Immer mehr Menschen wollen ihr Geld nicht nur möglichst gewinnbringend, sondern auch nachhaltig anlegen. Denn wie wir Geld anlegen, hat Auswirkungen auf den Planeten und unsere Zukunft. Nachhaltig agierende Fonds, Banken oder Unternehmen gehen mit gutem Beispiel voran.
Ihre Slogans lauten »Wenn unsere Umwelt nicht für die Rendite bezahlen muss, dann ist es gutes Geld« oder »Faires Investment, soziale Rendite« – und sie bedeuten mehr als bloße Lippenbekenntnisse. Wenn die internationale Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit aktiv wird, dann tut die Vereinigung es immer für eine gute Sache. Denn Oikocredit, die heuer ihr 20-jähriges Bestehen feiert, refinanziert Mikrokreditprogramme, die kleine unternehmerische Startkredite zu fairen Konditionen an Menschen vergeben, die keinen Zugang zu Bankkrediten haben. Allein in Österreich verzeichnet sie über 6.000 Investorinnen und Investoren und blickt auf ein Investitionsvolumen von 123 Millionen Euro. Damit unterstützt sie den Aufbau finanzieller Infrastrukturen vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika. Einer der Schwerpunkte liegt dabei auf Landwirtschaft: Laut Weltagrarbericht sind Investitionen in die kleinbäuerliche Produktion das effektivste und sicherste Mittel, um Hunger und Mangelernährung zu bekämpfen. Oikokredit unterstützt auch Projekte des fairen Handelsund investiert in Solar-, Wind-, und Wasserkraft sowie Biomasse in den Ländern des Südens. Fonds oder Banken, die ökologische und soziale Faktoren berücksichtigen, liegen voll im Trend. Besonders in Ländern des Südens ist Hilfe zur Selbsthilfe dringend notwendig. Hier setzen Mikrokredite an, die kleine Anschaffungen für einkommensschwache Menschen ermöglichen. Denn oft würde der Kauf einer Kuh oder einer Nähmaschine ausreichen, um der Armut zu entkommen.
Kooperation statt Konkurrenz
In der österreichischen »Genossenschaft für Gemeinwohl« wird das Thema Nachhaltigkeit im Geld- und Finanzwesen gesamtheitlich betrachtet: »Für den tiefgreifenden Wandel, den wir hier als notwendig erachten, braucht es neben konkreten Finanzdienstleistungen wie das Gemeinwohlkonto auch kritische Finanzbildung und den Willen, gemeinsam am politischen Diskurs teilzunehmen«, so ein Sprecher der Plattform. Das Gemeinwohlkonto stellt eine ethische Alternative zu herkömmlichen Girokonten dar. In Kooperation mit dem Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen werden die Anlagegelder ausschließlich für Investitionen in ökologische und soziale Projekte verwendet. Mit dem Mitgliedsbeitrag in der Höhe von neun Euro pro Quartal werden zivilgesellschaftliche Aktivitäten, Bildungsangebote und die Entwicklung weiterer Produkte gefördert. Das Kontoführungsentgelt wird im Sinne des Gemeinwohls um einen Euro reduziert; die Sollzinsen betragen 9,5 Prozent. In Österreich sind bereits 380 Menschen Inhaber eines Gemeinwohlkontos, 220 weitere haben ein Konto beantragt. Zudem wurde das Crowdfunding für Gemeinwohl gestartet, mit dem alleine im Jahr 2019 rund 780.000 Euro für ökologische und soziale Projekte gesammelt wurden.
Grundlagen der Gemeinwohlökonomie wiederum sind die Achtung vor der Natur und der Schutz der Erde. Sie basiert auf denselben Werten, die auch menschliche Beziehungen gelingen lassen, im Fokus steht Kooperation statt Konkurrenz. Mehr als 2.000 Unternehmen sind bereits Teil der Gemeinwohlökonomie, darunter Sparda Bank München, Sonnentor oder Schachinger Logistik. »Die Wirtschaft, insbesondere die Finanzwirtschaft, schafft derzeit mehr Probleme, als sie löst«, sagt Christian Felber, Mitbegründer der Gemeinwohlökonomie, »Geld sollte nur das Mittel sein, nicht das Ziel von wirtschaftlichen Tätigkeiten.« Gemeinwohlorientierte Unternehmen haben erkannt, dass nachhaltiges Wirtschaften eine Investition in die Zukunft ist. Der Kräuter- und Teeproduzent Sonnentor – eines der erfolgreichsten heimischen Franchise Systeme – etwa baut auf Kreislaufwirtschaft mithilfe von Bio-Landwirtschaft, nachhaltigen Verpackungen, erneuerbaren Energien sowie direktem und fairem Handel mit Partnern aus Ländern des Südens. Großer Wert wird auch auf einen wertschätzenden Umgang mit den Mitarbeitern gelegt. Dazu gehören offene Kommunikation, das Einbeziehen der Mitarbeiter in Entscheidungen und das Bekenntnis zur Chancengleichheit. Einmal pro Jahr wird als Ergänzung zur Finanzbilanz eine Gemeinwohlbilanz erstellt.
Es grünt so grün
Immer mehr Unternehmen verschreiben sich dem nachhaltigen Wirtschaften, doch nicht alle auf glaubwürdige Weise. Bei großen Konzernen ist oft Greenwashing im Spiel, wenn es darum geht, sich gemäß dem Zeitgeist ein grünes Image zu verschaffen. Da die Zahl der kritischen Konsumenten steigt, wächst auch der Druck auf Unternehmen, nachhaltige Produkte anzubieten. Ganze PR- und CSR-Teams werden beschäftigt, um »grüne« Lösungen zu finden, die auf den ersten Blick ökologisch, fair und ethisch korrekt erscheinen. Der zweite Blick zeigt jedoch häufig: Statt tatsächlich nachhaltig zu handeln, erhoffen sich viele Unternehmen durch Greenwashing einen größeren Gewinn. »Es gibt keinen einzigen Konzern, der nachhaltig überzeugt«, sagt Filmemacher Werner Boote über seine Doku »The Green Lie«, in der er die Machenschaften von großen Unternehmen unter die Lupe nahm. So verspricht Nespresso auf seiner Website »nachhaltig« angebauten Kaffee und eine »Steigerung der Rücknahmekapazität für gebrauchte Aluminiumkapseln auf 100 Prozent«. Tatsächlich wird jedoch nicht bekanntgegeben, wie groß der Anteil der wiederverwerteten Kaffeekapseln bei Nespresso ist. Nach wie vor landet ein großer Teil der Kapseln im Restmüll und wird verbrannt. »Das Kerngeschäft von Nespresso besteht darin, eine kleine Menge Kaffee – der oftmals unter sozial schwierigen Bedingungen hergestellt wird – mit sehr viel Verpackung drumherum zu verkaufen«, sagt Rafael Fink vom Umweltzeichen. »Die besteht neben Kunststoff auch aus Aluminium, dessen Abbau ökologisch sehr bedenklich ist.« Zwar hat Nespresso zusammen mit der NGO Rainforest Alliance ein eigenes Nachhaltigkeitsprogramm für Kaffeebauern, das Nespresso »AAA Sustainable Quality« lanciert. Dennoch fragt sich Greenwashing-Experte Fink: »Warum nicht bio, warum nicht Fair Trade? Das macht skeptisch.« Und er rät: »Von der Industrie geschaffene, sich selbst aufgelegte und dann promotete Labels sind tendenziell mit Vorsicht und Skepsis zu betrachten.«
Raus aus fossilen Energien
Auch die weltweite Divestment-Bewegung (Divestment = Desinvestition) zeigt das wachsende Bewusstsein für die Klimaproblematik. Sie setzt sich für den Abzug von Investitionen in die Kohle-, Öl- und Gasindustrie ein: Immer mehr öffentliche und private Investoren wie etwa Pensionsfonds, Kapitalanlagegesellschaften oder Versicherungen verfolgen die Spur ihres Geldes, weil sie keine klimaschädlichen Aktivitäten mehr unterstützen wollen. So kündigte der millionenschwere Rockefeller-Clan, der einst mit Ölförderung reich geworden war, seinen Rückzug aus fossilen Energien an. Nach steigendem Druck aus der Bevölkerung kündigte der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio 2018 an, dem Pensionsfonds der Stadt Investitionen im Wert von fünf Milliarden US-Dollar zu entziehen, die in Kohle-, Öl- und Gaskonzerne geflossen waren. Zuletzt entschloss sich die Europäische Investitionsbank dazu, ihr Geld aus fossilen Energien abzuziehen.
Transparenz ist gefragt
Einen guten Überblick über Anbieter in Österreich bietet Cleanvest: Acht Kriterien decken zentrale Bereiche ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit für über 3.000 in Österreich zugelassene Investmentfonds ab: Grüne Technologien, Bildung & Gesundheit, frei von Kohle, frei von Öl & Gas, frei von Atomenergie, frei von Waffen, frei von Kinderarbeit, Artenschutz. Das Ziel von Cleanvest: Die Transparenz zur Nachhaltigkeit von Fonds der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen – und zwar kostenlos. Das Kürzel ESG steht in der Bankensprache für »environmental, social and governance«. Da jedoch keine genauen Kriterien dahinterstehen, hat Cleanvest-Gründer Armand Colard ESG Plus ins Leben gerufen und überprüft mit seinen Mitarbeitern rund 3.200 Fonds österreichischer Kapitalmarktgesellschaften nach Kriterien wie atomfrei oder Artenschutz. »Wir sind der festen Überzeugung, dass jede Privatperson die Möglichkeit haben sollte, ihre Investment-Entscheidungen mit den persönlichen Werten in Einklang zu bringen.«