Welches Mindset braucht es, um Anerkennung, Lob, Zustimmung geben zu können? Dieser wesentliche Aspekt wird gerade von den Menschen übersehen, die sich begeistert und engagiert für eine Sache einsetzen. Das Beste für alle wollen.
Aber vielleicht gibt es welche, die sich lieber mit weniger begnügen? Weil sie selbstloses Verhalten daran erinnert, dass sie selbst keine Lust dazu haben. Die gerne Dienst nach Vorschrift machen und keine Verantwortung übernehmen wollen. Höchstwahrscheinlich ist ihnen das als Kind schon ausgetrieben worden. Und jetzt mögen sie auch nicht mehr.
Es braucht schon eine Menge Integrität, Souveränität und Selbstbewusstsein, um andere würdigen zu können. Sich damit nicht schwach und unfähig zu fühlen. Kinder sind nicht täglich voll des Lobes für ihre Eltern, weil sie ein eigenes Zimmer haben, Kleidung bekommen, die sie sich wünschen, Rücksicht auf sie genommen wird. (Und wie häufig sind wir dankbar in unserem Alltag für diese „Selbstverständlichkeiten“?) Die besten Lehrer:innen werden von ihrer Schulklasse selten hören, wie toll ihr Unterricht doch ist.
Je spezialisierter Ihr Know-how, desto weniger Menschen können die Leistung dahinter wahrnehmen. Ich kann kein Verständnis dafür erwarten, wie es gelingt die Kunstauswahl jeweils so individuell und passend für den jeweiligen Ort gefunden und platziert zu haben, wenn es doch so aussieht, als könnte es gar nicht anders sein.
So geht es oft auch Vorständen, Bau- und Marketingverantwortlichen, die sich auf grossartige Weise für die Kunst im Unternehmen einsetzen. Mit mir Räume gestalten, die ein wirklich aussergewöhnliches, inspirierendes Arbeitsumfeld für die Mitarbeitenden bieten. Da erhoffen und erwarten sich Unternehmen natürlich sofort Begeisterungsstürme. Doch je hierarchischer ein System in seiner Historie gestaltet wurde, desto geringer ist die Anerkennungskultur. Angestellte, die jeden kleinen Erfolg verbuchen möchten, können schlecht wertschätzen. Noch dazu die Ebene über ihnen.
Klar wollen wir uns alle lieber nicht vom Lob anderer abhängig machen. Trotzdem brauchen wir die positive Resonanz. Und die gibt es nur auf Augenhöhe. Also von Ihrer Community. Von gleichgesinnten Unternehmer:innen, Geschäftsleitungen, Führungskräften, Bau- und Marketingverantwortlichen, Architekturgruppen, in der PR.
Und schliesslich geht es auch nicht ohne Ihre Kommunikation. Erzählen Sie, was Sie antreibt. Warum Sie sich so engagieren. Weshalb das für alle so wichtig ist. Wiederholen Sie Ihre Argumente wo immer es geht. Das ist der schwierigste Punkt meinen Sie? Weil Menschen die sich so ins Zeug legen eher bescheiden sind und erwarten, dass andere es schon merken. Eben. An diesem Punkt kann man selbst etwas ändern!
Überlassen Sie nicht Ihren Gegner:innen das Feld!
Mit herzlichem Gruss
Eva Mueller
Abb.: Mary Warburg, „Junge Frau unter Bäumen“, 1899, Pastell, Künstlerischer Nachlass Mary Warburg, in der Hamburger Kunsthalle, Ausstellung Ernst Barlach Haus „Auf Augenblicke frei und glücklich“, Foto Andrea Völker
Zu den besonders schwierigen Voraussetzungen Anerkennung in der Kunst zu bekommen gehören: Frausein, weder in Europa noch Nordamerika verortet, etwas so Neues zu zeigen, dass es nur wenige verstehen.
In den letzten Jahren lösen sich diese Blockadehaltungen etwas auf und viele Museen und Institutionen entdecken Künstler:innen, die zu wenig beachtet wurden. So widmet das Ernst Barlach Haus der, neben ihrem berühmten Ehemann übersehenen Mary Warburg, eine wunderbare Ausstellung, die ihr Können und ihre einfühlsame Beobachtungsgabe in Gemälden, Zeichnungen und Plastiken beweist.
Diese Künstlerin macht mit ihren Bildern wirklich „Auf Augenblicke frei und glücklich“. Und so etwas wurde übersehen!