StartBusinessEntrepreneurLaura Lazar über Gründerinnen in Nigeria: "Stehen vor ganz anderen Herausforderungen"

Laura Lazar über Gründerinnen in Nigeria: „Stehen vor ganz anderen Herausforderungen“

Das internationale Projekt AISIA unterstützt Frauen in Nigeria dabei, ein Kleinunternehmen aufzubauen und finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. Ein Gespräch mit der Initiatorin, Laura Lazar. 

Sie sind Gründerin, Managing Director, Diversity Expertin und nun Leiterin einer NPO. Das sind viele verschiedene Rollen.

Ich denke, was all diese Rollen gemeinsam haben, ist das Gestalten. Als Unternehmerin bin ich genauso Gestalterin wie als sozial engagierte Person. Ich muss schließlich eine Entscheidung treffen, wen ich wie unterstützen möchte. Das, was mir an all meinen Tätigkeiten wirklich Spaß macht, ist das Gestalten.

Ihr gemeinnütziges Projekt AISIA unterstützt Menschen in Nigeria dabei, Kleinunternehmen aufzubauen. Worum geht es genau?

Wenn wir über das Gründen von Kleinunternehmen in Nigeria sprechen, muss festgehalten werden, dass es den Menschen in erster Stelle darum geht, ihre Existenz zu sichern. Wir haben AISIA ins Leben gerufen, um Frauen zu unterstützen. Selbst wenn Frauen in Nigeria ihr Geld selbst verdienen, dürfen sie meist nicht selbst darüber verfügen. Wir wollen den Teilnehmerinnen helfen, an Geld zu kommen, das sie auch tatsächlich für sich und ihre Kinder ausgeben können.

Sie selbst sind gebürtige Rumänin und leben seit vielen Jahren in Deutschland. Wie kam es zu der Idee, eine Small-Business-Initiative in Nigeria zu gründen?

Ich war 2019 beruflich in Nigeria, weil ich im Auftrag einer Firma eine Studie über Gender und Diversity Management durchgeführt habe. So habe ich viele Frauen kennengelernt und unzählige Gespräche geführt. Manche von ihnen haben mich irgendwann nach meiner Hilfe gefragt, ihnen beim Aufbau eines Unternehmens zu helfen. Zunächst habe ich das in kleinem Rahmen gemacht – ich war zurück in Deutschland und habe mit meinen Bekannten in Nigeria Video-Calls geführt und über ihre Business-Ideen gesprochen. Bald bin ich aber an meine Grenzen gestoßen. 

Wie meinen Sie das?

Ich habe am Anfang unterschätzt, wie groß die kulturellen und religiösen Unterschiede sind. Nigeria ist kulturell unglaublich divers. Ganz Europa ist nicht so divers wie einzelne Regionen dort. Und Frauen stehen in Nigeria vor ganz anderen Hürden, wenn sie ein Unternehmen gründen wollen. Zum Beispiel ist mangelndes Selbstbewusstsein dort kein großes Thema, dafür etwa die Angst vor religiösen Repressionen.

Führte das zu einem Ende der Zusammenarbeit?

Manche Zusammenarbeiten sind auseinandergegangen, andere sind jedoch bestehen geblieben. Einige der Menschen, die ich 2019 in Nigeria kennengelernt habe, führen jetzt tatsächlich ihr eigenes Business. Wichtig war für mich aber auf jeden Fall die Erkenntnis, dass, wenn ich die Beratungen weiterführen möchte, es nicht allein schaffen werde. Aus diesem Grund habe ich bald Patrick Breukers zu Rat gezogen. Er ist Anthropologe und hat viele Jahre in Afrika gelebt, also wurde er mein Partner für das AISIA-Projekt. Danach konnten wir Modupe Ativie gewinnen, sie ist Unternehmerin und zählt zur Gruppe der Yoruba, eine der größten Volksgruppen in Nigeria. Sie ist eine große Bereicherung.

Kurz zu den Menschen, die Sie zu Beginn beraten haben – welche Unternehmen haben sie gegründet?

Eine junge Frau ist freie Texterin geworden. Sie schreibt Marketingkampagnen für Unternehmen und findet ihre Kund:innen über LinkedIn. Eine andere Frau ist nach Kanada ausgewandert und hat dort eine Firma für Immobilien-Evaluierung gegründet, die speziell in Kanada lebende Nigerianer:innen betreut. Und ein junger Mann hat in Nigeria eine kreative Waschanlage mit anschließendem Lokal aufgebaut. Während Kund:innen auf ihr Auto warten, können sie sich in die klimatisierte Hütte setzen, etwas trinken und Billiard spielen. Alle drei können sich mit ihren Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt finanzieren.

Wie sieht das Business-Programm von AISIA heute aus?

Wir bieten ein acht-wöchiges Training an, in dem wir zunächst gemeinsam mit den Frauen interne und externe Hürden definieren. Danach geht es ans Unternehmerische: wir erstellen einen Businessplan und machen uns Gedanken über die Finanzierung. Ganz am Schluss bringen wir die Frauen mit Banken zusammen, um – falls notwendig – einen Kredit aufzunehmen. Das ist meist der Fall, wenn größere Ideen umgesetzt werden sollen. Insgesamt begleiten wir die Teilnehmenden über ein Jahr – oder länger, je nach Bedarf.

Vielen Dank für das Gespräch.


Über Laura Lazar

Laura Lazar ist studierte Physikerin, Unternehmerin und zweifache Mutter. Nach 17 Jahren in der Technologiebranche machte sie sich im Jahr 2018 selbstständig. Ihre Agentur Be Cosmopolite bietet Beratung für Gender und Diversity Management in Unternehmen an. Lazars zweites Unternehmen emf impACT ist ein Messdienst von elektromagnetischen Felder für private Haushalte, Firmen und Gesundheitseinrichtungen. 2021 gründete sie gemeinsam mit Modupe Ativie und Patrick Breukers die Non-Profit Organisation AISIA. Derzeit ist die größte Herausforderung für das Projekt ist das Generieren von Spenden, erklärt Lazar. Von der europäischen Politik wünscht sie sich einen neuen Umgang mit Geflüchteten: „Menschen kommen nach Europa, weil sie keine andere Wahl haben, wenn sie überleben möchten. Was ihnen auf dem Weg hierher und in Europa selbst widerfährt, ist unvorstellbar.“

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