StartBusinessKopf der Woche: Rosmarie Steininger

Kopf der Woche: Rosmarie Steininger

Lässt sich zwischenmenschliche „Chemie“ bewusst kalkulieren? Die Start-up Gründerin Rosmarie Steininger sagt: „Es funktioniert.“  

 

Wäre Rosmarie Steininger der 300-jährigen Familientradition gefolgt, würde sie jetzt wahrscheinlich erfolgreich Hopfen in der Hallertau anbauen. Die bayerische KI-Expertin entschied sich stattdessen für ihren ganz eigenen Weg ins Unternehmertum und baut heute Algorithmen für Matching-Prozesse im beruflichen Kontext.

„Im Hopfenanbau bin ich auch mit einem hohen unternehmerischen Risiko aufgewachsen“, erzählt die Gründerin des Start-ups „Chemistree“, das in dieser Woche fünf Jahre alt wird. Bis zu ihrer eigenen Firma brauchte es jedoch einige Umwege. Mit besten Noten startete sie zunächst als Fremdsprachenkorrespondentin ihre Laufbahn – erst auf dem zweiten Bildungsweg und selbst finanziert machte sie ihr Abitur. „Ich habe in meinem Leben viele unterschiedliche Logiken kennengelernt – und ich habe gesehen: Alle haben innerhalb ihrer Logiken recht“, beschreibt sie ihre Gratwanderung zwischen Familientradition und eigenem Antrieb im Rückblick. Für sie war klar: Wenn sie studiert, muss am Ende auch etwas Vernünftiges dabei herauskommen.

Es wurde die Wirtschaftsinformatik, die Kombination aus Technik und Gesellschaft lässt sie seitdem nicht los. Über ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes studiert sie in Regensburg und London, schließt mit 1.0 ab. Sie sammelt Erfahrungen bei Siemens und Roland Berger und arbeitet für das britische Unterhaus.

Die nächste Station führt sie zu BMW, acht Jahre lang entwickelt sie hier Algorithmen für Logistik-Systeme. Hier entsteht auch der Kontakt zur Eberhard von Kuenheim-Stiftung der BMW AG, deren Projekte seit 2016 von der BMW Foundation Herbert Quandt fortgesetzt werden. Rosmarie Steininger führt in der Geschäftsführung die beiden Stiftungen zusammen und legt hier auch den Grundstein für ihr heutiges Business. „Für ein Mentoring-Projekt im Bildungsbereich sollten damals Lehrkräfte und Studierende zusammengebracht werden“, erinnert sie sich. Durch die überraschend hohe Zahl der Bewerbungen geriet das Team jedoch schnell an seine Grenzen – Rosmarie Steininger hat die Idee, die Herausforderung über einen Algorithmus zu lösen und weiß: Das ist mein Ding. Mit einem Großauftrag von BMW für eine Matching-Lösung im Rücken gründet sie schließlich 2017 Chemistree – und steht gleich vor einer neuen Aufgabe: eine akute Erkrankung ihrer Tochter. „Ich habe dann entschieden: Dann muss es auch in Teilzeit gehen“, so die Unternehmerin.

Unterwegs für eine menschenzentrierte KI

Bereut hat die zweifache Mutter diese Entscheidung nie. Heute ist Rosmarie Steininger längst in Vollzeit unterwegs. Das algorithmenbasierte Matching von Chemistree führt mit Hilfe von künstlicher Intelligenz etwa Mentoring-Paare in Konzernen zusammen, verbindet Bewerbende und Unternehmen wie bei der ReDI School oder Networking-Interessierte bei Events wie der herCAREER – „wir können überall dort aktiv werden, wo es um den richtigen fachlichen und menschlichen Fit geht“, sagt CEO Steininger, die in Vorträgen das Thema KI auch gern mit einem Augenzwinkern erklärt: „Kühe und KI haben viel gemeinsam, nur sind Kühe komplexer“, erzählt sie dann.

Als Initiatorin von „KIDD“ (KI im Dienste der Diversität) unterstützt die engagierte Expertin Betriebe bei der Digitalisierung, in verschiedenen Gremien und Netzwerken wie dem Münchner Kreis setzt sie sich für KI und gute Algorithmen ein. Dazu zählt auch die Leitung der Arbeitsgruppe soziotechnische Systeme innerhalb der deutschen Normungsroadmap KI. „Mir ist es wichtig weiter an einem guten Ordnungsrahmen für menschenzentrierte KI zu arbeiten“, erklärt Rosmarie Steininger.

 

Fotomaterial©Chemistree

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