»Die Corona-Krise darf nicht auf Kosten von Frauen gehen« ist eine Initiative, die vom Salzburger Frauenrat und dem Österreichischen Frauenring gestartet wurde. Wir haben mit Mitinitiatorin Ines Grössenberger über die Initiative und über mögliche Auswirkungen der Krise gesprochen.
Glauben Sie, dass die Corona-Krise zu einer neuerlichen Festschreibung traditioneller Rollenbilder und -verhältnisse führt oder bereits geführt hat?
Die Gefahr ist groß bzw. sieht man jetzt schon, dass sie auf Kosten von Frauen geht. Schon vor der Krise waren bezahlte und unbezahlte Arbeit, also Kinderbetreuung, die Pflege von Angehörigen, der Haushalt etc. ungleich verteilt. Jede zweite Frau arbeitet bereits in Teilzeit, um Beruf und Familie und andere unbezahlte Tätigkeiten unter einen Hut zu bekommen. Frauen kommen auf mehr Arbeitsstunden pro Woche als Männer, nur werden Frauen dafür entweder nicht (»unbezahlte Arbeit«) oder schlecht (»Frauenberufe«) bezahlt. In Zeiten der Corona-Krise sind Frauen nicht nur in den systemerhaltenden Berufen wie im Handel, den Gesundheitsberufen oder der Reinigung überdurchschnittlich gefragt, auch müssen sie sich, sofern ihr Beruf das Arbeiten im Homeoffice zulässt, gleichzeitig um die Kinderbetreuung, die Erledigung der Schulaufgaben, die Pflege von Angehörigen und den Haushalt kümmern. Hier zeigen wiederum Studien, dass der Gender Care Gap im Homeoffice überdurchschnittlich hoch ist, also auch hier Frauen mehr in die unbezahlte Arbeit investieren als Männer. Bleiben Bildungseinrichtungen länger geschlossen, kann dies dazu führen, dass vor allem Frauen, da sie in vielen Berufen und Branchen weniger verdienen als Männer, Stunden reduzieren oder ihre Erwerbsarbeit aufgeben, um die Kinderbetreuung zu übernehmen oder gekündigt werden. Kurz gesagt: der Kurs geht vor allem auf Kosten von Frauen – einerseits auf Kosten von Müttern, denen die Möglichkeit entzogen wird, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, weil die Kinder nicht in Kinderbetreuung und Schule gehen können. Dies führt wiederum zu der Bedrohung einer eigenständigen finanziellen Existenzsicherung. Andererseits zahlen jene Frauen einen hohen Preis, die in systemrelevanten aber schlecht bezahlten Berufen die Gesellschaft aufrechterhalten. In beiden Fällen droht der Verlust ihrer jahrzehntelang erkämpften (finanziellen) Unabhängigkeit sowie eine weiter steigende Altersarmut.
Immer wieder hört und liest man, dass die Krise zu einer längst überfälligen und notwendigen Sichtbarmachung der sogenannten Systemerhalter*innen geführt hat. Auch darauf, dass diese Jobs großteils von Frauen ausgeübt werden, wurde schon mehrfach hingewiesen. Die Sichtbarkeit alleine reicht jedoch nicht aus. Wie wahrscheinlich ist es Ihrer Meinung nach, dass sie sich in Zukunft in den Gehältern und Kollektivvertragen niederschlagen wird?
Das hängt ganz davon ab, ob man nach der Krise erkannt hat, dass es vor allem diese »Frauenberufe« sind, die ein System erhalten und das dies auch angemessen finanziell gewürdigt werden muss. Generell braucht es da ein Umdenken – und auch eine Diskussion darüber, welchen Wert welche Arbeit hat. Die Forderung nach einer Neubewertung weiblicher Berufsfelder gibt es schon lange – jetzt wird der hohe Wert dieser Tätigkeiten plötzlich für viele Menschen sichtbar und auch nachvollziehbar. Wie wahrscheinlich es ist, dass sich dies auch tatsächlich in den Gehältern widerspiegelt, ist schwer zu beantworten. Ich denke es ist vor allem wichtig, dass diese Krise als Anlass genommen wird, eine bessere Bezahlung dieser Tätigkeiten immer wieder laut zu fordern und eine Diskussion darüber nicht abflachen zu lassen.
In Ihren Forderungskatalog haben Sie auch die Forderung nach der Wiedereinführung des 50 Prozent-Ziels für Frauen im Rahmen des arbeitsmarktpolitischen Förderbudgets aufgenommen. Wieso ist das gerade jetzt (bzw. nach der Krise) so entscheidend?
Es war immer schon wichtig, Frauen 50 Prozent des Förderbudgets zukommen zu lassen, da sie am Arbeitsmarkt nach wie vor strukturellen Benachteiligungen (Gender-Pay-Gap, »gläserne Decke«, atypische Beschäftigung »Teilzeit«, geschlechterspezifische Berufswahl etc.) ausgesetzt waren. Mit den Fördermitteln wurden explizite Gleichstellungsziele (Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, Reduktion der Frauenarbeitslosigkeit, Verringerung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern, gleicher Zugang zu allen Berufen und Positionen mit dem Ziel einer existenzsichernden Beschäftigung) verfolgt und spezielle Programme für Frauen entwickelt, um ihre Position am Arbeitsmarkt zu verbessern. Betrachtet man die aktuellen Arbeitslosenzahlen so zeigt sich, dass diese Krise Frauen stärker trifft als Männer. Viele Kündigungen wurden in stark frauendominierten Branchen wie der Gastronomie und Hotellerie, im Handel und sonstigen Dienstleistungen ausgesprochen. Daher brauchen sie auch und vor allem jetzt bzw. nach der Krise eine besondere Unterstützung für eine erfolgreiche Rückkehr in den Arbeitsmarkt. Ohne klare Zielvorgaben und Gender-Budgeting ist es fraglich, ob der Zugang zu den Fördermitteln geschlechtergerecht verteilt wird.
Vonseiten der SPÖ haben die vom Österreichischen Frauenring und vom FrauenRat Salzburg vorgeschlagenen Maßnahmen schon Zuspruch erhalten. Gab es schon Reaktionen aus den anderen Parteien?
Beim Österreichischen Frauenring als auch beim Frauenrat Salzburg sind Vertreter*innen beinahe aller Parteien vertreten, die schlussendlich durch ihre Zustimmung zur Petition auch die vorgeschlagenen Maßnahmen mittragen. Öffentliche Unterstützung hat es aber, wie sie angemerkt haben, nur von der SPÖ gegeben.
Gab es schon Feedback von anderen Frauennetzwerken?
Der Frauenrat Salzburg hat um die 90 Mitglieder (Organisationen, Einzelfrauen, Netzwerke etc.). Grundsätzlich war das Feedback sehr positiv und unterstützend – die Petition und die vorgeschlagenen Maßnahmen wurden durchwegs als dringlich und notwendig erachtet. Ähnliche Reaktionen gab es auch beim Österreichischen Frauenring. Alle waren sich einig, dass es dringend an der Zeit war, dass frau* sich zu Geschlechtergerechtigkeit im Hinblick auf diese Krise äußert, Forderungen formuliert und öffentlich macht.
Hier finden Sie weitere Infos zur Petition.