StartBusiness30 Jahre Kampf für berufliche Gleichstellung

30 Jahre Kampf für berufliche Gleichstellung

Manuela Vollmann, Gründerin und Geschäftsführerin von ABZ*AUSTRIA, feiert heuer einen besonderen Geburtstag: 30 Jahre Engagement in Sachen berufliche Gleichstellung. Im Gespräch mit SHEconomy spricht sie über neue Herausforderungen und Ziele nach Corona – und mahnt gleichzeitig ein: „Frauen, fordert mehr!“

Das Thema Gleichstellung hat – egal, welche Zahlen man hernimmt – durch Corona einen erschreckenden Backlash erfahren. Wie wirkt sich dieser Umstand auf Ihre Arbeit aus?

Manuela Vollmann: Wir wissen ja, dass Krisen Frauen besonders stark treffen. Auf vielfältige Art nämlich. Wir haben es bei dieser Pandemie erneut gesehen – diese ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit unter den Geschlechtern. Und dazu kommt noch die sogenannte „systemrelevante Arbeit“, die man dann netterweise so genannt hat. Damit wurde aber auch auf sehr breiter Ebene bewusst gemacht, wie wichtig Frauen in der Erwerbsarbeit sind: Was sie alles dazu beitragen, dass diese Wirtschaft, diese Gesellschaft, die wir haben, aufrechterhalten werden. Allen war auf einmal klar – das hat mich in gewisser Weise gefreut – wie notwendig unbezahlte Arbeit ist.

Es wurden eben auf einmal viele Dinge in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert, die vorher gern wie „Lästigkeiten“ behandelt wurden. Ein Vorteil und eine große Chance!

Was wir im ABZ*AUSTRIA sehr stark gemerkt haben und wo meine Kolleginnen am Beginn der Pandemie sehr stark gefordert waren: Gerade in den letzten Jahren haben viele Frauen in ihre Weiterbildung und Ausbildung investiert. Corona hat diese Vorhaben für viele plötzlich als nicht mehr realisierbar erscheinen lassen, sodass es von einem „Ich möchte mich ganz neu orientieren und ich bin in einer Ausbildung“ zu einem „… das schaffe ich jetzt nicht mehr“ gekommen ist. Da haben wir von ABZ*AUSTRIA gemeinsam mit anderen, ähnlichen Organisationen viel investiert, um die Frauen durchhalten zu lassen. Wir unterstützen sie einerseits mit Infrastruktur, wie etwa Laptops, aber auch mit Empowerment, indem wir sie wissen haben lassen: „Gebt nicht auf, ihr müsst in der Weiterbildung bleiben! Das fördert eure Chancen.“

Hat es in den 30 Jahren nach Ihrer Gründung von ABZ*AUSTRIA ähnlich herausfordernde Zeiten gegeben?

Eine Krise, die wir als ABZ* stark gespürt haben, war im Jahr 2000. Obwohl wir alle gute Arbeit geleistet haben, hatten wir fast 50 Kolleginnen verloren – das war damals die Hälfte der Belegschaft. Zu dieser Situation wurde EU-weit beigetragen, auch in Österreich, indem wir ein Bundesvergabegesetz bekommen haben. Das haben wir als ABZ*AUSTRIA eigentlich sehr begrüßt, denn es braucht einen gewissen Wettbewerb, sage ich immer. Leider hat sich ziemlich schnell herausgestellt, dass es dabei mehr um einen Quantitäts- als Qualitätswettbewerb gegangen ist. Das führte dazu, dass ABZ*AUSTRIA, damals noch ABZ*Wien, ziemlichen Stress bekam, weil unser Qualitätsanspruch nicht in die neuen Ausschreibungswelten gepasst hat. Aber wir konnten das bewältigen. Mittlerweile sind wir wieder 175 im Team.

Was sind Ihre Schwerpunkte aktuell?

Es gibt derzeit ein „window of opportunity“, wo Frauen sagen können: Wir lassen uns diese unbezahlte Mehrfacharbeit und -belastung nicht mehr gefallen! Ich merke, dass es immer mehr Männer gibt, die erkennen: Wir müssen konkret etwas tun, wir haben Verantwortung für die Frauen, die sich die Dinge nicht so leicht regeln können wie jene in Führungs- oder gut dotierten Positionen. In dieses Fenster stoßen nun wir als ABZ*AUSTRIA mit unserer 30-30-Forderung, einem Kombilohnmodell für Eltern.

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Manuela Vollmann und das ABZ*AUSTRIA

1991 erfuhr Manuela Vollmann – damals arbeitete sie am IFF, einem außeruniversitären Forschungsinstitut –, dass das Sozialministerium ein Projekt für berufliche Wiedereinsteigerinnen hochziehen wolle. Gesucht wurde eine Sozialpädagogin aus dem Erwachsenenbildungsbereich mit Wirtschaftskompetenz. Nachdem die Kriterien auf sie zutrafen, bewarb sie sich und bekam den Job – der von Anfang an mit einer ordentlichen Herausforderung einherging.

Dazu ein Sprung in die weitere Vergangenheit. Anfang der 1980er-Jahre stieg die Arbeitslosenquote in Wien stark an; so waren am Meidlinger Schöpfwerk besonders viele Familien von Delogierungen bedroht. Unter dem Titel „Experimentelle Arbeitsmarktpolitik“ ermöglichte der damalige Sozialminister Alfred Dallinger neue arbeitsmarktpolitische Instrumente, mit denen Jugendliche und Langzeitarbeitslose beim Wieder-/Einstieg in den Arbeitsmarkt unterstützt werden sollten. Im Rahmen dieser Konzeptentwicklungen entstand, unter der Führung von Manuela Vollmann, ABZ*Meidling (1992), später ABZ*Wien (1997), noch später ABZ*AUSTRIA (2002). Seither hat sich das Non-Profit-Unternehmen zu einem Kompetenzzentrum für die Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft etabliert. Die Angebotsfelder umfassen Bereiche wie Wiedereinstieg, Gestaltung von beruflichen Auszeiten und Karenzmanagement, AgeManagement, Diversity Management, Förderung von Frauen in handwerklich-technischen Berufen, spezifische Angebote für Migrantinnen sowie die Unterstützung bei der Gründung von Unternehmen für Frauen.

Eine der schönsten Erfolgsgeschichten? „Der erste Handyboom!“, erinnert sich Manuela Vollmann: „Wir haben Netzwerkadministratorinnen ausgebildet, Datenbank-Managerinnen – und fast alle Telekommunikationsunternehmen haben damals mit uns kooperiert. 100 Prozent der von uns gestellten Fachkräfte haben einen Job bekommen! Ein ideales Private-Public-Partnership, eine echte Win-win-Situation!“

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