Nach einem Sonntag voll Wahlen – in Deutschland und Oberösterreich – blickt alle Welt ausgerechnet in die rund 283.000 einwohnerstarke Stadt Graz. Dort ist die Kommunistische Partei (KPÖ) bei den Gemeinderatswahlen auf Platz Eins gelandet. Die KPÖ-Parteichefin, Elke Kahr, könnte nun die erste Bürgermeisterin der zweitgrößten Stadt Österreichs werden.
Was die KPÖ bei den Grazer Gemeinderatswahlen am 26. September geschafft hat, hat selbst die Parteichefin Elke Kahr nicht erwartet. Wenige Tage vor der Wahl hatte sie in einem Interview gesagt, dass sie ihr Stadträtinnenmandat an einen Kollegen übergeben werde, sollte die KPÖ im Falle eines Stimmenverlusts Mandate verlieren. Doch es kam ganz anders: statt ein Mandat zu verlieren, gewann die Kommunistische Partei fünf dazu. Die Kommunistische Partei erreichte in der steirischen Hauptstadt 28,9 Prozent der Wählerstimmen und überholte damit die ÖVP (25,7%). Die stellt derzeit noch den Bürgermeister, Siegfried Nagl, der nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses noch am Sonntag zurücktrat. Seine Nachfolgerin könnte nun die Kommunistin Elke Kahr werden.
Aber wer ist denn die Frau an der Spitze der stimmenstärksten Partei in Graz? Elke Kahr ist 1961 in Graz geboren und wurde im Alter von drei Jahren von einem Grazer Paar, einer Verkäuferin und einem Schlosser, adoptiert. Sie hat einen Sohn, einen Lebensgefährten und ist seit über drei Jahrzehnten politisch aktiv. Im Alter von 22 Jahren trat sie der Kommunistischen Partei Österreich (KPÖ) bei, die sie als „Hilfsorganisation, damit Leute zu ihrem Recht kommen“ begreift. Kahr sitzt seit 1993 im Gemeinderat und ist seit 2005 in der Stadtregierung ihrer Heimatstadt Graz aktiv. Von 2005 bis 2017 war sie dort unter anderem als Wohnungsstadträtin tätig, heute ist sie Verkehrsstadträtin. Von ihrem Stadträtinnen-Netto-Gehalt behält Kahr nur rund 32 Prozent selbst. Den Rest zahlt sie in einen parteiinternen Sozialtopf ein, auf den alle Grazer*innen in Not zugreifen können.
Nach dem Wahlerfolg der Grazer KPÖ am vergangenen Wahlsonntag könnte die Kommunistin nun bald die erste weibliche Bürgermeisterin der steirischen Hauptstadt werden. Voraussetzung dafür ist, dass Kahr und ihre Partei zu einer Einigung mit den anderen politischen Fraktionen in Graz kommt – von den Verhandlungen ausschließen wolle sie niemanden.