Bekannt geworden durch ihre Statusmeldungen auf Social Media und pointierten Texte kann behauptet werden, dass sie im deutschsprachigen Raum bereits Kult-Status erreicht hat. Im Stil schwer einzuordnen lässt sie sich wohl am besten zwischen Wiener Grant und derben Humor verorten. Stefanie Sargnagel ist Autorin, Cartoonistin und feministische Aktivistin aus Wien. Am 20. August erscheint „Sargnagel – Der Film“ auf den Kino Leinwänden. Die erfrischende Mockumentary von Sabine Hiebler und Gerhard Ertl mit und über Stefanie Sargnagel. Im Gespräch mit SHEconomy spricht sie über die Entstehung des Films, die Figur Stefanie Sargnagel und wie es ist als bekannte Literatin nicht nur auf der Bühne sondern nun auch auf der Leinwand zu sehen zu sein.
Kannst du dich mit der Steffi im Film identifizieren?
Also, teilweise. Es ist schon ein Skript geschrieben worden, dass nicht nur auf meinen Sachen basiert, daran habe ich mich schon gehalten. Es gibt viele Ebenen, die mit meinem echten Leben nichts zu tun haben, beispielsweise die Idee, hinter mir steht ein Manager der mir in den Arsch tritt, das ist nicht wirklich der Fall gewesen in den letzten Jahren. Ich würde auch sagen, die Figur ist etwas passiver als im echten Leben.
Man kennt dich als Person und Autorin in Wort und Schrift, plötzlich bist du die Person im Film. Könntest du dir weitere Arbeit im Filmbereich vorstellen?
Ich arbeite nicht darauf hin, aber ich wäre auch nicht komplett dagegen. Es ist schon eine sehr starke Exponierung und ich bin jetzt keine Schauspielerin. Die sind es ja gewohnt, mit ihrem Körper, ihrem Gesicht und allem exponiert zu sein. Ich mag es schon eher, wenn ich Kontrolle über mein Bild hab. Als Autorin ist man ja dann doch nicht so stark exponiert. Mal schauen.
Inwieweit warst du in die Gestaltung des Drehbuchs mit eingebunden?
Ich wurde schon immer nach Feedback gefragt aber ich hab mich im Großen und Ganzen rausgehalten. Das lag aber eher daran, dass ich einfach wenig Erfahrung mit Drehbüchern habe und mir viele Dinge nicht so richtig vorstellen konnte, die ich da gelesen hab. Ich hab das Gefühl, jetzt nach den Dreharbeiten, habe ich schon mehr Gespür dafür und könnte mehr Feedback geben. Ich wurde immer gefragt ob das so passt und ich halt so „puh ja, denke schon, schau ma mal“.
Du hast gesagt, dass du beim Schauspielern im Film genau das getan hast, was du eigentlich immer machst, ist das so?
Ich habe schon das Gefühl gehabt, dass ich da etwas spiele. Ich habe ja Texte gesprochen, die so vorgegeben waren und bin nur selten vom Text stark abgewichen. Das war aber auch gar nicht so gedacht. Beispielsweise hätte man das Ganze ja auch improvisieren können, aber das war weder zeitlich noch finanziell drinnen. Ich würde also schon sagen, dass das ein bisschen was anderes ist. Wenn ich auf der Bühne mit Lesungen bin erzähle ich ja auch sehr viel, auch sehr selbstdarstellerisch.
Der Film wurde ja im Zeitraum August bis September letztes Jahr gedreht. Mitten in der Pandemie also. Wie war das?
Wir wurden halt sehr viel getestet und ansonsten kann ich gar nicht sagen, wie arg die Unterschiede zu anderen Dreharbeiten waren. Ich glaube es gab für die Produktion einige Schwierigkeiten zu bewältigen aber an und für sich ist man in so einer Drehzeit eh vollkommen abgekapselt vom Rest der Welt weil man halt nur auf diesem Set ist jeden Tag. Für mich persönlich war es eher so ein Ausbruch aus der Pandemie. Mit mehr Leuten abhängen als sonst, man konnte manche Dinge tun, die man sonst gar nicht tun kann wie zum Beispiel in Kneipen gehen, im Schmauswaberl wieder rauchen und so.
Im Film gibt es eine spannende Szene – der Rauswurf von einer FPÖ Bierzelt Party. Wie habt ihr das angestellt?
Der Rauswurf an sich war inszeniert. Allerdings haben ein paar FPÖler schon so gefragt „wer seids ihr, für was machts ihr das?“ und es war schon eine komische Stimmung. Es war schwer für die einzuordnen weil wir halt auch ausgeschaut haben wie die anderen Leute und auch Statisten von uns überall rumstanden und wir ja auch nicht gestört haben oder so. Wir sind herumgegangen und haben mitgemacht.
Du bist viel unterwegs, machst auch viel in Deutschland. Verstehen die Leute in Deutschland den typisch Wiener Humor?
Es ist schwer zu sagen, weil zu den Lesungen halt Leute genau wegen diesem Humor zu den Lesungen kommen. Generell glaub ich, dass man es sehr wienerisch einordnet, weil man eben weiß aus Österreich kommen immer Sachen die sind so ein bisserl ärger, ein bisserl fäkaler, ein bisserl inkorrekter und dass man das als traditionell einordnet und die Leute das als sehr wienerisch empfinden, auch mit dem Akzent. Das merke ich generell, dass es eine große Rolle spielt wie ich spreche. Der Wiener Humor ist schon „edgier“ und derber während der deutsche einfach etwas braver ist.
Wie ist die Zusammenarbeit mit der Regie zu Stande gekommen?
Die sind glaub ich 2016 auf mich zugekommen. Damals hatte ich eine gewisse Bekanntheit aber noch viel kleiner als heute und die wollten eine Buchverfilmung machen. Ich hatte damals sofort ja gesagt weil das die erste Anfrage dieser Art war die ich bekommen hatte und dachte mir „ja cool, ich machs“. Damals war es aber noch ein komplett anderes Konzept. Es war wirklich als Spielfilm gedacht der auf meinen Texten basiert aber eine eigene Geschichte hat mit professionellen Schauspielern und so weiter. Aber wie das bei Film eben so ist, muss man sehr lange dran arbeiten. Es ist gar nicht so einfach Förderungen zu bekommen und man muss einfach an einem Projekt lange dran bleiben wenn man das machen will. Das wurde halt immer wieder abgelehnt und dann wurde die Stimmung halt etwas pessimistischer. Es hieß dann „einmal versuchen wir es noch“ mit dem Mockumentary Konzept und dann hat es wirklich geklappt.
Würdest du sagen, Mockumentary war das richtige Konzept für den Film?
Es war das beste Konzept, um es mit (als Hauptdarstellerin, Anm.) zu machen weil ich dadurch halt ein anderes Schauspielern machen konnte das auch zugeschnitten war auf die Idee mit mir.
Hast du das Gefühl, dass du im Film Klischees erfüllst, die dir zugesprochen werden aber die du einfach nicht bist?
Ich habe da schon eine gewisse Distanz zu meiner Figur und natürlich basiert die Handlung auf alten Texten und ich hab mich ja auch ein bisserl gewandelt, meine Themen haben sich geändert und dieses „ewig b’soffene low-life Ding“ entspricht meiner Realität nicht mehr ganz so stark wie noch vor vier Jahren. Aber es ist ok für mich und ich habe auch nicht so das Gefühl, dass ich das jetzt unbedingt noch sein muss.
Siehst du dich selber als Vorbild und wenn ja, für wen?
Ich merke ja schon, wer zu meinen Lesungen kommt und die sagen mir auch Sachen und da geht es oft darum, dass sich Leute denken „ah cool, man sollte sich echt weniger scheissn“ und ein bisschen auf diese Art. Das Ganze ist auch ein bisschen eine Anti-Held*in, eine etwas fertige Figur die eben nicht allen gesellschaftlichen Erwartungen und Normen entspricht. Vielleicht, achten die Leute, die sie sich zum Vorbild nehmen, einfach ein bisschen weniger drauf, was die Leute von einem selber als Frau und den typischen Rollen erwarten. Und sich Sachen nicht gefallen lassen.
Jetzt hast du einen direkten Einblick in den Literatur- und jetzt auch in den Filmbetrieb. Hast du das Gefühl, dass sich Frauen in Kulturbetrieben anders geben beziehungsweise präsentieren müssen als Männer?
Anders geben müssen weiß ich nicht. Es wird einfach mit anderen Maßstäben bewertet. Das glaube ich schon.