StartInnovationTech"Energiewende braucht Finanzierung, Fachkräfte und weniger Regulierung"

„Energiewende braucht Finanzierung, Fachkräfte und weniger Regulierung“

Wie kann die globale Energiewende schnell funktionieren und welche Konzepte gibt es speziell für Städte? Das diskutierten Expert:innen im Rahmen der Digital- und Innovationskonferenz DLD.

 

Der Wandel hin zu erneuerbaren Energien kommt in Fahrt. Zahlreiche Unternehmen arbeiten an Lösungen, um Klimaneutralität zu erreichen oder sogar vorhandenes Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen. Mit neuen Konzepten, auch im Hinblick auf die immer noch wachsenden Metropolen in aller Welt, beschäftigten sich Expert:innen auch im Rahmen der DLD Conference im Januar in München, einem der größten Digital- und Innovationstreffpunkte in Europa.

Das Zeitfenster für die Erreichung des 1,5 Grad-Ziels schließe sich, warnte Boris Wasmuth im Namen der Initiative „Leaders for Climate Action“. Mit der derzeitigen weltweiten Klimapolitik bewegen wir uns vielmehr in Richtung 3 Grad, mahnte der Geschäftsführer der Plattform Gameduell. Erneuerbare Energien könnten die Last übernehmen, rechnete Wasmuth vor. Es gehe jetzt darum, diese Möglichkeiten voll auszuschöpfen um trotzdem günstige Energie bereit zu stellen und unabhängig von Machthabern zu werden. Kollaboration sei dabei das zentrale Instrument.

Viele Expert:innen äußerten sich jedoch besorgt über die Hindernisse, die einer schnellen Energiewende entgegen stehen. Neben der mangelnden finanziellen Ausstattung für Start-ups und Scale-ups und den fehlenden Fachkräften gebe es vor allem in Europa zu viel Regulierung.

Beispiel Marvel Fusion: Das deutsche Unternehmen sieht sich Technologiepionier auf dem Gebiet der Fusionsenergie und baut aktuell sein Wissenschaftsteam weiter aus, um seine CO2-freie Energielösung voranzubringen. Marvel Fusion entwickelt eine neuartige Fusionstechnologie, die auf sich rasch beschleunigenden Innovationen in der Laser- und Nanotechnologie aufsetzt und Quanteneffekte auf atomarer Ebene nutzt, um die Fusionswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Heike Freund, COO des Münchner Unternehmens, hat sich als nächsten Schritt zum Ziel gesetzt, möglichst schnell 350 Mio. Euro einzusammeln, um an eigenen Demonstratoren forschen und weiter entwickeln zu können. „Dafür benötigen wir allerdings auch die richtige politische Unterstützung“, sagte sie mit Blick auf USA und China.

Umdenken beginnt auch in den Städten

Victoria Ossadnik, Vorstandsmitglied der E.ON SE und inhaltlich für die Digitalisierung und die IT-Strategie des Konzerns verantwortlich, zeigte bei der DLD Conference wo die Herausforderungen liegen. „Wir müssen hier neue Lösungen finden, und damit meine ich nicht, neue Leitungen zu legen“, so Ossadnik. Clevere Konzepte seien nötig, etwa durch die Nutzung von Abwärme durch andere Abnehmer oder das Speichern überschüssiger Energie. Dafür brauche es auch eine entsprechende technische und vor allem digitale Infrastruktur, beispielweise Smart Meter. Es müsse die Frage geklärt werden, welche Daten hier ausgewertet werden dürfen und wann beispielsweise welche Energie genutzt werden sollte. Start-ups, Unternehmen, Bürger:innen und Kommunen müssten hier Hand in Hand arbeiten, appellierte die E.ON COO. Aus ihrer Sicht biete die aktuelle Energiekrise eine große Chance zur Weiterentwicklung.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Energieeinsparung und die Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden. Durch den Einsatz von modernen Technologien wie Wärmepumpen und Solartechnologien kann der Energieverbrauch in Gebäuden deutlich reduziert werden. Doch dafür brauche es auch ein Umdenken der Immobilienwirtschaft. Es sei inzwischen klar, dass die Mehrzahl der Gebäude in der Ökobilanz alles andere als glänzend dastehen. „Aber: Wir haben heute die Technologien, um das zu ändern“, erklärte Coen van Oostrom, Gründer des nachhaltigen Projekt- und Immobilienentwicklers Edge Technologies, der die Dekarbonisierung von Gebäuden voranbringen will. „Die schlechte Nachricht ist: Die meisten Städte sind noch immer voll von ‚schlechten‘ Häusern“, so van Oostrom. Es brauche deshalb dringend Anreize, Veränderungen voran zu bringen. Am wirksamsten seien hier steigende Energiepreise. Die Regierungen sieht er hier für einen Wandel und für eine entsprechende Regulierung noch nicht aufgestellt, speziell im Hinblick auf die Umnutzung von leer stehenden Büroeinheiten. Er plädiert deshalb für mehr Public Private Partnership, also eine verstärkte Zusammenarbeit von Regierungen und der Industrie. „Wir sehen eine Menge Leerstand und viele Chancen für eine Umnutzung, doch der Umbau ist nicht einfach“, weiß Oostrom aus Erfahrung. Beispiele in Barcelona, Kopenhagen oder Amsterdam zeigen jedoch, dass Energie-effizientes und ökologisches Sanieren möglich sei.

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