Im Arkadenhof des Wiener Rathauses präsentierten Bürgermeister Michael Ludwig, Vizebürgermeisterin Kathrin Gaal und Bettina Emmerling neue Maßnahmen zum Gewaltschutz.
Bereits 14 Femizide wurden dieses Jahr gemeldet – jeder einzelne macht traurig, wütend und betroffen. Geht man nach den Gesamtzahlen, erlebt in Österreich jede fünfte Frau zumindest einmal in ihrem Leben physische oder sexuelle Gewalt. Die Dunkelziffer dürfte bedeutend größer sein. Immer wieder übersehen bleibt dabei die hohe Zahl an Fällen, in denen psychische Gewalt eine große Rolle spielt. In der öffentlichen Diskussion findet das Thema zwar immer mehr Eingang, ist in seinem Umfang und in vielen Fällen aber häufig schwerer zu identifizieren als physische Gewalt. Hier gilt es Aufklärungsarbeit zu leisten, um auch psychische Gewalt als solche zu erkennen und zu benennen.
Morde an Frauen sind systematisch und strukturell bedingt. Patriarchale Hierarchien und soziale Rollenbilder sind zentrale Aspekte, die bei Femiziden mitwirken. Die Täter agieren oft aus frauenverachtenden Motiven – am Beginn solcher toxischen Verhaltensweisen steht häufig psychische Gewalt. Die Corona-Krise und die damit verbundenen Einschränkungen haben eine Vielzahl von Fällen sichtbar gemacht und das Problem der strukturellen Gewalt an Frauen auf die Agenda der Politik und Gesellschaft gerufen.
Die Stadt Wien erhöht das Budget für den Gewaltschutz um rund drei Millionen Euro auf insgesamt zehn Millionen Euro. Mehr Geld soll vor allem für Gewaltprävention bei Männern und Jugendlichen zur Verfügung stehen. Zusätzliche Mittel fließen in die Betreuung von Gewaltopfern und in den Ausbau niederschwelliger Angebote, um einer Gewaltspirale zu entkommen.
Für von Gewalt betroffenen Frauen baut die Stadt Wien bis Mitte 2022 ein fünftes Frauenhaus mit 50 zusätzlichen Plätzen. Durch die entstehenden Kapazitäten kann ein bereits bestehendes Frauenhaus in ein eigenes für junge Frauen umgewandelt werden. Fälle, in denen junge Frauen von Gewalt betroffen sind, erfordern oft eine andere Art der Unterstützung. Der Fokus soll hier bei der Beratung zum Thema Ausbildung und Arbeit liegen, ein zentraler Punkt und damit wichtiger Schritt in ein unabhängiges Leben.
Kritisiert wird einerseits, dass es für einen effektiven Gewaltschutz mehr Geld benötige, besonders auf lange Sicht wenn es um gewaltpräventative Maßnahmen geht. Andererseits war schon in den Jahren zuvor immer wieder die Rede von mehr Mitteln seitens der Politik – diese Versprechungen wurden aber in den meisten Fällen nicht erfüllt. Inwieweit das neue Maßnahmenpaket also greift und wie schnell es umgesetzt werden kann, wird sich noch zeigen. Sicher hingegen ist jedoch, dass mit mehr Budget vor allem für gewaltpräventative Maßnahmen ein wichtiger Schritt gemacht wird, auch in Hinblick auf das Aufbrechen der strukturellen Gewalt.
Anlaufstellen: Der 24-Stunden-Frauennotruf (01/71719) und der Frauenhaus-Notruf des Vereins Wiener Frauenhäuser (05/7722) sind rund um die Uhr besetzt.