Haben Sie schon von Luisa Capetillo gehört? Die puerto-ricanische Autorin und Aktivistin für Frauenrechte und Feminismus forderte schon im Jahr 1919 die Frauen von Puertro Rico auf, Hosen zu tragen. Damals war das noch eine echte Provokation, die wie ein Verbrechen verfolgt wurde und Capetillo wurde dafür verhaftet. Der zuständige Richter wies die Anklage jedoch später zum Glück ab. Ihrer Geschichte wurde sogar ein Comic gewidmet, das man hier online ansehen kann. Trotz Capetillos beherztem Einsatz hatte die Hose, die uns so stark, sexy und emanzipiert aussehen lässt, einen langen Weg, bis sie heute wie selbstverständlich in unseren Kleiderschränken hängt.

Ein Tabu aus Stoff

Das Wort »Hose« wird vom germanischen Begriff „huson“ abgeleitet, der Unterschenkel- oder Beinbinden, bzw. Beinlinge bezeichnete. Hosenähnliche Kleidungsstücke wurden im Mittelalter zum fixen Bestandteil der ritterlichen Kriegstracht. Vermutlich führte die dadurch entstandene männliche Konnotation in Westeuropa dazu, dass die Hose im Laufe der Zeit verstärkt von Männern und immer weniger von Frauen getragen wurde und sich so die geschlechtliche Kleiderordnung verfestigte und teilweise auch gesetzlich verankert wurde. Die Vorstellung, dass Frauen ein Stück Stoff sichtbar zwischen den Beinen tragen, galt bis ins 20. Jahrhundert als höchst skandalös. Frauen, die dieses Tabu brachen und Hosen trugen, waren mit Abscheu und Spott konfrontiert. Diese Stellung der Frau und ihre modischen Zwänge begleiteten die Geschichte noch viele Jahrhunderte.

Andreas Toferer

Der Siegeszug der Hose

Erst durch Emanzipationsbewegungen Ende des 19. Jahrhunderts, trugen auch in Europa erstmals Frauen wieder Hosen. Die zunehmende Popularität von sportlicher Betätigung führte dazu, dass sich der Anblick von Frauen in Hosen normalisierte, denn funktionelle Sportbeinkleider und -kostüme zum Schwimmen oder Radeln wurden gesellschaftlich akzeptiert. Doch erst die Not des Ersten Weltkriegs bewirkte eine bleibende Veränderung. Als Frauen massenhaft bislang ausschließlich von Männern geleistete Arbeit übernehmen mussten, etablierte sich die Hose als Teil der zweckmäßigen, weiblichen Berufskleidung. Mit der Berufstätigkeit der Frauen stieg in den 20er Jahren auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit, die sich in der Mode widerspiegelte. Androgyne Garçonne-Mode mit kurzen Haaren, schmalen Hosen und Krawatten war plötzlich modern. Diesen Siegeszug der Frauenhose und des Hosenanzugs konnte auch die NS-Propaganda in den 30er und 40er Jahren nicht mehr aufhalten. »Coco Chanel, Yves Saint Laurent und Marlene Dietrich waren hier die Wegbereiterinnen, die der Damenwelt den Hosenanzug ermöglicht haben. Noch heute steht der weibliche Hosenanzug für Freiheit und Emanzipation von der Männerwelt. Daher kommt es auch, dass Frauen im Business-Kontext jahrelang versucht haben, die Männermode zu kopieren. So sind klare, harte Schnitte, gerade Linien früher verstärkt zum Einsatz gekommen«, erzählt Andreas Toferer, vom gleichnamigen Textilunternehmen. Der Textilexperte verfolgt die Entwicklungen der Arbeitskleidung seit 30 Jahren und kann sich noch sehr gut an das allererste T-Shirt erinnern, das er 1989 in einer Blockhütte im Pongau gefertigt hat.

Die Hose im Job

»Sogar die Farbwahl der Business-Kleidung für Frauen war lange Zeit an die Männermode angelehnt, denn bei Männern hat die Farbe des Anzugs stets den Status symbolisiert: Je dunkler die Farbe, desto wichtiger war die Position des Trägers oder der Anlass, an dem der Anzug getragen wird. Das haben Frauen zu Beginn stark übernommen, daher waren früher die Hauptfarben schwarz, anthrazit und dunkelblau«, erklärt Toferer. Gemeinsam mit seinen rund 40 MitarbeiterInnen entwickelt er, für und mit seinen Kunden, Arbeitskleidung mit individueller Note. Er weiß daher auch genau, warum sich der Anzug gerade in der Führungsebene, als beliebte Kleidung etabliert hat. »Bekannt ist, dass formelle Kleidung wie Anzüge, beim abstrakten Denken helfen. Die Träger nehmen eine distanziertere Perspektive ein und konzentrieren sich stärker auf das »große Ganze«. Der uns bekannte schwarzgraue Anzug entstand ab Mitte des 19. Jahrhunderts und sollte den Männern helfen, sich auf ihre Geschäfte zu fokussieren. Die gesellschaftliche Stellung des Mannes wurde interessanterweise hingegen durch die Garderobe seiner Gattin repräsentiert«, sagt der Textilunternehmer.

Elwira Burdzy

Auch Designerin Elwira Burdzy beschäftigt sich intensiv mit Business-Kleidung für Frauen. Vor der Gründung ihres Modelabels »Burell«, das für handgefertigte Kleidung von der Stange steht, hat sie 16 Jahre für verschiedene, internationale Konzerne gearbeitet. »Ich habe wie alle Frauen auch selbst immer nach passenden Outfits gesucht, die im Arbeitsalltag genauso gut funktionieren wie für Meetings, Konferenzen, Interviews und Geschäftsreisen. Für mich muss die Kleidung im Job bequem und feminin sein und trotzdem Kompetenz ausstrahlen«, sagt sie. Burdzy hat den »klassischen Uniformen«, wie sie sagt, die lange von Anwältinnen und Bank-Mitarbeiterinnen getragen wurden, den Kampf angesagt. »Vielen meiner Kundinnen sind die dunklen Farben und klassischen Anzüge zu männlich und sie tragen wieder gerne feminine Kleider und Röcke im Job. Obwohl so lange für die Hose gekämpft wurde«, sagt sie lachend und ergänzt. »Das Kleid ist für mich auch praktischer. Für eine Hose und einen Rock, muss man immer die passende Bluse oder ein Sakko dazu finden. Zum Kleid braucht man nur passende Schuhe und ist bereit«, betont die Designerin.

Trends und Work-Fashion

»Frauen haben sich im Business viel stärker etabliert und weibliche Werte im Berufsleben erfahren eine höhere Akzeptanz als noch vor 20 oder 30 Jahren«, bemerkt auch Andreas Toferer. Er beobachtet, dass im Jobkontext wieder weiblichere Schnitte und Muster gefragt sind. »Die Farbwelt wird vielfältiger und Röcke sind etabliert. Jemand, an dem man diese Entwicklung über die Jahrzehnte hinweg fantastisch beobachten kann, ist übrigens Angela Merkel. Auch bei Mitarbeiterkollektionen wird wieder mehr Fokus auf genderspezifische Schnitte und Variationen gelegt«, sagt er. In der Vergangenheit lag der Fokus bei Arbeitskleidung hauptsächlich auf der Funktionalität. Heute sind für den Textil-Unternehmer und seine Kunden Individualität, Tragekomfort, hochwertige Materialen und interessante Designs absolut zentral. »Vor allem aber ist es wichtig, dass sich die Menschen, die diese Kleidung tragen, darin wohlfühlen«, betont er. Zu seiner Freude lassen viele UnternehmerInnen ihre MitarbeiterInnen Heute mitgestalten, wenn es um die Auswahl, die Schnitte und das Material bei der Arbeitskleidung geht. Das erhöht die Akzeptanz um ein Vielfaches und stärkt die Authentizität und den Werbewert für das Unternehmen, so die Erfahrungswerte des Textilexperten. Er ist jedenfalls der Meinung, dass sich Frauen aber vor allem im Business-Kontext und in Führungspositionen den Rock nicht nehmen lassen sollten. »Schließlich geht es gerade in Top-Jobs oft um das Abheben von anderen und hier sind Frauen kleidungsmäßig im Vorteil, wenn sie dies gut zu nutzen wissen. Denn sie haben einfach mehr Spielraum und Gestaltungsmöglichkeiten bei ihren Outfits«, betont er.

Gerade Frauen, die in kreativen Branchen arbeiten, können sich bei der Wahl der Work-Fashion austoben. »High Waist-Hosen und Paperbag-Hosen, die lockerer und ein bisschen breiter geschnitten sind, liegen gerade stark im Trend. Aber auch engere Zigarettenhosen sind angesagt. Dazu passt ein schönes Sakko oder ein Oversize-Pullover«, sagt Elwira Burdzy. Interessanterweise fragen ihre Kundinnen immer zuerst nach dem Stoff, der für die Kreationen verwendet wird. »Österreicherinnen mögen hochwertige, natürliche Stoffe, die nicht zerknittern. Baumwolle oder Viskose und ein bisschen Elastan ist beliebt, da man es nicht bügeln muss«, erklärt sie. Zum Abschluss will uns die Designerin, bei all der modischen Freiheit, noch eine kleine Knigge mitgeben. Denn es gibt rund um Business-Outfits fünf einfache Regeln zu beachten: 1. Der Rock oder das Kleid sollte knielang sein. 2. Die Achseln sollten jedenfalls bedeckt sein. 3. Bitte nicht zu viele und auffällige Muster tragen. 4. Strumpfhosen und geschlossene Schuhe sind auch im Sommer ein Muss! 5. Keine Shorts tragen, außer vielleicht am Casual Friday…

www.toferer.at

www.myburell.com

Header: Lucy Smith and Pauline Ranken of the Ladies‘ Scottish Climbing Club, Salisbury Crags. c.1908