StartRolemodelsStimmungsbarometer Gastro: Kapitänin auf unruhigem Fahrwasser

Stimmungsbarometer Gastro: Kapitänin auf unruhigem Fahrwasser

Liliane Tschurtschenthaler ist Betriebswirtin und Juristin, Unternehmerin und Unternehmensberaterin bei der 8PK Beratungs GmbH. Sie betreibt mit ihrem Mann Markus das „Waldhaus am Deininger Weiher“ und  das „Waldhaus zur alten Tram“ in Straßlach-Dingharting. Das Familienunternehmen „Waldhaus Gruppe“ umfasst Beherbergungsbetrieb, Vollgastronomie, Caterer und Veranstaltungsanbieter. Auf der Speisekarte für Restaurant und Biergärten findet man hauptsächlich Spezialitäten aus Südtirol.

Zurückblickend auf das vergangene Jahr, die vergangenen Wochen. Was waren die größten Enttäuschungen?

Menschlich war es extrem enttäuschend zuzusehen, dass Familien nicht mehr zusammenkommen konnten, dass Ereignisse wie Schulanfang, Schulabschluss, Hochzeiten, Taufen, Kommunionen, Konfirmationen, Firmungen, Geburtstage oder Trauerfeiern ersatzlos gestrichen werden müssen. Der emotional traurigste Höhepunkt für mich war: Als Wirtin und Botschaftsüberbringerin vor den Brautpaaren und Gesellschaften stehen und mitteilen zu müssen, dass die für den gleichen Tag geplanten Hochzeitsfeiern in unserem Hause ausfallen. Das war am 19. Oktober 2020, als um 11 Uhr uns der kurzfristige Erlass einer Verordnung mit entsprechendem Sofortverbot ereilt hat.

Die Pandemie hat von Politik, Wirtschaft und Bevölkerung sicherlich sehr viel verlangt, unter anderem Verzicht und ein hohes Anpassungsvermögen zu entwickeln.

Was war die beste Erfahrung?

Unternehmerisch war es wertvoll, die besondere Herausforderung der Pandemie anzunehmen und die Krise als Chance für Veränderung, Neuerung und Optimierung zu begreifen. Wir haben Verständnis und Unterstützung erfahren – sowohl durch die staatlichen Hilfsmaßnahmen, als auch von den Geschäftspartnern, Lieferanten und Kunden. Wir sind froh und dankbar, dass in unserem Unternehmen pragmatisch reagiert werden konnte. Zudem wurde ungeahntes kreatives Potential aufgedeckt. Man muss erwähnen, dass es in unserem Unternehmen bereits Szenarien und Konzepte für Krisenmanagement gegeben hat. Wir sind weitgehend handlungsfähig gewesen. Management und Mitarbeiter haben gemeinsam neuartige Geschäftsmodelle entwickelt und umgesetzt. Der Lockdown hat Raum gelassen für weitere Modernisierung und Digitalisierung.

Vorausschauend auf die „Zeit danach“ – soll es weiter so wie vor der Pandemie gehen oder wird das Geschäftsmodell angepasst?

Ein (Wirtschafts-)Leben wie vor der Pandemie gibt es meiner Meinung nach nicht wieder, sondern es sind nicht umkehrbare Veränderungen eingetreten. Das aber macht Fortschritt aus. Darin liegen Chancen und Risiken zugleich. Wir sind überzeugt: Mit Kompetenz, Geduld, einem guten Team und einer optimistischen Grundeinstellung kann man als Kapitän aus dem unruhigen Fahrwasser sogar gestärkt herauskommen. Bei uns wurden viele Dinge bereits entwickelt und umgesetzt: Ganz neue Angebote, ein neues Marketingkonzeptbuch, ein modernes Corporate Identity, New Work für unsere Mitarbeiter, inklusive maximal möglicher Digitalisierung, neuer Geschäftsmodelle und neuartiger Absatzwege.

Was wird die größte Herausforderung in den kommenden Monaten sein?

Aktuell kann man sich als Unternehmer langfristig nicht fokussieren, sondern man muss kurzfristige Optionen ziehen und mit mehreren Szenarien gleichzeitig planen. Die Situation verlangt extreme Denk-, Entscheidungs- und Handlungsflexibilität – wenn es um Business Plan, Forecasts, Case Studies geht – aber auch um Tagesgeschäft, Personal- oder Wareneinsatzplanung.

Und als Plattform der Frauen-Netzwerke in Deutschland und Österreich interessiert uns: Sind Sie in einem Netzwerk aktiv. Und welche Bedeutung hat es für Sie, sich in Zeiten wie diesen mit Kolleginnen und/oder Gleichgesinnten auszutauschen?

Ich bin zum Beispiel als Mitglied oder ehrenamtlich tätig bei der Käte Ahlmann Stiftung als Mentorin für Jungunternehmerinnen und im Frauennetzwerk sowie Wirtschaftsbeirat der Union und bei der TUM Unternehmertum und FiDAr. Der Austausch innerhalb dieser Netzwerke hat für mich eine große Bedeutung, denn ich habe den Eindruck, Verständnis und Halt, konkrete Tipps und kreative Impulse zu erfahren. Wiederum freue ich mich sehr, wenn Kolleginnen und Gleichgesinnte auf meine Erfahrung, Unterstützung und Wissen zurückgreifen. Die Kollaboration empfinde ich als sehr wertvoll und bin darüber sehr dankbar.

www.waldhaus-deiningerweiher.de, www.waldhaus-deiningerweiher.de

Fotocredit: Christiane Kappes

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