Nach einer sehr erfolgreichen Karriere bei PwC entschloss sich Claudia Stadler dazu, ihre eigene Kanzlei, die cSt causa Steuerberatungs GmbH, aufzubauen. Seither hält sie diese geschickt auf Erfolgskurs. Wir haben mit ihr gesprochen.
Welche Rolle spielen Frauenförderung, Diversität und Empowerment in ihrem täglichen Arbeitsalltag?
Eine immens wichtige Rolle. Einen Fokus in der Frauenförderung sehe ich in meinem beruflichen Alltag darin, meine weiblichen Kolleginnen dabei zu unterstützen sich untereinander zu solidarisieren, gegenseitig auszutauschen und zu vernetzen, um Beruf und Familie leichter unter einen Hut zu bringen. Frauenförderung, Diversität und Empowerment im täglichen Alltag zu leben heißt für mich, dass Frauen durchaus ihre kurzen Röcke anlassen dürfen und sollen und Männer auch mal ein Kuchen Stück an den Schreibtisch geliefert bekommen können, ohne dass dies sofort zum besprochenen Politikum werden muss.
Mein feministisches Fördergut sehe ich darin begründet, mich täglich um eine zwanglose Form des Umgangs zwischen Frauen und Männern zu bemühen, eben tatsächlich gleichberechtigt und gleichwertig.
»Für Frauen sind Kinder oft immer noch ein Karriererisiko«
Wie wirken sich diese Themen dann aus, wenn es zum Beispiel darum geht eine offene Stelle in der Kanzlei zu besetzen?
In der Tat wirkt sich trotz guter Vorsätze und Anläufe dieses Thema in der Besetzung von offenen Stellen immer noch aus. Für Frauen sind Kinder oft immer noch ein Karriererisiko. Das klingt hart ist aber angesichts meiner Erfahrung leider nach wie vor gelebte Realität.
Würden Sie sagen, dass die Steuerberatung immer noch eine männlich dominierte Branche ist?
Die Stellenbeschreibung einer offenen Position in der »Steuerberatung« deutet absolut nicht mehr auf eine männlich dominierte Branche hin. Teilzeit oder Homeoffice sind nur einige Milestones, die es Frauen mehr und mehr ermöglichen, diesen beruflichen Weg einzuschlagen. Bei der Position eines freiberuflichen Steuerberaters mit Mitarbeitern oder in der Partnerliga der Big Four Kanzleien, gibt es allerdings noch ein strukturell bedingtes Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern.
Hat sich das in den vergangenen Jahren verändert? Glauben Sie, dass es Frauen in der Branche heute einfacher haben als zu jener Zeit, in der Sie begonnen haben?
Da hat es in den letzten 15 Jahren ein enormes Umdenken gegeben. Heute ist es gesellschaftlich viel mehr anerkannt als zu meinen Anfängen in den 80er Jahren, dass eine Vollblutmutter auch eine Vollblutarbeitskraft sein kann.
Was sich aber zwischen gestern und heute nicht geändert hat, ist, dass heute als auch damals arbeitende Elternteile, die Karriere mit Familie in Einklang bringen möchten, gute »Helferleins« zu Hause brauchen. Diesen Kompromiss muss man leben, da sehe ich aber im Vergleich zu meiner Zeit, heute ein größeres Problem eine stabile, leidenschaftliche Haushaltshilfe zu bekommen.
»Heute ist es schon viel mehr anerkannt, dass eine Vollblutmutter auch eine Vollblutarbeitskraft sein kann«
Es scheint oft so, als ob man es als Frau in einer Führungsposition niemandem so wirklich recht machen kann – entweder man wird in die Kategorie »typisch Frau« oder in die Kategorie »sie verhält sich ja ohnehin wie ein Mann« gesteckt. Können Sie diesen Eindruck bestätigen?
Das glaube ich schon noch zu erkennen, kann diesbezüglich aber auch meine Artgenosseninnen nicht ganz außen vorlassen. Diese Kritik, in die eine oder andere Richtung, sehe ich schon ein bisschen im Neid begründet und ist genderneutral. Wobei mir der männliche Neid fast lieber ist, denn diesen ortet man recht schnell direkt. Meine weiblichen Kolleginnen machen das subtil und versteckt – bis man da drauf kommt woher der Hase hoppelt, kann es schon passieren, dass man mitten im Sumpf sitzt. Da sind mir Männer ehrlich gesagt lieber, aus meiner Erfahrung.
Nach Ihrer erfolgreichen Tätigkeit bei PwC haben Sie sich für den Weg in die Selbstständigkeit entschieden. Wie haben Sie den Einstieg in die Selbstständigkeit damals empfunden?
Weniger »unabhängig« als ich es mir erwartet hätte. Plötzlich war ich gefühlt abhängig von Lieferanten, speziell von EDV-Dienstleistern, Softwareprovidern, abhängig auch von Mitarbeitern, um das Serviceportfolio gegenüber den Kunden so abzudecken wie ich es gewohnt war. Das administrative »Rundherum«, das man im Gefüge einer Konzernunternehmung als selbstverständlich sieht, unterschätzt man sehr schnell. Abenteuer war und ist es aber allemal und ich würde es wieder so machen, obwohl es steiniger war als erwartet.
Seit Juni 2017 sind Sie auch gerichtlich zertifizierte Mediatorin. Was hat Sie dazu motiviert diesen Weg einzuschlagen?
Das ist mein Danke an den gelungenen Ausstieg von PWC. Mitarbeiter haben mich begleitet, Kunden die nicht referred clients waren durfte ich gegen Gegenleistung erwerben – das schaut im Nachhinein alles smooth aus, war es aber nicht vom ersten Tag an. Dass PWC dies so freundlich aufgefasst hat, mir das ermöglicht wurde, verdanke ich meines Erachtens nach einem klugen Schachzug: Es wurden Mediatoren hinzugezogen, die mein Anliegen, als auch das von PWC in eine Win-win-Situation brachten. Dieses Dankeschön nach zehn Jahren Selbstständigkeit und der Loslösung von meiner alten beruflichen Heimat, war mir ein persönliches Anliegen, gepaart mit den zunehmenden sichtbaren Konflikten bei Familienunternehmen, ja selbst in der eigenen »business family« der cSt.
Welchen Rat möchten Sie jungen Frauen geben, die in (noch) stark männerdominierten Branchen Karriere machen möchten?
Berufliche Erfolge verlangen von Männern und Frauen sehr viel Einsatz. Bei Frauen kommen meiner Erfahrung nach allerdings noch ein paar Hürden hinzu – zum Beispiel dann, wenn es um das Thema Kleidung geht.
Mut, Entscheidungsfreude und vor allem ein leidenschaftlicher Wille Verantwortung mit Hirn und Herz zu übernehmen, sind sicherlich unumstößliche Voraussetzungen. Sich dabei selbst stets treu zu bleiben und den Männern ihr gekonntes Netzwerken ein bisschen abzuschauen, kann ich jungen Frauen, die die Karriereleiter nach oben gehen wollen, nur raten.
Headerfoto © Suzy Stöckl