Frederike Probert ist erfolgreiche Unternehmerin in der digitalen Industrie und Expertin für Gender-Diversity-Themen. Sie agierte in führenden Positionen für internationale Unternehmen wie AOL, Microsoft und Yahoo. 2019 gründete sie Mission Female, ein exklusives Wirtschaftsnetzwerk für Frauen in Führungspositionen mit dem Ziel, Frauenkarrieren sichtbar zu machen und zu stärken. Im Gespräch verrät sie uns, wie sie in den Tech-Sektor kam und was Frauen tun können, um sich ebenfalls in der Branche durchzusetzen.
Sie blicken auf eine erfolgreiche Tech-Karriere, in führenden Positionen für internationale Unternehmen wie AOL, Microsoft und Yahoo, zurück. Wie verlief Ihr Einstieg in die Branche?
Allen Klischees zum Trotz, hatte das tatsächlich etwas mit der Modebranche zu tun. Für einen Job war ich in New York und mein Arbeitsvisum war ausgelaufen. Zurück in Hamburg machte ich mir also Gedanken – zumal Hamburg nun nicht gerade als Modemetropole bekannt war. Ich war schon immer eine Macherin und die Online-Branche damals gerade sehr im Vormarsch – und das nicht nur wegen des plakativen Slogans mit Boris Becker. Mich faszinierte es, in eine völlig neue und aufstrebende Branche einzutauschen und ehe ich mich versah, war ich drin – um es im AOL Werbesprech zu sagen.
In welchen Bereichen waren Sie in Ihren Unternehmen tätig?
Begonnen habe ich mit dem Vertrieb digitaler Produkte. Da gab es zu dieser Zeit noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten, die Haltung der Gesellschaft eher kritisch gegenüber dieser neuen Internet-Welt. In Amerika war und ist das tatsächlich anders. Hier herrscht eine offenere Grundeinstellung Neuerungen gegenüber. Ich war für amerikanische Konzerne wie Yahoo und Microsoft tätig und habe im Laufe der Zeit ein echtes Interesse an allem, was mit Technologie zu tun hat, entwickelt. Ich lernte Coden und Programmieren und fasste Fuß in der Tech-Branche, die zugegebenermaßen knallhart und nach wie vor männerdominiert ist. Ich arbeitete für Firmen in den USA, die ich dann erfolgreich nach Europa geholt habe, um die damalige Aufbruchsstimmung auch hierzulande zu etablieren, später gründete ich auch selbst einige Tech-Unternehmen, die ich mittlerweile verkauft habe.
Gab es dabei eine berufliche Herausforderung, die Sie im Nachhinein als besonders herausragend bezeichnen würden?
Sehr viele sogar! Wo gibt es diese nicht. Eine Sache, die mich jedoch nachhaltig beschäftig hat, war und ist die Tatsache, dass ich sehr oft die einzige Frau am relevanten Entscheidungstisch war. Das war mir lange Zeit nicht bewusst, irgendwann ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen und ich dachte, das kann doch nicht sein. Bis heute ist es leider immer noch nicht selbstverständlich, dass Frauen Führungspositionen in der Tech-Branche innehalten. Das Narrativ, das sei etwas für „Jungs“ hält sich hartnäckig. Deshalb setze ich mich mit meinem Business-Netzwerk auch aktiv dafür ein, dem bereits in jungen Jahren entgegenzuwirken. Wir betonen die Wichtigkeit der MINT-Studiengänge und fördern allgemein die Sichtbarkeit von Frauen und ihrem Know-How u.a. in der Tech-Branche. Es geht darum mutig zu sein, berufliche Nischen für sich zu nutzen und Dinge auch einfach mal machen.
Warum ist es bis heute nicht selbstverständlich, dass Frauen in Tech-Führungspositionen kommen?
Ein großer Punkt ist sicher das Fehlen von Vorbildern in entscheidenden Positionen. Dazu kommt das sich hartnäckig haltende Klischee Technik sei per se nur was für Jungs. Die Branche muss aber auch ein bisschen attraktiver gestaltet werden – weg von dem nerdigen Image hin zu einer offenen Unternehmenskultur, die die Bedürfnisse von Frauen offenlegt und berücksichtigt. Es gibt unglaublich viele und talentierte Frauen in der Tech-Branche – ich arbeite aktiv daran, diese Expertise sichtbar zu machen. Das ist brachliegendes Kapital, das wird sich bald kein Unternehmen mehr leisten können.
Wie können es Frauen schaffen, sich in dieser Branche zu behaupten?
Die große Angst im Zusammenhang mit der Frauenquote ist ja, dass Jobs aufgrund des Geschlechts vergeben werden. Das ist totaler Quatsch. Das einzig entscheidende war und ist die Leistung. Du musst richtig gut sein, in dem was du tust und konsequent abliefern. Aber gerade jüngere Frauen dürfen nicht in die „Fleißbienchen-Falle“ tappen. Es ist wichtig, sich ein strategisches Netzwerk aufzubauen und für Sichtbarkeit zu sorgen. Nur wenn deine Leistung gesehen wird, kann sie auch honoriert werden
Wie kam es zur Gründung von Mission Female und wofür seht ihr Netzwerk?
Da knüpfe ich gerne nochmals an die vorherige Frage an. Der Zustand, dass ich während meiner Zeit in der Tech-Branche sehr oft die einzige Frau in Meetings war, hat mich nachhaltig beschäftigt. Ich habe mir eine Auszeit genommen und bin mit einem Camper und meinem Hund Fiete 50.000 km quer durch Europa gefahren. Ich hatte sehr viel Zeit zum Nachdenken und habe unglaublich viele Gespräche mit erfolgreichen Managerinnen geführt. So ist nicht nur die Idee eines Business-Netzwerks für Frauen entstanden, sondern auch mein Buch „Frauen.Macht.Karriere“ – und genau darum geht es. Sich untereinander branchenübergreifend zu vernetzen, Synergien nutzen und vor allem präsent und sichtbar sein. Mittlerweile vereinen wir über 100 Entscheider:innen, Unternehmer:innen und Gründer:innen mit dem Fokus sich auf Augenhöhe auszutauschen, persönlich weiterzuentwickeln und im Rahmen von Mentorship-Programmen von einem Wissenstransfer zu profitieren.
Am 29. Juni veranstalten Sie in Hamburg die X-CHANGE, ein globales Leadership-Event. Worauf dürfen sich Teilnehmer:innen ganz besonders freuen?
Um es kurz zu machen: Auf alles! Die X-CHANGE findet dieses Jahr unter dem Motto #notdoneyet statt. Weil es einfach noch so unglaublich viel zu tun gibt, um sich einer Parität und einer diversen Unternehmenskultur anzunähern. Wir wollen nicht nur Missstände aufzeigen, sondern gemeinsam darüber diskutieren und vor allem auch konkrete Lösungswege finden. Fantastische Speaker:innen aus Wirtschaft und Medien wie z.B. Tina Müller, CEO Douglas Group, Dr. Sigrid Nikutta, Vorstand Güterverkehr, aber auch Dr. Ralf Belusa, Managing Director Hapag Lloyd – denn, das betone ich immer wieder gerne: Wir müssen geschlechterübergreifend in den Austausch gehen. Zudem wird live in Hamburg im Rahmen einer großen Show unser Mission Female Award verliehen, den ich gemeinsam mit Motsi Mabuse moderieren werden. In 10 Kategorien von Nachhaltigkeit über Digitalisierung bis hin zu Finanzen und Lifestyle wird die jeweiligen Branchen- und Fachexpertise sichtbar gemacht und honoriert. Darauf freue ich mich schon sehr.
Welche Schritte können wir uns in Zukunft noch von Mission Female erwarten?
Im März diesen Jahres haben wir mit Mission Female 3. Geburtstag gefeiert und ich bin wirklich stolz, wenn ich drauf zurückblicke was ich gemeinsam mit meinem Team und dem Netzwerk erreicht habe. #strongertogether ist unser Motto und das leben wir tagtäglich. In Zukunft werden wir für noch mehr Sichtbarkeit und gesellschaftliches Engagement für Frauen sorgen. Es geht um konkrete Ergebnisse und auch um die Rolle bei Finanzierungen im Rahmen von Gründungen – da hinken wir im Vergleich zu anderen Ländern immer noch hinterher. Und es geht darum mehr Frauen in entscheidenden Vorstands- und Aufsichtsratspositionen zu etablieren. Eine nachhaltige, zukunftsfähige und vor allem erfolgreiche Wirtschaft kann nur über paritätisch besetzte Entscheidungsgremien funktionieren. Hierbei geht es nicht um Ellenbogentaktik, sondern darum sich gegenseitig zu unterstützen und auf dem Weg nach oben mitzunehmen und sich zu inspirieren. Dafür steht Mission Female. Heute und auch in Zukunft.
Über Die X-CHANGE
Die X-CHANGE ist ein globales Leadership-Event, das einflussreiche und beeindruckende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Unterhaltung, Technologie und Finanzwesen zusammenbringt, um Wege zur Stärkung der Gleichstellung von Frauen zu finden. Jedes Jahr bietet diese dreitägige Veranstaltung die Inspiration, die Menschen zum Handeln bewegt – durch provokative Gespräche, fesselnde Geschichten und dem Engagement, den Wandel aktiv voranzutreiben.
Wo und Wann?
- 29. Juni 2022 in Hamburg
- Ehemaliges Hauptzollamt, Alter Wandrahm 19-20, Hafencity Hamburg
- 9.30 bis 21.00 Uhr
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Gleich auf den Link klicken und Ticket sichern.