Der heutige Tag markiert den Startschuss von „Orange the World – 16 days of activism against gender-based violence“. Fraueninitiativen auf der ganzen Welt nützen den Zeitraum vom Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen (25. November) bis zum Internationalen Tag der Menschenrechte (10. Dezember), um auf das Recht jedes Individuums auf ein gewaltfreies Leben aufmerksam zu machen.
Das Schwerpunktthema der diesjährigen „16 Days“-Kampagne lautet: #LetsEndFemicide. Und das aus gutem Grund, weil die jüngsten Zahlen einer von UN Woman und dem UN Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (kurz: UNODC) in Auftrag gegebenen Studie zum Thema „Gender Related Killings“ sind mehr als erschreckend.
Stündlich fünf Femizide weltweit
Im Jahr 2021 sind auf der ganzen Welt über 45.000 Frauen und Mädchen von Partnern oder Angehörigen getötet worden. Hochgerechnet bedeutet das: Jede Stunde (!) trifft es weltweit fünf Frauen, die von jemandem aus ihrem unmittelbaren familiären Umfeld, sei es Mann, Freund, Vater, Bruder oder Onkel ermordet werden. Die eigenen vier Wände sind für Frauen und Mädchen also nicht wie von Konservativen häufig insinuiert ein sicherer Ort, sondern ganz im Gegenteil eine wahre Todeszone.
Dass die Gesamtzahl der Tötungsdelikte an Frauen in den letzten zehn Jahren weitgehend unverändert geblieben ist, unterstreicht die Dringlichkeit der Agenda. Und obwohl die Fallzahlen bereits horrend hoch sind, dürfte das wahre Ausmaß um ein Etliches größer sein. Noch immer werden zu viele Opfer nicht als Femizid gezählt, da die Definitionen und Kriterien in den einzelnen Ländern nicht einheitlich sind.
In Österreich stehen wir aktuell laut Monitoring des Vereins Autonomer Österreichischer Frauenhäuser (AÖF) bei 28 Morden und 25 Mordversuchen für das Jahr 2022. Im Schnitt sind das drei intentionale Tötungsdelikte pro Monat.
Hinter jedem Femizid in der Statistik steht ein vermeidbares Schicksal
UN Women-Executive Sima Bahous verdeutlicht: „Hinter jedem Femizid in der Statistik steht die Geschichte einer einzelnen Frau oder eines einzelnen Mädchens, das im Stich gelassen wurde. Diese Todesfälle sind vermeidbar – die Instrumente und das Wissen dafür sind bereits vorhanden. Jetzt braucht es eine konzertierte gesamtgesellschaftliche und politische Anstrengung, Frauen und Mädchen das Recht einzuräumen, sich sicher zu fühlen und sicher zu sein. Zu Hause, auf der Straße und überall.“
Auch Monika Vana, Delegationsleitern der österreichischen Grünen im Europarlament, schlägt mit ihrem Statement in eine ähnliche Kerbe: „Obwohl mit dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie gegen geschlechtsspezifische Gewalt im Frühjahr ein lang erwarteter Schritt gesetzt wurde, braucht es ein weiteres konsequentes Maßnahmenpaket, um den Kampf gegen Gewalt endlich zur Priorität der EU zu machen. Dazu gehört neben dem raschen Beschluss der Richtlinie eine volle Ratifizierung der Istanbul Konvention, eine substanzielle Erhöhung des EU-Budgets gegen Gewalt und für Prävention sowie die Klassifizierung von geschlechtsspezifischer Gewalt als EU Verbrechen”.
Abgesehen von den geballten Anstrengungen am internationalen politischen Parkett gibt es auch praktische Ansätze.
Info-Offensive: Hilfsangebote auf Kassabons
Die Stadt Wien lässt mit heutigem Stichtag beispielsweise die mit REWE gestartet Initiative „Nummern gegen die Gewalt“ wieder anlaufen. Schon im vergangenen Jahr informierte man in der Donaumetropole potenzielle Gewaltopfer via Kassabon über Notrufnummern. Um möglichst schnell, unbürokratisch und niederschwellig Hilfe leisten zu können. Die Supermarkt-Kassa ist einer der am stärksten frequentierte Orte in unserer Gesellschaft. „Je öfter auf die Notrufnummern hingewiesen wird, umso besser. Unterstützung bekommen Frauen, die von Gewalt betroffen sind, beim 24-Stunden Frauennotruf und beim Frauenhaus-Notruf – und zwar rund um die Uhr. Die Stadt Wien ist für Frauen in Notsituationen da!“, so Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaál. Ihr Appell an alle, die von Gewalt betroffen sind oder Gewalt wahrnehmen: „Holen Sie Hilfe und rufen Sie an!“
Diesem Aufruf möchten wir uns vollumfänglich anschließen.