Im Rahmen der feierlichen Enthüllung einer Gedenktafel, zur Erinnerung an die Vorkämpferin für Frauenrechte, Maria Jonas, haben wir mit einer ihrer besten Freundinnen und Wegbegleiterinnen, Elfriede Hammerl gesprochen. Für sie kann »jede Frau, die ein bisschen nachdenkt, eigentlich nur Feministin sein«.
Seit dem 11. März erinnert eine Gedenktafel an der Außenmauer des Gemeindebaus in der Turnergasse 23, im 15. Bezirk, an die Feministin und Vorkämpferin für Frauenrechte, Maria Jonas. »Maria Jonas war eine Pionierin der Frauenbewegung, die unvergessen bleibt. Als Mitgründerin des ersten österreichischen Frauenhauses in Wien blieb sie stets unermüdliche Kämpferin gegen Gewalt an Frauen. Jonas war Mitinitiatorin des ersten Frauenvolksbegehrens und eine Vorkämpferin für Frauenrechte. Als eine der international namhaftesten österreichischen Frauenpolitikerinnen öffnete Jonas Grenzen und setzte sich ihr Leben lang für Gleichberechtigung ein«, so Frauen- und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal bei der Enthüllung der Gedenktafel. Auch Autorin und Journalistin, sowie Freundin und Wegbegleiterin von Maria Jonas, Elfriede Hammerl, war bei der feierlichen Enthüllung der Gedenktafel dabei. »Maria Jonas ging es nie um Selbstdarstellung und Selbstbestätigung bei dem, was sie tat, sondern ausschließlich darum, beizutragen zur Realisierung einer besseren und gerechteren Welt. So wünschen wir uns eine Politikerin«, sagte sie vor den geladenen Gästen. Wir haben die Chance genutzt, mit Elfriede Hammerl, die sich selbst für gerechtere Verhältnisse einsetzt, über ihre Freundin und den Feminismus zu sprechen.
SHEconomy: Was hat Maria Jonas ausgezeichnet? Wie würden Sie sie beschreiben?
Elfriede Hammerl: Sie war sehr selbstständig und hat großen Wert auf ihr autonomes Leben gelegt. Ich habe selten so einen eigenständigen Menschen getroffen wie sie. Dass ihre schwere Erkrankung ihre Autonomie am Ende ihres Lebens immer mehr eingeschränkt hat, war besonders schlimm für sie. Sie war hilfsbereit und unglaublich selbstlos, wenn sie sich für jemanden eingesetzt hat. Aber dieser weiche Kern war mitunter von einer etwas rauen Schale umgeben. Man hatte großen Respekt vor ihr, sie konnte auch einschüchternd wirken – was gelegentlich durchaus nützlich war. Wenn sie diese strenge Seite gerade nicht hervorgekehrt hat, war sie witzig und lustig und hatte einen unglaublichen Charme. Sie war aber nicht immer der Meinung, dass die Menschen in den Genuss dieses Charmes kommen müssen.
Hat sie Ihnen erzählt, warum sie sich für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzt und als bekennende Feministin dafür gekämpft hat?
Wenn man in unserer Generation ein bisschen nachgedacht hat und ein politischer Mensch war, der sich für eine gerechtere Welt eingesetzt hat, dann war Geschlechtergerechtigkeit ein wesentlicher Teil dieser Vorstellungen. Es war für sie völlig klar, dass das ein vorrangiges Thema ist. Immer wieder musste sie beobachten, wie Frauen diskriminiert und benachteiligt werden, insbesondere in vielen Ländern, die sie später als geschäftsführende Generalsekretärin der Sozialistischen Frauen-Internationale bereist hat. Wir sind alle nach einigem Nachdenken gar nicht darum herum gekommen, die Geschlechterfrage wichtig zu nehmen, uns damit zu beschäftigen und uns dafür einzusetzen.
Maria Jonas war auch Mitgründerin des ersten österreichischen Frauenhauses. Leider müssen gerade diese wichtigen Einrichtungen in letzter Zeit immer mehr um ihre Existenz fürchten…
Das wird eines meiner nächsten Themen sein. Es ist eine Schande, dass Frauenhäuser ständig um ihre Existenz kämpfen und sich permanent für ihre Arbeit rechtfertigen müssen. Ich weiß nicht, was man sich darunter vorstellt? Glauben Verantwortliche, Frauen strömen in Frauenhäuser, weil es dort zugeht wie in einem Luxushotel? Das sind äußerste Not- und Risikosituationen, in denen sie dort Hilfe suchen, aber gerade dort wird von politischer Seite oft mit unglaublichem Misstrauen, mit Herablassung und mit überbordender Kontrolle gearbeitet. Als hätten sich die Frauen verdächtig gemacht, als wären sie schuld an der Gewalt, die ihnen widerfährt. Lange Zeit war das ja das Problem, dass den Frauen eine Mitschuld unterstellt wurde, man hat ihnen nachgesagt, sie werden das schon provoziert haben, wahrscheinlich waren sie keine guten Ehefrauen etc. Mittlerweile sind wir so zumindest soweit, dass es diese Meinung offiziell nicht mehr gibt, aber der herablassende Umgang der staatlichen Stellen mit den Frauenhäusern bedeutet auch eine Geringschätzung der Gewaltopfer.
Frauenministerin Susanne Raab hat nun schon in mehreren Interviews und öffentlichen Auftritten gesagt, dass sie keine Feministin ist. Was denken Sie darüber?
Maria Jonas würde in die Luft gehen, wenn sie so etwas zu Lebzeiten gehört hätte. Eine Frauenministerin, die gegen Feminismus ist – das ist ein Widerspruch in sich selbst, den wir nicht brauchen. Es sei denn, wir wollen eine Rückkehr zu alten Rollenbildern und alten Machtverhältnissen. Unter der Message Control des Herrn Kurz darf sie sich offenbar nicht zum Feminismus bekennen, eine andere Begründung dafür hat sie ja nicht. Auf die Frage, was denn am Feminismus so frauentrennend sei, hat sie in einem Interview gesagt, ‘wenn man fünf Leute fragt, dann kriegt man drei Antworten’. Das heisst, sie weiß selber nicht, was Feminismus bedeutet, ist aber auf jeden Fall dagegen. Und in der ZIB2 hat sie am Frauentag gesagt, sie sei keine Feministin, weil sie für die Selbstbestimmung von Frauen ist. Absurder geht es ja schon gar nicht mehr! Das ist ein Eiertanz, der offensichtlich Parteiinteressen geschuldet ist. Und es ist bedauerlich, wenn sich eine Frauenministerin in solche Absurditäten versteigt.
Ich glaube, wenn man als Frau ein bisschen nachdenkt, kann man gar nicht anders, als die Herrschaftsverhältnisse in Frage zu stellen und Geschlechtergerechtigkeit anzustreben.
Warum sind Sie persönlich Feministin?
Ich glaube, wenn man als Frau ein bisschen nachdenkt, kann man gar nicht anders, als die Herrschaftsverhältnisse in Frage zu stellen und Geschlechtergerechtigkeit anzustreben. Die Rollenbilder, die uns als Mädchen angeboten wurden, waren höchst unbefriedigend, und wir haben gesehen, wie Frauen entmündigt wurden, vom Gesetz, von der Gesellschaft und von ihren Männern. Wir haben an unseren Müttern gesehen, wie das ist, wenn Frauen finanziell von ihren Männern abhängig sind. Ich kenne auch viele Frauen, die in den 1970er Jahren geboren wurden und die Tatsache, dass sie ihre Matura machen und studieren konnten, dem damals novellierten Familienrecht verdanken, das ihre Mutter in die Lage versetzt hat, sie im Gymnasium anzumelden. Das haben vorher nur die Väter machen dürfen und die waren nicht selten dagegen. Wenn man sich diese Zustände angeschaut hat, dann konnte man eigentlich gar nicht anders, als Feministin zu werden. Mich persönlich hat das zwar nicht betroffen, aber mich interessiert natürlich nicht nur, was mich persönlich betrifft oder mir zugutekommt. Deswegen ärgere ich mich immer sehr, wenn Frauen sagen sie seien emanzipiert, aber keine Emanzen. Ist ja schön, dass sie in Anspruch nehmen, was andere erkämpft haben! Man könnte sich auch dafür interessieren wie es den anderen Frauen und zukünftigen Generationen ergeht.
Header © Andy Wenzel