Für die Betriebswirtin, Rechtsund Medienwissenschafterin Nari Kahle ist Mobilität einmenschliches Grundbedürfnis. Als Vordenkerin in diesem Bereich ist sie davon überzeugt, dass Wirtschaftliches und Soziales zusammengeführt werden müssen – und sucht dafür neue Einsatzfelder.
Interview: Daniela Illich
Sie sind „Possibilistin“, das klingt vielversprechend: Was heißt das?
Der Gedanke geht auf Jakob von Uexküll zurück, der den „Right Livelihood Award“ – besser bekannt als „Alternativer Nobelpreis“ – gegründet hat. Er zeichnet Menschen und Initiativen aus, die mit ihren Ansätzen zu einer besseren Welt beitragen. Von Uexküll sagt von sich, er sei kein Optimist, wenn er die Vielzahl der aktuellen ökologischen und sozialen Probleme sehe. Genauso wenig sei er aber auch ein Pessimist. Stattdessen sei er ein Possibilist und als solcher davon überzeugt, realistische Möglichkeiten zu sehen und so Probleme anzugehen und zu lösen.
Was bedeutet für Sie Mobilität und warum ist dieses Thema so spannend?
Kaum ein Wirtschaftsbereich ist für uns als Gesellschaft so verbindend und so unersetzlich. Alle sind auf Mobilität angewiesen. Gleichzeitig befindet sich die Mobilitätsbranche im Wandel: Die Markteintrittsbarrieren sind so niedrig wie nie zuvor, Start-ups stellen die gesamte Branche auf den Kopf. Auch das Thema Nachhaltigkeit wird immer zentraler in unserer Diskussion. Immer häufiger geht es um die Auswirkungen unserer Mobilität auf unsere Umwelt und den Planeten. Es ist gut, dass diese Debatte in der Gesellschaft und
Wirtschaft geführt wird. Ich möchte aber dafür plädieren, dass wir die anderen beiden Seiten der Nachhaltigkeit – sie umfasst neben der ökologischen Seite auch eine soziale und wirtschaftliche – nicht vergessen.
Apropos Mobilitätswandel: Vor 135 Jahren wurde das Auto erfunden – womit bewegen wir uns in 100 Jahren fort?
Zahlreiche Entwicklerteams auf der ganzen Welt arbeiten derzeit an Hyperloop-Lösungen. Sie alle träumen von einem Transport in einer Art Magnetschwebebahn in einem nahezu luftleeren Tunnel mit einer Geschwindigkeit von über 1.000 Kilometern pro Stunde. Distanzen zwischen Metropolen könnten in wenigen Minuten überwunden werden, klimafreundlich und doppelt so schnell wie mit einem Flugzeug. Aber die Infrastruktur ist wahnsinnig teuer, daher ist es nicht klar, ob sich Hyperloop wirklich durchsetzen wird. Auch die Frage der Wahrnehmung und Akzeptanz, in einer solchen Kapsel durch einen Tunnel geschossen zu werden, sollten wir in jedem Falle hinterfragen und nicht einfach voraussetzen. Für realistischer halte ich persönlich daher die Weiterentwicklung unserer digitalisierten Mobilität. Wir alle haben uns bereits daran gewöhnt, mit virtuellen Treffen zurechtzukommen und in Videocalls zu arbeiten. Doch die Bildschirmübertragung hat einen Nachteil: Sie zeigt uns distanziert in einer zweidimensionalen Ausführung. Was fehlt, ist das Gefühl von Nähe und Erreichbarkeit, das entsteht, wenn wir einen Menschen vor uns haben, mit einer anderen Person im gleichen Raum sind. Ein sehr spannendes Entwicklungsfeld ist daher die Übertragung eines digitalen oder physischen Avatars. Ein Avatar ist ein integriertes Robotersystem, das es uns aus der Ferne ermöglicht, physische Umgebungen und andere Menschen überall auf der Welt zu sehen, zu hören, zu berühren und gemeinsam zu interagieren.
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