Sie ist Ärztin, Geschäftsführerin von Platform24 Deutschland und Teil des globalen Managementteams beim größten Anbieter von Telemedizin-Dienstleistungen in Skandinavien: Ginge es nach Dr. Carol Wildhagen, würde Gesundheit mittels digitaler Assistenzdienste im DACH-Raum künftig ganz anders funktionieren.
Sie sind ausgebildete Ärztin und waren erfolgreiche Gründerin eines Start-ups mit Millionenumsätzen. Warum arbeiten Sie heute in einem Unternehmen?
Carol Wildhagen: Platform24 ist ein Unternehmen, das sich nach seinem Erfolg in Skandinavien internationalisiert hat. Die Infrastruktur, die wir bieten, kann digitale und physische Versorgung optimal miteinander verzahnen. Somit kann ich daran mitwirken, Gesundheitssysteme nachhaltig positiv zu verändern und für die Zukunft aufzustellen.
Was verstehen Sie unter einer nachhaltig positiven Veränderung?
C. W. Wir brauchen ein vernetztes Ökosystem, um beim Thema Digital Health voranzukommen. Als Ärztin habe ich wichtige Erfahrungen gemacht, und die Ausbildung möchte ich nicht missen. Aber als Chirurgin habe ich gemerkt, dass ich mich in einem festgefahrenen System bewege, das nicht immer im Sinne der Patient*innen und ihrer bestmöglichen Versorgung funktioniert. Ich wechselte also zur Boston Consulting Group, wo ich als Projektmanagerin mit den Schwerpunkten Pharma und Krankenversicherungen mein Corporate-Rüstzeug erlernte. Ein Meilenstein für mich war dann die Gründung von Ariana Health – ein Start-up, mit dem wir digitale Patientenunterstützung für Pharma- unternehmen anboten und siebenstellige Umsätze generiert haben. Dennoch stell- te dieser Ansatz für mich keinen echten Systemwandel dar. Deshalb habe ich das Angebot von Platform24 angenommen, dem größten Anbieter von Telemedizin-Dienstleistungen in Skandinavien. Hier kann ich alles miteinander verbinden.
Wie sind Sie zum Unternehmen gekommen?
C. W. Mich hat als zweifache Mutter die Entstehungsgeschichte berührt. Einer der Gründer hatte einen schwerkranken Sohn und musste oft lange Wege für Untersuchungen oder wichtige Laborbefunde zurücklegen. Er sagte sich: Das muss in einem digital affinen Land wie Schweden auch anders gehen. Die Persönlichkeiten im Führungsteam, die ich teilweise aus meiner Zeit bei Boston Consulting kannte, haben mich überzeugt, und so wurde aus einem initialen Beratungsmandat mein neuer Job.
Was möchten Sie konkret erreichen?
C. W. Mit der Expansion von Platform24 im DACH-Raum habe ich die Vision einer gelebten, digital integrierten Gesundheitsversorgung. Der zentrale Aspekt dabei ist der Wandel hin zu einem „Digital First“-Ansatz. Dieser besteht aus einer digitalen Anamnese und einer ers- ten medizinischen Einschätzung. So wird ermöglicht, dass Patient*innen direkt zu der für sie richtigen Versorgungsstufe geleitet werden und medizinische Fachkräfte und Krankenhäuser entlastet werden. Das Gleiche gilt für Arztpraxen: Durch den Einsatz von digitalen Sprechstunden und einer – in leichten Fällen – digitalen Fernbehandlung lässt sich auch hier Überlastung vermeiden.
Gibt es konkrete Beispiele, bei denen die Plattform zur Anwendung kommt?
C. W. In Schweden funktioniert das schon erfolgreich – bis zu 40 Prozent der Patient*innen können über unsere Plattform vollständig digital versorgt werden, etwa durch Video- telefonie oder Chat. Bis zu 20 Prozent benötigen gar keine ärztliche Beratung oder Interaktion, so bleibt mehr Zeit für schwerere Fälle.
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