Innerhalb der EU liegt Österreich mit 38,7 Prozent beim Geschlechterunterschied bei den Pensionen derzeit auf dem vierten Platz. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die aktuelle Krisensituation diese Zahl noch weiter nach oben treiben könnte.
Christine Mayrhuber (Wifo) und Ingrid Mairhuber (FORBA) beginnen ihre Studie zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf den Pension Gap mit einem Faktum, dem immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit zuteil wird: »Women receive lower pensions than men worldwide.« Dass es sich dabei, wie sie schreiben, um die Beschreibung einer Tatsache handelt, bedeutet außerdem leider noch lange nicht, dass dieses Faktum schon gut genug im kollektiven Bewusstsein verankert ist. Ganz im Gegenteil: Es gibt nach wie vor sehr viele Frauen, die beim Thema Vorsorge schwimmen und nicht wissen, welche Möglichkeiten sie eigentlich haben.
Weniger bekannt ist außerdem, dass Österreich mit 38,7 Prozent derzeit den vierthöchsten Geschlechterunterschied bei den Pensionen innerhalb der EU hat. Der enttäuschende vierte Rang ist in diesem Zusammenhang also aus einem anderen Grund mehr als enttäuschend. Innerhalb der EU liegt der Durchschnitt bei 30 Prozent. Nach Angaben der beiden Autorinnen verursachen geringere Gehälter für Frauen rund 55 Prozent der aktuellen Pensionskluft. 41 Prozent seien auf die geringere Lebensarbeitszeit zurückzuführen, vier Prozent auf die unterschiedlichen Versicherungszeiten durch Arbeitslosigkeit und Kinderbetreuung.
Die Untersuchung zeigt zudem auch auf, dass in der EU 6,2 Prozent der Frauen zwischen 65 und 74 überhaupt keine Pensionsansprüche haben. In Österreich liegt auch dieser Wert deutlich über dem Durchschnitt, nämlich bei 18,4 Prozent. Es ist nun zu befürchten, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit und die vermehrte Übernahme von schlecht entlohnter und unbezahlter Pflegearbeit diese Zahlen noch weiter nach oben treiben werden.
»The extent of the damage caused by the crisis cannot yet be assessed. What is certain, however, is that the economic situation of women and their financial independence is under further pressure as a result of developments in 2020«
Das Beziffern der Lücke ist jedoch nicht das einzige Anliegen, mit dem sich die beiden Autorinnen an ihre Leser*innen wenden. Sie formulieren auch Handlungsempfehlungen an die Politik. Mayrhuber und Mairhuber schreiben, dass ohne deutlich höhere Einkommen für Frauen Arbeitslosigkeit und Einkommensunterschiede in der Zukunft zu weiteren Pensionsunterschieden führen werden. Pensionspolitik und Maßnahmen zur Geschlechtergerechtigkeit sollten außerdem nicht nach Ad-Hoc-Prinzipien angelegt werden, sondern längerfristig ausgerichtet sein, da ansonsten das Vertrauen in das Pensionssystem noch weiter reduziert würde. Auch die Einführung eines Gender Pay Gap-Faktors und die Anerkennung von Pflege bei der Pension werden in der Studie als Lösungsstrategien vorgeschlagen.
»If the elimination of economic inequalities between women and men is not to take an- other 170 years, as predicted by the 2016 World Economic Forum, substantial changes are needed.«