Nach mehr als sechs Jahren beim Luxusautomobilhersteller Porsche, zwei davon als Director of Innovation Management, wechselte Anja Hendel als Managing Director zum Digitalberater diconium.
Dort arbeitet sie an der digitalen Transformation des Volkswagen-Konzerns mit.
SHEconomy: Muss man sich mit Autos auskennen, um in der Automobilbranche zu arbeiten?
Anja Hendel: Das würde ich verneinen. Bevor ich begonnen habe, bei Porsche zu arbeiten, hatte ich zehn Jahre lang kein eigenes Auto. Und habe mich ehrlich gesagt auch nicht besonders für Autos und die Automobilbranche interessiert. Dafür hatte ich sehr viel Ahnung von Softwareentwicklung, IT-Strategien und Portfolio-Management und konnte damit andere Sichtweisen ins Unternehmen bringen. Wenn ich nun darüber nachdenke, bin ich davon überzeugt, dass es ein entscheidender Vorteil war, nicht zu viel Branchenwissen in den Job mitzubringen. Es gibt in der Automobilindustrie genügend Menschen, die sich unglaublich gut mit der Branche auskennen, da braucht es zusätzlich kompetente Leute aus anderen Bereichen, die Fragen stellen und Dinge aus einer neuen Perspektive betrachten.
Veränderung kann aufregend sein, kann aber auch Angst machen. Verstehen Sie Unternehmen, die sich vor der digitalen Transformation »fürchten«?
Am Ende des Tages verändert sich kaum jemand wirklich gerne. Nicht zu wissen, was auf einen zukommt, kann beängstigend sein. Ein simples Beispiel: Man hat einen dringenden Termin und muss irgendwo hin, wo man zuvor noch nie war. Ein unangenehmes Gefühl. So ähnlich kann man sich das auch im Großen vorstellen. Dieser Wunsch nach Perfektion und lückenloser Planung ist schon etwas, das »typisch deutsch« ist. Auch in der Softwareentwicklung hat man oft mit solchen Veränderungen zu tun. Ein Systemwechsel ist immer auch ein Schritt, bei dem man in der Regel nicht weiß, wie es morgen aussieht. Trotzdem muss man es einfach tun. Vielleicht ist dann ein paar Tage lang alles etwas chaotisch, aber irgendwann erkennt man die Vorteile des neuen Systems.
Wie würden Sie Ihren eigenen Umgang mit Veränderungen beschreiben?
Auch bei meinem Wechsel von Porsche zu diconium war Unsicherheit im Spiel. Trotzdem war ich mir sicher, dass ich es machen möchte. Ich vergleiche das gerne mit einem Reagenzglas. Bei Porsche kannte ich das System, die Leute, alle für mich relevanten Prozesse und konnte Abläufe und Entwicklungen einschätzen. Mein Reagenzglas war also zu 80 Prozent voll. Dafür hat sich meine Entwicklungskurve nur noch in den restlichen 20 Prozent abgespielt. Nach meinem Wechsel zu diconium war mein Reagenzglas dann plötzlich nur noch zu 20 Prozent voll.
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