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„Daten können lügen“

„Grüne fahren SUV und Joggen macht unsterblich“ ist der Titel des neuen Buches von Katharina Schüller. Die Expertin für Daten-Analyse und ihre drei Mitautoren setzen sich für mehr Data Literacy ein – für die Unternehmerin eine echte Mission.

 

Dass Katharina Schüller einmal jeden Tag beruflich mit Zahlen zu tun hat, das hätte sie sich in ihrer Jugend nicht vorstellen können. „In der Schule konnte ich mit Stochastik wenig anfangen. Erst im Psychologie-Studium habe ich verstanden, wie statistisches Denken funktioniert“, erinnert sich die heutige Expertin für Daten-Analyse. Mit ihren Mitstreitern Gerd Gigerenzer, Thomas Bauer und Walter Krämer zeigt Katharina Schüller in der „Unstatistik des Monats“, wie schnell falsche Interpretationen von Daten in die Irre führen können.

Neue spektakuläre Beispiele dazu haben die vier in ihrem neuen Buch „Grüne fahren SUV und Joggen macht unsterblich“ gesammelt. Schüller und Co wollen einmal mehr zeigen, wie sich Unsinn erkennen und Prognosen richtig einordnen lassen – inzwischen ist dies für die Statistikerin zu einer echten Mission geworden. „Zahlen lügen nicht, das stimmt eben nicht“, mahnt Schüller. „Manchmal lügen sie doch, wenn sie nicht eingeordnet und in einen Kontext gestellt werden, denn dann verleiten sie uns zu den falschen Schlüssen.“  Schlagzeilen wie „Smartphones machen denkfaul“ oder „Pflanzenkost schützt vor Corona“ können sogar zu teils gefährlichen Fehlinformationen führen.

Zwar sei inzwischen das Bewusstsein der Medien gestiegen, mit Statistiken genauer umzugehen. Allerdings: „Je mehr Daten verfügbar sind und je einfacher zugänglich, desto öfter gibt es auch nicht korrekte Analysen“, beobachtet Schüller.

In Politik und Gesellschaft nehmen Daten immer stärkeres Gewicht ein. „Eine Gefahr liegt für mich darin, wenn auf der Basis der Daten Entscheidungen bestätigt werden sollen, die schon vorab feststehen, oder wenn Druck von Gruppen kommt, die bewusst manipulieren wollen“, mahnt die Pionierin für Datenkompetenz. Gerade Corona habe hier eine neue Dimension eröffnet.

Data-Literacy, also die Kompetenz im Umgang mit Daten, ist deshalb für Katharina Schüller ein wichtiger Schlüssel. Schon 2003 gründete sie STAT-UP, einen Spezialanbieter für Statistical Consulting und Data Science. Hier hilft sie Unternehmen, ihre Daten in vollem Umfang zu nutzen und die Organisation neu zu denken. „Für eine Datenstrategie reicht es nicht, schnelle Schulungen zu machen oder bestimmte Tools bedienen zu können. Vielmehr muss verstanden werden, wie der Datenfluss in der Organisation funktioniert und wo der Mehrwert dieser Daten liegt.“

 

 

Darüber hinaus engagiert sie sich gemeinsam mit dem Stifterverband in der Data-Literacy-Charta – eine Selbstverpflichtung von Unterzeichner:innen aus verschiedenen Disziplinen, die Datenkomptenz stärker in der Allgemeinbildung verankern wollen. In einer neuen Arbeitsgruppe, die Katharina Schüller leitet, wird dazu im Auftrag der internationalen Ingenieur-Vereinigung IEEE ein globaler Standard für Daten- und KI-Kompetenz entwickelt. Auch an einem so genannten Data Literacy Framework hat Schüller mitgewirkt, so dass an Hochschulen fächerübergreifende Kurse zum Thema Datenkompetenz angeboten werden können.

Geht es nach Katharina Schüller, sollte die Faszination und der Nutzen von Daten jedoch schon viel früher eine Rolle spielen. „Bereits in der Grundschule lässt sich an praktischen Beispielen zeigen, wo überall Daten drinstecken. Die Daten sollten anhand der Lebenswelt von Kindern verdeutlicht werden, erst dann sollte die methodische Vertiefung folgen – nicht umgekehrt.“ Schon eine Scheibe aus einem Baumstamm verrate so manches, vom Alter bis hin zur Menge des Niederschlags in einem bestimmten Zeitraum, weiß Schüller.

Natürlich könne Statistik nicht alle Unsicherheiten beseitigen. „Aber sie kann – beispielsweise in der Medizin – dafür sorgen, dass wir alle vorhandenen Informationen bestmöglich nutzen.“ Dafür sei es auch nötig, dass sich die Fachcommunity noch besser verständlich mache. „Das Bewusstsein ist gestiegen, dass wir uns bemühen müssen, auch wirklich verstanden zu werden. Wir müssen die Balance finden zwischen einer Vereinfachung der Sprache, ohne zu sehr in der Sache zu vereinfachen.“

In zunehmender Komplexität bietet die Statistik aus der Sicht von Katharina Schüller einen wertvollen Kompass. „Es ist so interessant zu sehen, dass Statistik einen Werkzeugkasten bietet, der hilft, die unterschiedlichsten Phänomene zu verstehen – damit lässt sich die Welt erklären, das fasziniert mich bis heute.“

 

 

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