Im Dezember 2021 belief sich das verwaltete Vermögen globaler börsengehandelter „nachhaltiger“ Fonds, die öffentlich ökologische, soziale und Governance-Anlageziele (ESG) festlegen, auf mehr als 2,7 Billionen US-Dollar. 81 % davon entfielen auf europäische Fonds und 13 % auf US-amerikanische Fonds. Wie ist es den Anleger*innen ergangen? Nicht so gut, wie es scheint.
In einem kürzlich erschienenen Artikel im Journal of Finance analysierten Forscher*innen der University of Chicago die Morningstar-Nachhaltigkeitsbewertungen von mehr als 20.000 Investmentfonds, die über 8 Billionen Dollar an Anleger*innengeldern repräsentieren. Obwohl die Fonds mit dem höchsten Nachhaltigkeitsrating sicherlich mehr Kapital anzogen als die Fonds mit dem niedrigsten Rating, schnitt keiner der Fonds mit dem höchsten Nachhaltigkeitsrating besser ab als die Fonds mit dem niedrigsten Rating. ESG-Fonds schnitten daher in finanzieller Hinsicht schlecht ab.
Nachhaltigkeit wird nicht gelebt
Auch wenn Anleger*innen gerne bereit wären das Ergebnis in Kauf zu nehmen, um im Gegenzug für eine bessere ESG-Performance zu sorgen, scheinen ESG-Fonds auch keine bessere ESG-Performance zu liefern. Forscher*inn der Columbia University und der London School of Economics verglichen die ESG-Bilanz von US-Unternehmen in 147 ESG-Fondsportfolios mit der von US-Unternehmen in 2.428 Nicht-ESG-Portfolios. Sie stellten fest, dass die Unternehmen in den ESG-Portfolios sowohl die Arbeits- als auch die Umweltvorschriften schlechter einhielten. Sie fanden auch heraus, dass Unternehmen, die in ESG-Portfolios aufgenommen wurden, die Einhaltung von Arbeits- oder Umweltvorschriften nicht verbesserten.
Warum schneiden ESG-Fonds so schlecht ab?
Ein Teil der Erklärung könnte darin liegen, dass ein ausdrücklicher Fokus auf ESG überflüssig ist: Auf wettbewerbsorientierten Arbeits- und Produktmärkten sollten Unternehmensmanager*innen, die versuchen, den langfristigen Shareholder Value zu maximieren, von sich aus auf die Interessen von Mitarbeiter*innen, Kund*innen, Gemeinden und Umwelt achten. Auf dieser Grundlage kann die Festlegung von ESG-Zielen die Entscheidungsfindung tatsächlich verzerren. Fonds, die in Unternehmen investieren, die sich öffentlich zu ESG-Grundsätzen bekennen, opfern dadurch unbewusst finanzielle Renditen, ohne viel im Hinblick auf die tatsächliche Förderung von ESG-Interessen zu bewirken.
ESG als Deckmantel für schlechte Geschäftsergebnisse
Es gibt auch einige Hinweise darauf, dass Unternehmen ESG in der Öffentlichkeit als Deckmantel für schlechte Geschäftsergebnisse nutzen. In einer kürzlich erschienenen Arbeit von Ryan Flugum von der University of Northern Iowa und Matthew Souther von der University of South Carolina wurde berichtet, dass Manager*innen, die die Gewinnerwartungen nicht erfüllten, häufig öffentlich über ihren Fokus auf ESG sprachen. Wenn sie jedoch die Gewinnerwartungen übertrafen, gaben sie, wenn überhaupt, nur wenige öffentliche Erklärungen zu ESG ab. Nachhaltige Fondsmanager*innen, die ihre Anlagen auf Unternehmen ausrichten, die sich öffentlich zu ESG-Grundsätzen bekennen, investieren daher möglicherweise zu viel in Unternehmen, die sich in finanzieller Hinsicht nicht so gut entwickeln.
Quelle: Harvard Business Review