StartShedailyMontagIm Brennpunkt: Zum Equal Pay Day - Wann die Ungleichbezahlung beginnt

Im Brennpunkt: Zum Equal Pay Day – Wann die Ungleichbezahlung beginnt

Erste Klasse zum Preis der Zweiten: SHEconomy-Chefredakteurin Michaela Ernst hat sich Gedanken zum Equal Pay Day gemacht und warum die Ungleichbezahung bereits im Kindesalter beginnt.

Sie wissen noch nicht einmal was ein Konto, ein Gehalt oder eine Steuererklärung bedeutet und stehen schon in der zweiten Reihe bei der „Ausbezahlung“: Je nach Studien zufolge bekommen Mädchen zwischen 11 und 20 Prozent weniger Taschengeld als Jungen. Diese private Ungleichheit zieht sich meist das ganze Leben hindurch – egal, ob es um die elterliche Unterstützung für den ersten Autokauf, Urlaube, eine Unternehmensgründung oder Familienangelegenheiten (oft bis zur Aufteilung des Erbes) geht. 

Parallel dazu werden Mädchen von klein auf dazu angehalten, entgegenkommend, aufmerksam und lieb zu sein, während Burschen fordernd, wild und unartig sein dürfen.

Das kann nicht gutgehen. Das tut es auch nicht. Denn was das Gesellschaftsbild vorgibt, wird von der Wirtschaft mehrheitlich unhintergefragt aufgenommen. So ist es wenig verwunderlich, dass in den Equal Pay Day kaum Bewegung hineinkommt. Auf diesen Tag fällt der Stichtag, ab dem Frauen weniger verdienen als Männer – nämlich gar nichts mehr – in Österreich auf den 25. Oktober. Konkret heißt das, dass Frauen bis zum 25. Oktober gleich viel verdienen wie Männer und ab nun Gratis-Arbeit leisten. Mit dieser plakativen Berechnungsweise soll verdeutlicht werden, was eine Einkommenslücke von derzeit 19,3 Prozent bedeutet. Deutschland steht etwas besser da, dort beginnt die Ungleichbehandlung etwa zweieinhalb Wochen später.

Aber es wird etwas dagegen getan: Werbekampagnen für mehr Einkommensgerechtigkeit, der Ruf nach Frauen-Quoten in Führungsetagen (wird in Deutschland bereits teilweise umgesetzt), Diversity-Maßnahmen seitens immer mehr Unternehmen, lebhafte Diskussionen um Gehälter-Transparenz. Das ist wichtig und gut, gehört gelobt, gefördert und laut in die Welt hinausgetragen.

Nur – solange Mädchen nicht mit gleicher Selbstverständlichkeit fordernd, wild und unartig sein dürfen, solange sie nicht gleich viel Taschengeld und finanzielle Unterstützung bekommen wie die Söhne, ist es weiterhin ein langer Weg bis zum flächendeckenden Equal Payment. Weil Frauen nämlich eines fehlt: Das Selbstverständnis dafür, dass es überhaupt nicht geht, dass sie Erste Klasse-Leistung zum Preis der Zweiten liefern. Viele wissen nicht einmal, dass es einen „Equal Pay Day“ gibt beziehungsweise was dieser bedeutet.

Das (Selbst-)Bewusstsein für Leistungsgerechtigkeit und Wertschätzung aber wird in der Kindheit gesetzt. Daher gehören wohl auch Mütter und Väter verstärkt in die Mängel genommen, die den Söhnen immer noch mehr erlauben und geben als den Töchtern.

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