einer Wallet.

Verbindung von Mensch und Natur

Nicht nur im Bereich des Metaverse steigt das Bewusstsein der Tech-Branche für den Klimawandel als ernste Bedrohung. Start-ups wie Marvel Fusion, das sich selbst als deutscher Technologiepionier auf dem Gebiet der Fusionsenergie sieht, baut deshalb sein Wissenschaftsteam weiter aus, um seine CO2-freie Energielösung als entscheidenden Beitrag zur globalen Energiewende voranzubringen. Marvel Fusion entwickelt eine neuartige Fusionstechnologie, die auf sich rasch beschleunigenden Innovationen in der Laser- und Nanotechnologie aufsetzt und Quanteneffekte auf atomarer Ebene nutzt, um die Fusionswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Heike Freund, COO des Münchner Unternehmens, hat sich als nächsten Schritt zum Ziel gesetzt, möglichst schnell 350 Mio. Euro einzusammeln, um an eigenen Demonstratoren forschen und weiter entwickeln zu können. „Dafür benötigen wir jedoch die richtige politische Unterstützung“, sagte sie mit Blick auf USA und China.

Auch Transformationsforscherin Dr. Maja Göpel, drückt aufs Tempo. „Es ist Crunchtime“, appellierte die Nachhaltigkeitsexpertin – also die kritische Phase, in der noch etwas verändert werden könnte. Dafür brauche es aber klare systemische Veränderungen, die endlich die Zusammenhänge zwischen Mensch und Natur anerkennen und nicht weiter zur Ausbeutung der Umwelt beitragen. „Wir müssen auf die Dringlichkeit, das Ausmaß und die Interkonnektivität zwischen uns und unserer Heimat, dem Planeten Erde, reagieren“, so Göpel.

Die Sessions der DLD Conference sind auf Youtube abrufbar.

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotomaterial© Burda

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