von Raja Korinek
Der Kampf um Geschlechterparität hat längst die obersten Führungsetagen der globalen Unternehmenslandschaft erreicht. ?Davon profi?tieren auch Anleger?innen. D?enn Unternehmen, die Frauen in den Vorstand holen, schneiden laut Studien an den Börsen oftmals besser ab. Doch wie sehe?ktieren Top-?Fondsmanagerinnen solche A?ktien??
Es sind oft die kleinen Schritte, die größere Veränderungen bewirken. Etwa dann, wenn es um Geschlechtergleichheit in Führungspositionen geht. Im Juni 2021 verabschiedete der Deutsche Bundestag das zweite Führungspositionengesetz. Das erste dieser Gesetze von 2015 umfasst eine Frauenquote in Aufsichtsräten. Nun geht es um Vorstandsposten. Vorgesehen ist, dass börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten – und mehr als drei Vorständen – künftig bei Nachbesetzungen in der Top-Management-Etage sicherstellen müssen, dass mindestens eine Frau im Vorstand vertreten ist.
Vanda Rothacker, Nachhaltigkeitsanalystin bei Union Investment, sagt, „die Frauenquote für Dax-Vorstände hat Signalwirkung. Sie trägt dazu bei, die gesellschaftliche Diskussion und Entwicklung weiter voranzutreiben, auch wenn niemand gerne als ‚Quotenfrau‘ abgestempelt werden möchte“. Rothacker zufolge könne eine gesetzliche Regelung aber nur ein Mittel zum Zweck sein. „Nachhaltiger ist es, wenn Unternehmen aus sich heraus mehr für ihre Diversität tun.“ Dies sei auch im Interesse der Unternehmen. Rothacker verweist auf das Fazit zahlreicher Forschungsergebnisse. „Sie zeigen, dass diverse Unternehmen resilienter und erfolgreicher sind. Zu wenig Diversität kann etwa dazu führen, dass Innovationen nicht in jenem Maße vorangetrieben werden, wie es in gemischten Teams möglich wäre.“
Doch wie sehen solche Forschungsergebnisse aus? Die McKinsey-Studie „Diversity wins: How inclusion matters“ aus dem Vorjahr liefert interessante Einblicke. Für die Studie wurden mehr als 1.000 Unternehmen in 15 Ländern analysiert. Demnach haben Firmen mit hoher Gender-Diversität eine um 25 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel abzuschneiden. Dabei habe Europa bislang größere Fortschritte als etwa die USA gemacht, Frauen zur Gleichberechtigung in der Belegschaft zu verhelfen, ergänzt Sandra Straka, Executive Director bei Goldman Sachs Asset Management.
Verständlich, dass die Fondsbranche ihr Augenmerk auf das Potenzial divers geführter Unternehmen geworfen hat. 2015 wurde der RobecoSAM Global Gender Equality Impact Equities Fonds (LU2145458969) lanciert. Fondsmanagerin Audrey Kaplan selektiert Gesellschaften, die attraktive Bewertungen aufweisen sowie das Thema Gleichberechtigung ernst nehmen. Und bemüht sind, ökologisch zu agieren. Wichtige Unterstützung komme nicht nur von einer wachsenden öffentlichen Wahrnehmung und gesetzlichen Quoten, meint Kaplan. Auch die Vereinten Nationen setzten mit dem Start ihrer 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs oder Social Development Goals) 2015 ein wichtiges Zeichen. Die SDGs sind Leitbild für immer mehr Unternehmen und Investoren, wobei Ziel Nummer 5 das erreichen der Geschlechtergleichstellung umfasst. Besonders fündig wurde Kaplan anhand ihrer Titelselektion zuletzt in der Software- sowie der IT-Dienstleistungssparte, etwa bei Microsoft und Accenture. Auch der deutsche Kosmetikkonzern Estée Lauder zählt zu den größten Positionen. Laut dem „Diversity and Inclusion“-Bericht von Microsoft aus 2020 sind inzwischen 20 Prozent aller Führungspositionen weiblich besetzt. Drei Jahre zuvor waren es knapp über 15 Prozent. Allerdings werden beim US-Tech-Riesen 77 Prozent aller technischen Posten von Männern belegt.
Auch andere Fondsgesellschaften haben das Thema aufgegriffen. 2019 wurde der Nordea 1 – Global Gender Diversity Fund (LU1939214695) ins Leben gerufen. Fondsmanagerin Julie Bech sagt, mit dem Fonds wolle man nicht nur Renditechancen wahrnehmen, sondern auch die Chance nutzen, sich mit Investments gezielt für mehr Gender Diversity einzusetzen. Immerhin zeige solch ein Vorgang Wirkung, betont Bech. Immer öfters reagierten Unternehmen auf den steigenden Investorendruck weltweit und thematisierten Geschlechterparität in ihrer Firmenkultur.
Hohe Bereitschaft, Gender-Gerechtigkeit zu finanzieren
Die Folgen spiegeln sich nicht nur in der Kursentwicklung wider. „Solche Unternehmen erhalten viel eher weiteres Kapital von Investor*innen, und das obendrein zu günstigeren Konditionen“, so Bech. Die Bereitschaft, insbesondere genderdiverse Unternehmen zu finanzieren, wächst. Bech achtet bei ihrer Selektion aber nicht nur auf eine gerechte Postenaufteilung in den obersten Führungsebenen. Die mittlere Ebene sollte ebenso fair aufgeteilt sein. Dabei wird auch die Nordea-Expertin vor allem in den USA und in Europa fündig. „Japan hat in dieser Hinsicht Aufholpotenzial.“ Größte Branchengewichtung entfällt auf den IT-Sektor, gefolgt von der Finanzbranche. Das müssen nicht unbedingt Bankaktien sein. Bech setzte zuletzt auf den US-Finanzdienstleister S&P Global, der den S&P 500 Aktienindex berechnet. Trotz all der Fortschritte gibt es viel zu tun. Zu allem Überfluss sorgte die Corona-Pandemie für Rückschritte, zeigt Jane Ambachtsheer, Global Head of Sustainability bei der BNP Paribas AM auf. Sie sagt, Frauen haben an den Folgen der Pandemie weitaus stärker gelitten als Männer. Schließlich seien es gerade sie gewesen, die beruflich zurücksteckten, um sich der Betreuung von Kindern und älteren Familienmitgliedern zu widmen. „Gender-Gerechtigkeit wird damit auf Jahrzehnte nicht erreicht werden.“
Dieser Artikel stammt aus der aktuellen SHEconomy-Ausgabe. Lust auf mehr? Hier geht es zum Abo-Shop.