Wie der Mensch mit Krisen, Herausforderungen und Veränderungen umgeht? Es wird fleißig philosophiert. Nur getan wird meist sehr wenig. Für all jene, denen reiner Idealismus rund um das Thema »Gender Equality« nicht mehr ausreicht: Wir haben uns – zumindest gedanklich – durch 182 verschiedene Staaten leiten lassen, um Maßnahmen zu entdecken. Und wir sind fündig geworden.
»Hack the Gap« lautete das diesjährige Motto des »WSA Global Congress Vienna 2020« rund um den Weltfrauentag, bei welchem außergewöhnliche Innovationen von Pionier*innen aus diversen UN Staaten ausgezeichnet wurden. Alle Ausgezeichneten haben eines gemeinsam: Sie besitzen außergewöhnlich großes Potenzial, wenn es um die Schließung diverser Lücken in unserer Gesellschaft geht. Der WSA unterstützt unsere Gesellschaft dabei, Herausforderungen unserer Zeit mit digitalen Lösungsansätze zur Umsetzung der UN formulierten SDGs (Sustainable Development Goals) zu bewältigen.
Alles hat ein Ende, nur der Gap hat keins?
Anfang März lud die Erste Group Austria als einer der größten Finanzdienstleister Ost- und Zentraleuropas gemeinsam mit der Stadt Wien den WSA Global Congress in den Erste Campus nach Wien ein. Bundespräsident Alexander Van der Bellen begrüßte via Videobotschaft mit den Worten: »We are here to learn how digital solutions can help to reduce the gaps.« In den folgenden Textabschnitten möchten wir nun einzelne Eindrücke der ertragreichsten und innovativsten Ansätze aufzeigen. Auch ihnen ist vor allem eines gemeinsam: Sie wurden von Vordenker*innen präsentiert, die all die zahlreichen Lücken unseres Systems nicht länger akzeptieren möchten.
Ökosystem für Unternehmerinnen: Lisa Fassl von den Female Founders (Austria)
Ihre Vision? Die Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft. Wie sie das macht? 2016 begann sie ein Ökosystem für Unternehmerinnen aufzubauen, da sie die aktuell bevorstehenden Herausforderungen nur mit einer neuen Art der Führung als bewältigbar erachtet. Weibliche Führungskräfte seien aus ihrer Perspektive gerade deshalb so wertvoll, da ihr Führungstil von Authentizität und Gefühl beeinflusst sei. Und warum macht sie das? »I wanted to give something back. I wanted to help other women to realise that they can have an impact, that they can change something and that they can do whatever they want to do. I want to empower the next generation.«
Keep asking: Nelly Moffett und ihre Organisation »President Taal Project« (France/ Mexiko)
Mit den Worten »From Zero to Tech-Hero« beschrieb sie kurz und knapp ihren Werdegang. Sie selbst hatte zwar nie etwas mit dem Technik-Sektor zu tun, wollte und konnte aber vorherrschende Ungerechtigkeiten in unserer Welt nicht mehr tatenlos akzeptieren. Als sie Blockchain entdeckte, war sie einerseits positiv gestimmt, weil sie in vielerlei Hinsicht Veränderungen versprach, bemerkte auf der anderen Seite allerdings sofort, dass kaum Frauen involviert waren. Wie änderte sie das? Sie bat um Hilfe. Sie kontaktierte Fachleute aus aller Welt, verkaufte ihr Hab und Gut und investierte in ihre neue Organisation »Taal Project«. Damit stärkte sie nicht nur die Sichtbarkeit der Blockchain, sondern brachte auch immer mehr Frauen in den Technik-Sektor. »I remember people from innovation departments telling me, that they cannot help me and that they do not see the point of forcing people into something that is so complicated. Today we have helped hundreds of people from different backgrounds with this amazing technology.« Ihr Geheimnis: Keep asking.
Support a woman and you support an entire community: Monika Fröhler vom Ban-Ki Moon Center for Global Citizens (Austria)
Als CEO des »Ban Ki-Moon Centre for Global Citizens« setzt sich Monika Fröhler besonders für »women empowerment« ein und teilte aus diesem Grund drei wertvolle Fakten mit dem Publikum: Frauen stellen 50% der Menschheit dar, somit ist die halbe Welt weiblich; Frauen neigen vermehrt dazu sich verantwortlich zu fühlen; Frauen re-investieren gut 90 Prozent ihrer Einnahmen zurück in ihre Community. Mit Zeit, Energie und einigen Förderprogrammen konnte sie gemeinsam mit ihrem Team bereits vielen Frauen auf der ganzen Welt helfen. Auch weiterhin wird sie sich darum bemühen eine Art Kettenreaktion auszulösen, um Frauen und damit auch ganze Communities schrittweise zu unterstützen
Schluss mit »financial abuse«: Omri Boral von Tech for Good (Israel)
Das Thema, das sie ansprach, wurde bislang leider kaum eingehender beleuchtet: »Financial abuse can be found in every social economic part of the population«. Was bedeutet »financial abuse/finanzieller Missbrauch« jedoch konkret? Im Vortrag wurde schnell klar, wie viele unterschiedliche Formen es davon gibt. Männer, die das Kapital der Frauen verwalten, haben beispielsweise vielerlei Vorteile in der freien Gestaltung ihres Lebens. Zusätzlich betonte Boral einen von Frauen häufig begangenen Fehler: Sie überlassen finanzielle Themen zu oft dem Mann. Um Muster wie diese überwinden zu können, empfahl sie technische Tools, mithilfe derer finanzieller Missbrauch einerseits identifiziert werden kann, andererseits aber auch ein Ende finden könnte. Digitale Selbstbildungstools sollen global entwickelt und zur Verfügung gestellt werden, um Frauen in ihren Kompetenzen in der autonomen Verwaltung mit Geld zu unterstützen und von Abhängigkeiten zu befreien. Den größten Einfluss zeige diese Herangehensweise vor allem darin, dass Finanzanbieter Frauen endlich als Kunden erkennen würden. Finanzanbieter müssen den Umgang mit einer neuen Kundengruppe sensibilisieren und anpassen. »That would change the financial status of the women globally and empower them to get education, build a career and be able to be on her own«, so die Visionärin.
Raise awareness: Dorothy Gordon, Consultant ICT 4 Development (Ghana)
Laut dem Gender Social Norm Index der UNDP haben weltweit rund 90 Prozent der Frauen und Männer Vorurteile gegenüber Frauen. Es sei eine Frage der Entscheidung und nicht der Kapazität, um Ungleichheiten zu beseitigen. »If we give women choice, we give men choice«, so die Sprecherin. Die Lage der Frau ist in vielen Ländern drastisch. Über 130 Millionen Mädchen sind nicht in Ausbildung. Organisationen wie »Malala Fund« versuchen zwar Unterstützung zu leisten, allerdings müsse es vor allem darum gehen, das Bewusstsein der Gesellschaft zu schärfen. Gordon rief dazu auf, sich einmal klar vor Augen zu führen, wer Content produziere und wer ihn rezipiere. Schnell wurde klar, Männer kreieren und Frauen rezipieren. Um der Abwärtsspirale des »Mensplaining« entkommen zu können und angepassten Content zu erhalten, müssten wie in Schweden vermehrt Frauen als Content Creator tätig werden. Ein Beispiel: Frauen in vielen Staaten Afrikas können häufig Sicherheitswarnungen nicht medial erfahren, weil diese auf Englisch sind. Englisch hätten sie nur erlernen können, wenn Zugang zu Bildung möglich gewesen wäre. Deshalb: Vermehrt Frauen als Content Creator einsetzen, um Bedürfnissen der Frau abdecken zu können. Frau kennt Frau eben besser.
Hier möchten wir erstmal einen Punkt setzen und mit einem Zitat des Autors Guy Kawasakai einen Rahmen zu unseren Entdeckungen zeichnen: »If your purpose in life is to make meaning, you will change the world. And if you change the world, you will make money. But if your soul purpose is to make money, you will not make meaning, you will not change the world, you will not make money and will probably fail.«
Fotos © David Pan