Aufgrund steigender Corona-Zahlen bleibt der Aufruf, soziale Kontakte zu reduzieren und zu Hause zu bleiben aufrecht. Der Arbeitspsychologe Johann Beran gibt Tipps, um auch in den bevorstehenden Wochen in den eigenen vier Wänden nicht verrückt zu werden.
Seit Beginn der Pandemie beobachtet die Donau-Universität Krems, wie sich die psychische Gesundheit der Bevölkerung entwickelt. Die aktuellsten Ergebnisse zeigen, dass sich die Situation weiter verschlechtert. Rund ein Viertel der österreichischen Bevölkerung leidet an Depressionen (26 Prozent) oder Angstsymptomen (23 Prozent), 18 Prozent erleben Schlafstörungen. Besonders betroffen sind junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, sowie Frauen, Arbeitslose und Alleinstehende.
„Die Krise verstärkt, was vorher schon da war,“ sagt der Arbeitspsychologe Johann Beran im Gespräch mit SHEconomy. Arbeitslose haben in der Gesellschaft häufig mit sozialer Ausgrenzung zu kämpfen. In der Krise geraten sie noch stärker unter Druck, da es in der derzeitigen Situation schwieriger denn je ist einen Job zu finden. Auch Frauen und vor allem alleinerziehende Frauen wirkt sich die Mehrfachbelastung in Form von psychischen Krankheiten und Kopfschmerzen aus. Beran merkt an: „Die tatsächlichen Effekte werden erst in den nächsten Monaten wirklich sichtbar werden.“
Um im Home-Office, Home-Schooling und überhaupt in den eigenen vier Wänden nicht verrückt zu werden, rät der Psychologe folgende Tipps in den Alltag zu integrieren.
1. Zucken Sie aus
„Ich muss mir in meinen Alltag Phasen integrieren, in denen ich freudvoll auszucken kann,“ so Beran. Gemeint ist nicht, sich an einer anderen Person abzureagieren, sondern an einem realen oder herbei fantasierten Gegenstand. Spielen Sie Luftgitarre, schlagen Sie auf einen Boxsack oder Polster ein, schreien Sie laut oder atmen Sie bewusst. Alles ist erlaubt.
2. Bewegen Sie sich
„Ich muss diese Spannung, die sich aufbaut, wenn ich mich konzentriere, durch Bewegung ausgleichen,“ sagt Johann Beran. „Die baut sich ansonsten nur sehr langsam ab.“ Spazieren Sie eine Runde im Park oder um das Haus, machen Sie ein Home-Workout mit ihrem liebsten YouTube-Fitnesscoach oder dehnen Sie sich.
3. Verräumen Sie Ihren Arbeitsplatz
Der Großteil der Menschen hat nicht das Glück in einer Wohnung zu leben, die mit einem dezidierten Arbeitszimmer ausgestattet ist. Häufig dient der Esstisch auch als Schreibtisch. Johann Beran rät daher, den Arbeitsplatz am Abend zu wegzuräumen, um bewusst Raum für Erholung zu schaffen. „Ich kann ja nicht in das nächste Kaffeehause gehen, wo ich durchatmen kann. Sondern ich bin darauf angewiesen, dass meine Wohnumgebung mein Erholungsraum bleibt,“ so Beran.
4. Verzichten Sie auf Krimis
Anstatt Serien zu schauen, die mehr aufregen als entspannen, empfiehlt der Psychologe zu Altbekanntem zurückzukehren. Streamen Sie alle 236 Folgen „Friends“ zum siebten Mal, sehen Sie sich alte Musicals oder Disney-Filme an. „Weil ich es kenne gibt es mir Sicherheit und regt mich nicht auf. Wir haben im Moment so viele aufregende Informationen im Gehirn zu verarbeiten, dass der Krimi nicht der Ausgleich ist,“ so der Klinische Psychologe.
5. Setzen Sie auf Berührung
In Zeiten der Pandemie wird vor körperlicher Nähe beinahe wie vor dem Rauchen gewarnt. Dabei sind Menschen auf Berührung angewiesen. Umarmungen und Küsse tun gut, Johann Beran erinnert daran, dies nicht zu unterschätzen. „Wenn ich keine Partnerin oder keinen Partner habe, dann nehme ich ein Stofftier und berühre mich damit,“ so der Psychologe. Denn auch das Berühren mit einem Gegenstand beruhigt, wie aus zahlreichen Forschungen hervorgeht.