Mit einem klaren und gut verständlichen Leitfaden für Unternehmen möchten die Fondsfrauen den Satz »Wir würden so gerne mehr Frauen in Führung bringen, aber wir wissen leider nicht wie« aus dem Vokabelbuch der Finanzunternehmen zu verbannen.
Bei den Begriffen Asset Management und Investmentfonds sehen viele Frauen eher ein kompliziertes und hürdenreiches Zahlenlabyrinth vor sich als den hell ausgeleuchteten Karriereweg. Wie Veronika Lammer, Retail Research Manager bei der Raiffeisen Bank International AG und Beirätin der Fondsfrauen in Österreich, erklärt, liegt das vor allem daran, dass die Branche in der Regel immer noch mit männlich besetzten Rollenbildern in Verbindung gebracht wird. »Zusätzlich haben gerade Filme wie Wall Street oder The Wolf of Wall Street den Beruf des Investmentbankers in Verruf gebracht haben. Was schließlich wieder auf junge Frauen abschreckend wirkt«, fügt sie hinzu. Wenn es Frauen in die Finanzbranche zieht, dann vor allem in die sogenannten »Pink Ghettos«, also in die Bereiche HR, Marketing und Vertrieb. »Und selbst in diesen Bereichen sind die Führungsjobs häufig durch Männer besetzt«, so Lammer. Dabei können Frauen in der Finanz- und Investmentbranche genauso große Erfolge erzielen wie ihre männlichen Kollegen – auch auf Führungsebene.
Ganz so selbstverständlich wie das hier klingt, is es aber leider noch nicht. Die Chefsessel der meisten Finanz- und Investmentunternehmen blieben also auch im Jahr 2019 männlich besetzt. Aus diesem Grund hat sich das Karrierenetzwerk Fondsfrauen im schon fast vergangenen Jahr gezielt dem Thema Führung angenommen. Entwickelt wurde dabei ein Forderungspapier, das sich auf sehr kompakte und leicht verständliche Weise dem Thema Frauen in Führungspositionen widmet. »Die österreichischen Fondsfrauen haben heuer erstmals Arbeitsgruppen gebildet. Das Thema Karriere war da natürlich ganz oben auf der Liste. Nachdem wir eine Menge Studien, Webseiten und Ratgeber durchgesehen haben, wollten wir einen kompakten und leicht verständlichen Leitfaden zusammenstellen«, erklärt Veronika Lammer die Motivation hinter der Zusammenstellung des Leitfadens. Der Code of Conduct richtet sich an alle Finanzunternehmen in Österreich und soll allen Stakeholdern als Leitfaden dienen. Ziel ist es, einen Beitrag zur Erhöhung der weiblichen Führungskräfte in allen Hierarchieebenen zu leisten und somit eine geschlechtergerechtere Organisationskultur zu erreichen. Der Code of Conduct der Fondsfrauen, der den Namen »Führung braucht Frauen« trägt, basiert auf zahlreichen Studien, die unter anderem bestätigen, dass ein hoher Anteil an Frauen in entscheidenden Positionen die Unternehmensergebnisse der Finanzindustrie nachhaltig verbessern.
Um einen nachhaltigen Wandel in den Unternehmensstrukturen herbeizuführen, wurden im Rahmen des Leitfadens vier »Killerphrasen« definiert, die von den Fondsfrauen nicht nur durch klare, datengestützte Argumentation widerlegt werden, sondern denen auch gleich konkrete Handlungsempfehlungen beigelegt wurden. Die erste der vier Killerphrasen lautet: »Zu wenige Frauen melden sich«. Veronika Lammer ist hier vor allem ein Aspekt sehr wichtig: »Bewerbungsprozesse müssen entrümpelt werden und Stellenausschreibungen dürfen nicht mehr so aussehen als ob man Superwoman sein müsste, um dazu zu passen.« Dieser Aussage möchte sich auch Christa Geyer, Leiterin des Kompetenzzentrums für Osteuropa bei der Raiffeisen Capital Management und Mitglied bei den Fondsfrauen Österreich, anschließen. Sie ergänzt: »Die derzeitigen Rollenbilder sind sehr stark männlich besetzt, deshalb sollte unbedingt mehr Diversität in die Auswahl- und Aufnahmenverfahren gebracht werden. Anonyme Bewerbungen, bei denen nicht erkennbar ist, ob sich ein Mann oder eine Frau bewirbt, haben sich hier bewährt.«
Ein Aspekt, der bei der zweiten Killerphrase – »Frauen bringen nicht dieselben Qualifikationen mit wie Männer« – ebenfalls entscheidend ist. Aber auch bei der dritten bekannten Killerphrase »Teilzeit reicht nicht für Führung« kann Christa Geyer nur vehement den Kopf schütteln: »Das stimmt so nicht. Ich habe diese Doppelbelastung selbst miterlebt und weiß, dass es ein tolles Organisations- und Managementtraining ist. Und keinesfalls eine »verlorene« Zeit.« Und leider handelt es sich auch bei der letzten Killerphrase immer noch um eine sehr häufig getätigte Aussage. Sie lautet: »Wir haben ihr ja eine Chance gegeben«. Geyer wendet hier sofort ein, dass gerade Frauen in Führungspositionen oft alleine gelassen werden. »Es ist wichtig, diese Frauen nachhaltig zu integrieren und man muss ihnen zugestehen, genauso viele Fehler wie ihre männlichen Kollegen machen zu dürfen. Nobody is perfect.« So ist es. Und so ist es auch in der Investmentfondsbranche. Jetzt liegt es an den Unternehmen, mögliche Karrierewege von allerlei Stolpersteinen zu befreien. Und dabei wird der Leitfaden der Fondsfrauen eine wichtige Rolle spielen.