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Feine Sensorik

Mobilität ist ein breit gefächertes Thema und umfasst räumlich alles, was sich außerhalb unserer vier Wände abspielt. Doch was braucht es zur totalen Vollautonomität? Wann sitzen wir ernsthaft in fahrerlosen Shuttleservices, Taxis oder PKW und müssen keinen Finger mehr rühren?

von Anna D. Dichen

Wir verlassen das Haus und befinden uns auf der Straße. Ein nächster Schritt und wir sind im Straßenverkehr. Bewegen uns weiter zu Fuß, auf dem Fahrrad, im Auto, Bus, in der Straßen- oder U-Bahn. Eines sollte dabei schön langsam in unser „autonomes“ Bewusst- sein sickern: Wir befinden uns inmitten der Digitalen Transformation und im Mobilitätswandel. New Mobility geschieht hier und jetzt. Mittelfristig werden wir inspirierenden Technologien und Entwicklungen im Straßenverkehr begegnen. SHEconomy untersucht die verschiedensten Aspekte des Self-Driving und spricht mit Expertinnen aus den Bereichen Verkehrsinfrastruktur, autonomer Transport, nachhaltige Mobilität, NewMobility sowie Software & Digital Transformation.

Dabei sind wir den Fragen nachgegangen: Wann geschieht der nächste Sprung in Richtung vollautonomes Fahren und wie können wir Entwicklungen vorantreiben? Welche Hürden begegnen uns? Wieso ist der Fokus auf Gender & Mobility so wichtig, wie steht es um die Verkehrsinfrastruktur und -sicherheit für die Zukunft? Wie erreichen wir die Last Mile im Güterverkehr nachhaltig und schnell. Und wie zukunftsfähig ist die Automobilindustrie wirklich? Die Zeiten sind jedenfalls spannender denn je. Hier unsere fünf Expertinnen und deren Sicht der Dinge.

Hochzeit für Start-ups

Nina Geiss, Miteigentümerin & CMO des Start-ups ViveLaCar

Fortschritt erfordert Innovation und kreative, kluge, revolutionäre Geister. Neues kann und muss entstehen – und zwar schnell. Die Sterne stehen gut für technologisch innovative Start-ups, es wird ihnen immer mehr Spielraum geboten. Dies sei besonders auf der diesjährigen IAA Mobility 2021 ganz klar ersichtlich gewesen, meint Nina Geiss, die vor einem Jahr beim Auto-Anbieter ViveLaCar als Gesellschafterin eingestiegen ist. Aus einer einst eher konservativ konzipierten Automobilmesse sei ein kreatives Chaos entstanden, erzählt sie, und man fand die Stände kleiner Technologieanbieter direkt neben den großen Brands positioniert. „Es war ein klares Zeichen, dass auch Start-ups ein wichtiger Bestandteil der Zukunft und der Mobilität sind und aus diesen Gründen ein Recht haben, mit allen anderen Giganten in den großen Hallen zu koexistieren“, so die Berliner Mobilitätsexpertin.

Die Förderung von Kommunikation und Austausch ist wichtig für künftige erfolgreiche Entwicklungen. Darin liegt auch das Konzept ihres Unternehmens: ViveLaCar verzichtet auf lange Vertragslaufzeiten; der Kunde bestellt sich sein gewünschtes Auto all-inclusive – das heißt Versicherung, Nummernschild, Reifenwechsel werden für ihn automatisch organisiert – und kann dieses nach Ablauf von drei Monaten jederzeit wieder retournieren. Ganz allgemein geht es aber darum, die nächste entscheidende Phase zu erreichen, den Sprung zur vollautonomen Mobilität. „Vollautomatisiertes Fahren wird mittelfristig geschehen“, lautet Geiss‘ Einschätzung, sie erwähnt ein weiteres Projekt, das auf der IAA vorgestellt wurde: Sixt und Mobileye werden in München in einem Pilotprojekt Robotaxi-Fahrdienste anbieten, „gesetzestechnisch wird schon jetzt daran gearbeitet“. Auf die Frage, wie man sich ein Verkehrsszenario der mittelfristigen Zukunft vorstellen kann: „Teilautonomes Fahren durch die Innenstädte, hingegen vollautomatisiert auf der Autobahn in der Kolonne. Einige tolle Start-ups befassen sich mit folgenden, zu lösenden Fragen: Was müssen die Fahrzeuge lernen, wie bringt man ihnen Use Cases bei, wie reagieren die Fahrzeuge, wenn Ball und Kind auf der Straße aufpoppen und Ähnliches. Im Innenstadt- verkehr müssen eben ob der vielen verschiedenen Verkehrsteilnehmer mehr Entscheidungen getroffen werden als auf der Autobahn“, so die Miteigentümerin von ViveLaCar. Eine spannende Zeit für Start-ups und die Mobilitätsindustrie.

Unfälle vermeiden, CO2 einsparen

DI Mag. Anna Huditz, Head of Competence Unit Transportation InfrastructureTechnologies, Austrian Institute of Technology (AIT)

Mit dem Wachstum neuer Technologien geht die Notwendigkeit, die Verkehrsinfrastruktur nachhaltiger und sicherer zu gestalten, einher. Dafür zu sorgen, ist das Ziel der Volkswirtin und Diplomingenieurin mit ihrem AIT-Team bestehend aus 50 engagierten Forscher*innen. Wie können neue Mobilitätsformen eingebunden werden und wie lassen sich Unfälle vermeiden? Der Trend geht starkin Richtung „ungeschützte Verkehrsteilnehmende“, das sind E-Scooter- und Fahrradfahrende oder Fußgänger. Huditz‘ Unit nutzt Kl zur objektiven Evaluierung, warum es etwa bei Kreuzungspunkten zu Unfällen kommt, und schlägt bauliche Verbesserungsmaßnahmen vor. Das zweite große Thema der Expertin für Transportinfrastruktur ist die Bauwerksbewertung mithilfe eines Hochleistungslabors auf vier Rädern: dem RoadSTAR. Er überprüft die Fahrbahnoberfläche, vermisst Objekte im Straßenraum, erfasst Spurrinnen und detektiert Risse und Oberflächenschäden. Dabei ist das kluge Gefährt ein verlässlicher Datenlieferant für Straßenbetreiber und Automobilhersteller – etwa auf Teststrecken für autonome Fahrzeuge. Für das digitalisierte Bauwerksmonitoring werden Satellitendaten, Glasfaserkabel und Radar genutzt. Ökologischer Vorteil: Es lässt sich CO2 einsparen, denn durch eine optimale Instandhaltung des Bestehenden ist weniger Neubau nötig. „Die größte CO2-Einsparung hat man durch eine Infrastruktur, die gar nicht gebaut werden muss“, so die Expertin. Die Straßenbetreiber planen Sanierungen weit voraus, die Vorhersage über den baulichen Zustand ist nötig, um das knappe Budget optimal auszuschöpfen. Auch im Bereich Akustik ist viel zu tun. Das AIT untersucht in einem Projekt das „Schienen-Kreischen“ von Straßenbahnen: Warum tritt es auf und wie lassen sich die Schadstellen vorab automatisch detektieren? „Schienen-Kreischen ist für Anrainer nämlich vom Lärmpegel her sehr belastend“, weiß Huditz.

Smart Cities – Rücksicht auf alle

DI Angelika Rauch, GF tbw Research,
Vorstandsmitglied „Bundesinitiative eMobility Austria“ (BieM)

Von der Expertin für nachhaltige Mobilität, E-Mobility und Gender erfahren wir Essen- zielles über Gender, Neue Mobilität und Smart Cities.

Warum sind soziografische und Gender-Aspekte hinsichtlich Neue Mobilität so wichtig?
Es gilt, die vielen Unterschiede zu beachten – zwischengeschlechtlicher Natur, aber auch die Lebensumstände betreffend. Insgesamt ist das Mobilitätsverhalten von Frauen klimafreundlicher: Sie nutzen weniger oft Autos und gehen mehr zu Fuß, sei es freiwillig oder aus Gründen der Unleistbarkeit. Auch die Rollenverteilung spielt eine Rolle: Die Wege einer Frau führen selten direkt von A nach B – das Kind wird zur Schule gebracht, die Eltern zum Arzt, dazwischen werden Einkäufe erledigt – und das muss dann meist auch noch in einen Arbeitstag integriert werden. All diese Faktoren müssen bei der Planung von Mobilitätsangeboten, wie etwa bei Carsharing und Straßenbauprojekten, berücksichtigt werden. Im urbanen Straßenverkehr sehe ich eine Reduktion der Dominanz desAutos als essenziell, damit die Smarte Stadt auch tatsächlich smart ist.

Wie sähe denn Ihre Smart City aus?
… ein Gesamtkonzept aus U-Bahnen, Straßenbahnen, autonomen Bussen und Lastenrädern, Shuttleservices und Robotaxis – elektrisch oder mit Wasserstoff und nachhaltiger Stromerzeugung. All das verbunden mit dem Ideal der „15-Minuten-Stadt“: In dieser wäre alles von der Wohnung binnen 15 Minuten per pedes oder per Pedal erreichbar. Dies käme nicht zuletzt auch gesundheitlich der Gesellschaft zugute. Durch den Wegfall von Privat-PKW und somit der Parkplätze und mehrspuriger Straßen in der Stadt gäbe es mehr Platz für Rad- und Fußverkehr. Ich begrüße ganz einfach ein Konzept, das es allen Bevölkerungsgruppen der Stadt ermöglicht, immer dort, wo es nötig ist, in geeignetster Weise mobil zu sein – sozial gerecht und ökologisch sinnvoll.

Lesen Sie den gesamten Artikel mit Antworten von DI Eva Tatschl-Unterberger und DI Anja Hendel in der nächsten SHEconomy-Printausgabe. Sie erscheint in Österreich am 7., in Deutschland am 14. Oktober. Hier geht’s zum Abo-Shop.

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