Es liegt erst wenige Stunden zurück, dass der deutsche Bundestag die Frauenquote in Vorständen deutscher Unternehmen beschlossen hat. Für Betriebe mit mehr als 2000 Beschäftigen und mehr als drei Vorständen bedeutet das künftig: Aber hallo, jetzt muss eine Frau her!
Selbst Unternehmen, die diese Kriterien nicht erfüllen, sollen künftig begründen müssen, wenn sie ihre Führung ohne Frauen formieren. In Österreich gibt es ein ähnliches Gesetz seit 2018, allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: Es hat wohl mehr Empfehlungscharakter. Wird es nicht umgesetzt, passiert nichts – in Deutschland hingegen drohen künftig Bußgelder.
An dieser Stelle also bitte kräftigen Applaus – für Deutschland.
Nicht jede – ich schreibe bewusst die weibliche Form – betrachtet das so positiv wie ich. Gerade erfolgreiche Frauen sehen die Quote oft kritisch. Ihre Argumente gegen die „Zwangsbeglückung“ sind dieselben wie die von Männern: Man dürfe nicht in die Autonomie von Unternehmen eingreifen. Oder: Keine Frau, die es bis an die Spitze geschafft hat, sähe sich gerne als „Quotenfrau“.
Die Geschichte der letzten Jahre zeigt allerdings: Die gern betonte „Autonomie“ besteht erstaunlich oft darin, dass in vielen Betrieben nicht zwingend die besten Leute an die Spitze kommen, sondern jene, mit denen man(n) am besten kann. Oder jene, die auf Zuruf der Mehrheitseigentümer, „steuerbar“ sind, wie es für das Aufsichtsgremium von Österreichs Industriebeteiligungsholding gefordert wurde. Oder jene, die sich problemlos in die bestehende Boygroup einfügen.
Krisen beweisen: Wer ernsthaft sucht, der findet
Eine Frau, die diese Kriterien nicht erfüllt, stellt natürlich einen „Störfaktor“ dar. Das passiert schnell. Denn Frauen, die sich nach oben kämpfen, gehen meist einen steinigen Weg. Weil sie im Regelfall mehr Leistungsnachweis erbringen müssen als Männer. Allein das macht sie „anders“. Deshalb werden sie auch gern als Aufräumerinnen* geholt, wenn ein Mann an der Spitze Trümmer baut. Sie dürfen die Ärmel hochkrempeln bei reduzierten Budgets und eingefahrener Bühne und die Dinge wieder geraderücken.
Das ist doch interessant: In kritischen Situationen wird gern auf Frauen zurückgegriffen, die in üppigeren Zeiten vielleicht mit dem Argument „passt nicht auf die Jobdescription“ zurückgewiesen worden wären. Krisen beweisen: Wenn man ernsthaft sucht, findet man eine geeignete Frau (die meistens auch noch einen super Job hinlegt). Die Denkart gibt es also. Sie ist längst vorhanden, wird nur viel zu selten angewandt. Eine konsequente Quotenregelung würde dies ändern.
Ein weiteres bestechendes Pro-Quoten-Argument hörte ich von einer österreichischen Top-Managerin, die vor wenigen Tagen als Vorstandsvorsitzende in einen deutschen Konzern wechselte. Sie war lange Quotengegnerin, bis sie erkannte, dass Quoten auch ein Instrument der Messbarkeit darstellen. Sinngemäß sagte sie: Nachdem es für alles Leistungskennzahlen (KPIs) gibt und jeder wirtschaftliche Bereich heute in Zahlen festgehalten wird, wäre die Quote ein ideales Bemessungsinstrument für den Erfolg von Frauen.
Wie wahr. Dann wären endlich die Diskussionen entstaubt, Klischees und Vorurteile unter Zahlen begraben. So viel Vorwärtsbewegung muss doch möglich sein, in diesem ansonsten
so innovations-verliebten 21. Jahrhundert.
*In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen auch die Kolumne meiner Kollegin Nadia Weiss ans Herz legen: https://sheconomy.media/die-aufraeumerinnen-aufgeschnappt-von-nadia-weiss/