von Sabine Gromer/MagnoliaTree
Laut einer Untersuchung des Becker Friedmann Instituts bei der 10.000 IT-Mitarbeiter:innen befragt wurden, ist ihre Arbeitszeit im Home Office zwar um 30% gestiegen, die Produktivität jedoch um 20% gefallen, weil es mehr Unterbrechungen und virtuelle Meetings gibt und weil es weniger 1:1-Zeit und Coaching-Interaktionen mit direkten Vorgesetzten gibt.
Die Pandemie mag Unternehmer:innen gezeigt haben, dass Telearbeit durchaus ein wirksamer Notfallplan ist, um Produktivität, Geschäftskontinuität und die Erhaltung von Arbeitsplätzen zu gewährleisten. Sie hat uns aber nicht gelehrt, wie die Umstellung auch langfristig erfolgreich sein kann. Virtuelles Arbeiten setzt eine gemeinsame Verantwortung und gemeinsames Engagement von Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen voraus. Das mag in Firmen mit durchdachten und gut geölten Strukturen funktionieren, Unternehmen mit Verbesserungspotenzial in Bezug auf Arbeitsbedingungen und Führungsqualitäten aber, sollten sich vor der Implementierung eines derart fordernden Modells, wie dem Teleworking, intensiv mit der Verbesserungen festgefahrener Mängel auseinandersetzen.
Eines vorweg: In unserer Arbeitswelt wird die Blended oder Hybrid Workforce die Normalität sein und bleiben. Und, wir haben gar nichts gegen dezentralisiertes Arbeiten. Ganz im Gegenteil, wir sind Fans davon. Global gibt es einige hervorragende und erfolgreiche Beispiele von Teams, deren Mitglieder auf der ganzen Welt verteilt sind. Nur können Sie davon ausgehen, dass sich die entsprechenden Unternehmer:innen mit guten und vor allem erprobten Maßnahmen für remote leadership auseinander- und diese auch strategisch umgesetzt haben.
Worauf Sie bei der Umstellung auf digitale Führung achten müssen
Es sind aus unserer Sicht vor allem vier Schlagwörter, denen Sie besondere Beachtung bei der Implementierung von Home Office schenken müssen.
Kommunikation
Die Fähigkeit, Botschaften so zu verbreiten, dass sie bei der Belegschaft Anklang finden, ist aus unserer Sicht das mächtigste Werkzeug im Talentarsenal eines Unternehmens. Wir von MagnoliaTree wissen aus Erfahrung, dass die Kommunikation mit Mitarbeiter:innen meist mehr schlecht als recht läuft. Sie ist untertrainiert und unterbewertet. Dabei wäre es so einfach: Das Management & die Führung müssten nur die Grundlagen kennen und diese auch entsprechend umsetzen: regelmäßige wöchentliche, wenn nicht gar tägliche Check- Ins, die Kamera im digitalen Raum einschalten und nicht nur E-Mails ausschicken oder übers Telefon reden. Sprechen Sie aus dem Herzen und darüber, was Sie wissen und nicht darüber, was Sie nicht wissen.
Kultur
Die Arbeit von zu Hause aus verwischt die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben und stellt eine große Herausforderung dar. Die vielgeforderte Work Life Balance ist gerade unter remote workers in Gefahr. Hier sind Führungskräfte gefragt, die dafür eine Extraportion Unterstützung und Verständnis haben. Eine gestörte Balance zwischen Arbeits- und Berufsleben wird auf kurz oder lang nicht nur zu Lasten der Team-Mitglieder, sondern vor allem dem Unternehmen schaden. Essenziell für das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen ist es, eine Teamkultur zu schaffen, in der gerade im einsamen Arbeitsumfeld des Einzelnen, Gemeinsames und Verbindendes geschaffen werden muss. Für Unternehmer:innen sollte es ganz oben auf der To-Do-Liste stehen, im digitalen Arbeitsraum eine Arbeitskultur gemeinschaftlichen Verständnisses und geteilter Verantwortungen zu kreieren. Vergessen Sie in Remote-Working-Modellen nicht auf den persönlichen, privaten Austausch und stärken Sie das Gemeinschaftsgefühl.
Struktur
Gerade ein Unternehmen, das auf remote working setzt, braucht eine sehr klare und verständliche Struktur, in der sich alle selbständig zurechtfinden, eine gute Aufgabenverteilung und vor allem starke und erreichbare Leader. Durchschnittliche bis schlechte Führungskräfte mögen sich mit ihren Mängeln in klassischen Firmenstrukturen noch halbwegs gut durchmogeln, im virtuellen Management aber werden sie auf Dauer nur schwer durchkommen. Erfahrungsgemäß gibt es mehr schlechte als gute Führungskräfte. 67% aller Mitarbeiter:innen sagen, dass ihre Vorgesetzten ihre größten Demotivierungsfaktoren sind! Setzen Sie sich daher im Vorfeld gut mit möglichen Führungsfehlern in ihrer Unternehmensstruktur auseinander und vermeiden Sie diese konsequent und von Anfang an.
Remote Manager:innen müssen vor allem eines sein: verfügbar. Regelmäßige Teammeetings im virtuellen Raum sind unerlässlich. An diesem Punkt schicken wir Sie wieder zurück zum Schlagwort Kommunikation. Vergessen Sie starre unveränderliche Strukturen und schaffen Sie Platz für eine flexible und reaktive Struktur.
Performance
Last but not least wollen wir auch die Produktivität eines Systems mit remote management ansprechen. Ist es doch das Lieblingsthema aller Unternehmer:innen und Strategieentscheider:innen und der Hauptgrund, warum sie sich pre-Corona gegen den Wunsch von Mitarbeiter:innen im Home Office zu arbeiten gesträubt haben. Nicht von ungefähr, da die Performance einzelner Team-Mitglieder langfristig eine Talfahrt antritt, wenn nicht sämtliche Rahmenbedingungen optimal aufeinander abgestimmt sind. Das Arbeiten von zu Hause aus bringt im Normalfall mehr Ablenkungen mit sich als das Arbeiten im Büro. Ergo sinkt die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter:innen im Vergleich zu denen im Büro deutlich. Hier ist es besonders wichtig, sich um eine Verbesserung des häuslichen Arbeitsumfelds zu kümmern. Mobiliar, Technik, Trainings sind hier die Schlagworte. Um die Performance auf einem Top-Level zu halten, dürfen Sie die Mitarbeiter:innen in diesen Belangen nicht alleine lassen.
Unser Tipp: Bevor Sie sich zu einer gänzlichen Umstellung auf virtuelles Arbeiten hinreißen lassen, überlegen Sie sich ein Modell mit freiwilligem anstatt verpflichtendem remote working. Bieten Sie Mitarbeiter:innen, die von sich aus gerne bei zu Hause arbeiten wollen, eine Möglichkeit dazu, zwingen Sie aber nicht gleich alle zum Auszug aus gewohnten Bürostrukturen. Immerhin arbeitet die zweite Hälfte der eingangs erwähnten befragten Personen lieber im klassischen Bürosetting.