Frauen bekommen rund 41 Prozent weniger Pension als Männer. Mit einem neuen Pensionsmodell soll nun die finanzielle Gesamtversorgung von Frauen im Alter verbessert werden. Wie das mithilfe betrieblicher Altersvorsorge gelingen kann, erklären Corina Tripammer und Magdalena Schluckhuber (Marketing & Kommunikation bei der VBV-Pensionskasse) im Interview.
Warum ist das Thema „faire Pensionen“ für Unternehmen relevant?
Tripammer: Österreich hat zwar ein gutes staatliches Pensionssystem, die Reformen der Vergangenheit wirken sich aber bereits jetzt negativ aus, wie man bei einem Blick auf das Pensionskonto leicht erkennen kann. Der Lebensstandard in der Pension ist damit künftig nicht mehr gesichert. Dafür braucht es Zusatzpensionen! Immer mehr moderne Unternehmen positionieren sich deshalb als soziale Arbeitgeber, die an ihre Mitarbeiter:innen auch über das Erwerbsleben hinaus denken und ermöglichen ihnen Zusatzpensionen durch eine betriebliche Altersvorsorge. Natürlich schwingt immer auch der Gender-Aspekt mit, denn der Gender Pension Gap ist in Österreich nach wie vor enorm groß. Im Europa-Vergleich zählen wir leider sogar zu den Schlusslichtern.
Was ist der Gender Pension Gap bei Pensionen?
Tripammer: Der Gender Pension Gap zeigt den Unterschied der Pensionshöhe von Frauen und Männern auf. Auf diesen Unterschied macht jährlich auch der Equal Pension Day aufmerksam, der im Jahr 2022 am 3. August war. Ab diesem Tag müssen Frauen bis Jahresende im Vergleich zu Männern – statistisch gesehen – ohne Pension auskommen. Die Unterschiede sind gravierend, wir reden von 41% bzw. rund 860 Euro monatlich weniger.
Warum entsteht dieser Gap?
Schluckhuber: Frauen arbeiten öfter in Niedriglohnbranchen und in Teilzeit. Nach der Geburt eines Kindes sind es nach wie vor mehrheitlich Frauen, die in Karenz gehen oder sich später um die Pflege von Angehörigen kümmern. Mehr als 70 Prozent der Mütter zwischen 25 und 49 Jahren arbeiten Teilzeit, Väter hingegen sind meist durchgehend Vollzeit beschäftigt. Frauen haben dadurch nicht nur niedrigere Einkommen, sondern in weiterer Folge auch niedrigere, oft armutsgefährdende Alterspensionen. Denn je länger Erwerbsunterbrechungen oder Teilzeitbeschäftigung dauern, desto niedriger wird auch die staatliche Pension.
Denkt das staatliche Pensionssystem hier an eine Lösung?
Schluckhuber: Mehr schlecht als recht. Künftig fallen nämlich auch Jahre mit niedrigerem Einkommen bzw. mit Teilzeitbeschäftigung in die Durchrechnung für Pensionen. Das verringert die staatliche Pensionshöhe und vergrößert die Pensionslücke (Differenz zwischen Aktiveinkommen und staatlicher Pensionsleistung, Anm.) zusätzlich. Frauen sind aus den bereits genannten Gründen davon besonders betroffen. Die nach wie vor vorhandenen strukturellen Ungleichheiten haben auch im Pensionssystem immer stärkere Auswirkungen.
Was wäre Ihr Lösungsansatz?
Tripammer: Mit einer Firmenpension durch den Arbeitgeber kann man die Pensionslücke generell verringern. Arbeitnehmer:innen bekommen dann eine monatliche Zusatzpension, die die finanzielle Situation im Alter verbessert. Das ist vor allem bei niedrigen staatlichen Pensionen ein großer Vorteil. In der VBV-Pensionskasse haben wir ein neues Pensionsmodell mitentwickelt, das noch stärker auf Diversity, Genderfairness und soziale Gerechtigkeit setzt und so den Gender Gap verringern soll.
Wie funktioniert das konkret?
Tripammer: Geringverdiener:innen und Teilzeitbeschäftigte profitieren davon, dass ein gehaltsunabhängiger Grundbetrag vorgesehen ist. Das betrifft nach wie vor mehrheitlich Frauen. Außerdem ermöglicht dieses Modell, dass Pensionskassenbeiträge, die während einer Karenz nicht gezahlt wurden, bei Wiedereinstieg nachentrichtet werden. Dadurch entstehen in dieser Zeit keine finanziellen Einbußen bei der betrieblichen Altersvorsorge. Die finanzielle Situation verbessert sich im Alter so auch für jene, die zum Beispiel wegen Teilzeit eine geringe staatliche Pension bekommen.
Schluckhuber: Das Modell deckt aber auch noch andere Aspekte ab. Im Todesfall etwa werden nicht nur Ehepartner:innen als Hinterbliebene berücksichtigt, sondern auch eingetragene Partner:innen oder Lebensgefährt:innen, auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren. Alle Beziehungsformen sind somit gleichgestellt. Außerdem wird die Höhe der Zusatzpension mit sogenannten Unisex-Tafeln berechnet. Bei gleichem Kapitalstand und gleichen Rahmenbedingungen bekommen alle eine Pension in gleicher Höhe ausbezahlt, unabhängig vom Geschlecht. Genderfairness und soziale Gerechtigkeit in Unternehmen werden so zum gelebten Standard.
Wieso sollten Unternehmen auf Firmenpensionen setzen?
Tripammer: Österreich ist bei der betrieblichen Altersvorsorge in Europa immer noch Schlusslicht. Nur 25% der Arbeitnehmer:innen haben eine betriebliche Vorsorge. In Deutschland sind es mehr als 50%, in Skandinavien über 90%. Das heißt umgekehrt aber auch, dass in Österreich eine Firmenpension ein echtes Benefit für die Mitarbeiter:innen darstellt und ein Wettbewerbsvorteil beim Recruiting ist. Und steuerliche Vorteile hat es auch.
Schluckhuber: Firmenpensionen passen außerdem sehr gut zu Unternehmen, die Wert auf Nachhaltigkeit legen. Man kümmert sich einerseits nachhaltig, also auch über das Erwerbsleben hinaus, um die Mitarbeiter:innen und motiviert sie so, möglichst lange im Unternehmen zu bleiben. Andererseits ist die VBV-Pensionskasse als Unternehmen selbst ein Vorreiter beim Thema Klima- und Umweltschutz. Die VBV wurde dafür mehrfach international ausgezeichnet, weil sie das Kapital z.B. in innovative Projekte für erneuerbare Energie investiert und nicht in Erdöl oder Gas. So können Arbeitgeber einen doppelten Effekt erzielen und im Rahmen ihres CSR-Programms sowohl ihre soziale als auch auf die Umwelt ausgerichtete Nachhaltigkeit stärken. Und mit der VBV fair:pension setzen sie noch dazu ein klares Zeichen für Diversity, Genderfairness und soziale Gerechtigkeit.