Katharina Mader arbeitet am Institut für Heterodoxe Ökonomie der WU Wien und hat gemeinsam mit einem engagierten Team eine Umfrage zum Thema Home Office in Krisenzeiten durchgeführt. Wir haben uns mit ihr unter anderem auch über die Notwendigkeit einer Zeitverwendungsstudie unterhalten.
Im Zuge der Corona-Krise wurde Home Office zunächst als Tor zu flexibleren Arbeitsweisen gefeiert, dann wieder kritisch hinterfragt, bis man sich schließlich auf bestimmte Umstände einigen konnte, unter denen Home Office Sinn und Spaß macht. Oder eben nicht. Welche der beiden Möglichkeiten zur Realität wird, hat sehr viel mit der Wohnkonstellation zu tun. Sind Kinder im Haus oder in der Wohnung? Hat man einen Partner oder eine Partnerin und wie sieht deren Arbeitsrealität aus? Gemeinsam mit einem Team hat Katharina Mader, die am Institut für Heterodoxe Ökonomie an der WU Wien tätig ist, eine Untersuchung darüber gemacht, welche Erfahrungen Menschen, die während der Krise im Home Office gearbeitet haben, gemacht haben. Die Umfrage zeichnete ein sehr eindeutiges Bild: Von den Frauen mit Kindern unter 15 Jahren gaben 35 Prozent an, schlechter von zu Hause arbeiten zu können. Bei den Männern waren es nur 26 Prozent. Von den Befragten mit Kindern unter 15 Jahren gaben rund 38 Prozent der Frauen an, dass sie im selben Raum Kinder beaufsichtigten, während sie ihren Job erledigten. Bei den Männern waren es nur 19 Prozent.
»Ich denke, eines der wesentlichsten Ergebnisse ist, dass wir – aufgrund der Fortschritte in Richtung Gleichstellung am Arbeitsmarkt – angenommen haben, insgesamt schon viel weiter zu sein und nicht noch immer den traditionellen Rollenbildern und Rollenzuschreibungen anzuhängen. In unseren Ergebnissen zeigt sich eindeutig, dass schon vor der Krise die Zuständigkeit für Haushalt und Kinderbetreuung großteils bei den Frauen lag und sie daher auch in der Krise massiv belastet mit dieser unbezahlten Arbeit waren«, so Mader über die aus der Studie gewonnenen Erkenntnisse. Die Wissenschafterin weist weiters darauf hin, dass es nicht die eigenen Partner im eigenen Haushalt waren, die finden, dass die Hälfte dieser Arbeiten ihnen gehört, sondern es andere Frauen waren, die es Frauen ermöglicht haben in dem Ausmaß erwerbstätig zu sein, wie sie es vor der Krise waren: die Kindergärtnerin, die Lehrerin, die Großmutter, die migrantische Putzfrau, die Babysitterin und viele mehr. »Wollen wir tatsächliche Gleichstellung erreichen, so können wir nicht nur am Arbeitsmarkt ansetzen, wir müssen bei der vorgelagerten unbezahlten Arbeit und deren Umverteilung beginnen. Denn – wenn Frauen weiterhin die Zuschreibung der Zuständigkeit für unbezahlte Arbeiten haben – bedeutet das auch am Arbeitsmarkt einen wesentlichen Wettbewerbsnachteil zu haben, den wir, wenn rein auf Erwerbsarbeit geblickt wird, nicht aufholen können«, erklärt Katharina Mader.
Die Ergebnisse der Studie zeigen außerdem, dass Home Office Vereinbarkeitsprobleme nicht lösen kann, dass Alleinerzieherinnen aber auch Mütter in Paarhaushalten durch diese Krise massiv psychisch belastet waren und sind. »Und dass dieser große Teil unserer Leben massiv ausgeblendet wurde, als Kindergärten und Schulen beispielsweise geschlossen wurden«, fügt Mader noch hinzu. Sie bezweifelt deshalb auch, dass sich in oder aus dieser Krise heraus automatisch etwas in Richtung mehr Gleichstellung tun wird. »Die einzige Chance, die ich in dieser Krise gesehen hätte, ist das Sichtbarmachen: das Sichtbarmachen und Klatschen für die so genannten Systemerhalterinnen und -erhalter, das Sichtbarmachen der unbezahlten Arbeiten die im eigenen Haushalt anfallen etc. Dass all dies jedoch sehr bald wieder verklungen ist, deutet darauf hin, dass es uns als Gesellschaft doch nicht gar so wichtig erscheint. Gleichstellung wird in Krisenzeiten meist als Luxusproblem abgetan, mit dem man sich beschäftigen werde, wenn die Zeiten besser sind, wieder Geld in den Kassen ist.« Wichtig wäre ihrer Meinung nach die Durchführung einer Zeitverwendungsstudie, wie sie bereits im Regierungsprogramm angekündigt wurde und sie auch in den meisten anderen europäischen Ländern bereits Usus ist. »Und bei weitem weniger von (partei-)politischen Goodwill abhängig ist als bei uns«, fügt Katharina Mader noch hinzu. »Sie ist eine der wesentlichsten Grundlagen evidenzbasierte Frauen- und Gleichstellungspolitik machen zu können. Sie nicht durchzuführen, bedeutet für Frauenpolitikerinnen Politik auf Basis von Hören-Sagen zu machen und das erhöht deren Glaubwürdigkeit natürlich nicht. In keinem anderen gesellschaftspolitischen Bereich scheint es so einfach diese evidenzbasierte Grundlage zu streichen.«