Immer mehr Unternehmen scannen Bewerbungen nach bestimmten Keywords. Wer sie in Bewerbungsschreiben und Vorstellungsgesprächen gezielt einsetzt, kann bei den Personalverantwortlichen punkten.
Der erste Eindruck zählt – das gilt nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Kontext. Gerade, wenn es um das Thema Bewerbung geht, ist es entscheidend, wie man sich potenziellen ArbeitgeberInnen präsentiert. Denn große Konzerne erhalten für begehrte Positionen oftmals hunderte Bewerbungsschreiben und sieben schon im ersten Schritt umfassend aus. Dabei wird unter anderem auch auf bestimmte Ausdrücke und Wörter geachtet – die Keywords oder auch Schlüsselwörter.
Digitale Recruiter auf dem Vormarsch. Per Post verschickte Bewerbungsmappen gehören meist der Vergangenheit an, denn immer mehr Unternehmen bestehen, gleich, ob Lehrstelle oder Führungsposition, auf Online-Bewerbungen. Dabei wird zunehmend Software eingesetzt, die mithilfe von Algorithmen Bewerbungen nach Keywords scannt. Wer den sogenannten Applicant Tracking Systems (ATS) nicht entspricht, fliegt, noch ehe Personalverantwortliche die Bewerbung in den Händen gehalten haben, aus dem Bewerbungsprozess. Wer das digitale Recruiting allerdings überstanden hat, ist einen entscheidenden Schritt weiter und landet mit dem Schreiben bei Personalverantwortlichen. Die entscheiden meist in nicht viel mehr als 30 Sekunden, ob die Bewerbung in der Endablage landet oder in die engere Auswahl kommt. Und auch hier wird gezielt nach Keywords gesucht.
Stärken bewusst präsentieren. Sonja Wieser ist Unternehmensberaterin im HR-Bereich und selbstständige JobcoachAustria-Business-Partnerin. Sie hat viele Jahre im Personalwesen gearbeitet und weiß, worauf Unternehmen achten. Die Expertin betont, dass es dabei keine goldene Regel der Top-Schlüsselwörter gibt, da dies immer von der Position, der Branche und der Unternehmensgröße abhängig ist. Ihr Tipp: sich zuerst mit sich selbst zu beschäftigen und sich folgende Frage zu stellen – Wer bin ich? Was kann ich? »Dabei gibt es drei große Bereiche, in denen man sich diese Fragen beantworten sollte. Der erste: Kompetenzen, die ich Unternehmen anbieten kann. Dazu gehören Fach-, Führungs- und Sozialkompetenzen sowie Sprachkenntnisse oder IT-Kenntnisse.« Der zweite Bereich umfasst Erfahrungen in verschiedenen Berufen und Branchen oder Spezialgebieten. Der dritte Bereich ist jener der persönlichen Eigenschaften. Hier sollte man sich fragen, wo die Begabungen liegen und wie man arbeitet. Also etwa, ob man eigenständig, zuverlässig und strukturiert ist und, ob man Kommunikationsgeschick und Organisationstalent zeigt.
Gute Recherche ist entscheidend. Im nächsten Schritt gilt es herauszufinden, welche Keywords beim jeweiligen Unternehmen wichtig sind. Dafür sollte man sich, so der Ratschlag von Sonja Wieser, die Stellenanzeigen und die Homepage des Unternehmens genau durchlesen. Dadurch bekommt man einen Eindruck, auf was das Unternehmen Wert legt. Während im Projektmanagement Keywords wie »Führungsstärke« und »Sozialkompetenz« Standard sind, sind in der Werbebranche »Flexibilität« und »Think Different« – Mentalität gefragt.
Die Unternehmensberaterin empfiehlt außerdem, dass man nach der Phase der Recherche zuerst seinen Bewerbungstext verfasst und erst dann die relevanten Keywords einbaut.
Wichtige Schlüsselwörter sind jene, die das Unternehmen in der Stellenausschreibung, aber auch auf seiner Homepage benutzt.
Indem man sie einbaut, schafft man einen Wiedererkennungswert. Wichtig ist dabei laut Sonja Wieser auch, »dass der Text lesbar, authentisch und stimmig ist und Bewerberinnen und Bewerber sich nicht komplett den Keywords unterwerfen. No-Gos sind Worthülsen und Lügen. Denn spätestens beim Bewerbungsgespräch wird deutlich, wenn sich jemand als eine Persönlichkeit verkauft, die sie oder er nicht ist.«
Die HR-Expertin erklärt außerdem, dass es seitens der Unternehmen immer konkrete Anforderungsprofile für eine Position gibt. Darin wird festgelegt, welche Kompetenzen die BewerberInnen in jedem Fall mitbringen müssen und welche von Vorteil wären. Muss-Kriterien erkennt man im Stelleninserat an Begriffen wie »Sie haben…«, »…, ist erforderlich«. Kann-Kriterien hingegen sind Begriffe wie »wünschenswert«, »ideal« oder »von Vorteil«. Gerade mit den Muss-Kriterien sollte man den Lebenslauf sowie auch das Bewerbungsschreiben abgleichen und darauf achten, dass sie auch vorkommen.
Im Vorstellungsgespräch überzeugen. Nicht nur in Bewerbungsschreiben und Lebenslauf sind Keywords ratsam, auch im Vorstellungsgespräch sollten sie zum Einsatz kommen. Deshalb gilt: Unbedingt gut auf das Gespräch vorbereiten und es immer wieder üben, um die wichtigsten Schlüsselworte einbauen zu können. Das Allerwichtigste: dass man entspannt und selbstsicher in das Gesrpäch geht. Ist dem nicht so, helfen selbst die besten Keywords nichts. Psychologin und Psychotherapeutin Christa Schirl (Foto) sagt, dass es hilfreich ist, ein Bewerbungsgespräch nicht überzubewerten. So soll man sich bewusst machen, dass nicht nur Personalverantwortliche schauen, sondern auch, dass man selbst wissen muss, ob das Unternehmen zu einem passt. »Es ist ein Gespräch auf Augenhöhe, bei dem man kein Bittsteller ist. Man muss sich vergegenwärtigen, dass man etwas einbringen möchte und auch nein sagen kann – das ist oft hilfreich. Abgesehen davon: Unsicherheit darf sein, denn sie macht auch charmant.«