Sandra Straka ist Executive Director bei Goldman Sachs Asset Management – und damit Teil eines Unternehmens, das sich Diversität und die Erhöhung des Frauenanteils ganz groß auf die eigenen Fahnen geschrieben hat. Wir haben uns mit ihr über Gender Equality in der Finanzbranche, Diversität und ihren Weg in die Finanzwelt unterhalten.
Welche Rolle spielen die Themen Gender Equality und Diversity bei Goldman Sachs?
Es ist uns deshalb so ein großes Anliegen, Diversität im Unternehmen voranzutreiben, weil wir der Meinung sind, dass ein breites Spektrum an verschiedenen Perspektiven und Erfahrungen sowohl für uns als Unternehmen als auch für unsere Kundinnen und Kunden von Vorteil ist. Dass wir dieses Anliegen auch umsetzen, ist beispielsweise gut daran zu erkennen, dass 2020 das erste Jahr in unserer Geschichte war, in dem wir mehr weibliche als männliche Hochschulabsolventen ins Unternehmen geholt haben. Auch im mittleren Management verfolgen wir klare Ambitionen. Im vergangenen Sommer wurde auf internationaler Ebene unter anderem verkündet, dass wir die Frauenquote bis 2025 auf 40 Prozent anheben möchten. Und unter den 60 Personen, die in diesem Jahr den Partner-Status bei Goldman Sachs erhielten, hat fast die Hälfte einen diversen Hintergrund – und 16 davon sind Frauen. Es ist also gut spürbar, dass sich Gender Equality und Diversität sukzessive durch das ganze Unternehmen ziehen und an Breite gewinnen.
Darüber hinaus hat David Solomon, CEO von Goldman Sachs, zu Beginn des Jahres eine Aussage getätigt, die für sehr viel Aufsehen gesorgt hat. Können Sie dazu noch etwas erzählen?
Weil es uns als Unternehmen sehr wichtig ist, auch Initiativen im Markt zu setzen, hat David Solomon erklärt, dass wir ab Juli 2020 kein amerikanisches und europäisches Unternehmen mehr an die Börse begleiten, das nicht mindestens ein Vorstandsmitglied mit diversem Hintergrund hat. Nächstes Jahr werden wir diese Vorgabe auf zwei erhöhen. Wir wollen aber nicht nur fordern, sondern auch Teil der Lösung sein. Daher unterstützen wir unsere Kunden bei Bedarf auch bei der Kandidatensuche.
»Die Studie hat bestätigt, dass mit der Diversität der Teams auch deren Performance gestiegen ist.«
Sie haben vorhin erwähnt, dass auch die Kundinnen und Kunden von Diversität profitieren. Können Sie das etwas genauer ausführen?
Wir haben erst kürzlich eine Studie herausgebracht, in der wir uns angesehen haben, wie diverse Teams im Portfoliomanagement agieren. Die Studie hat bestätigt, dass mit der Diversität der Teams auch deren Performance gestiegen ist. Die Vorteile von Diversität und Inklusion lassen sich mittlerweile also auch gut messen.
Obwohl es mittlerweile schon einige Studien dieser Art gibt, schaffen es viele Unternehmen trotzdem noch nicht Diversität in ihre Unternehmenskultur zu integrieren. Woran liegt das?
Der Nachholbedarf ist gerade in der Finanz- und Investmentbranche sehr groß. Wir sehen aber bereits Veränderungen im Markt und vor allem die Bereitschaft zur Veränderung, die sehr wichtig ist. Was man trotzdem immer wieder aus dem Markt hört, ist, dass es bei Stellenausschreibungen manchmal kaum Bewerbungen von Frauen gibt.
Was könnten dafür die Gründe sein?
Ich glaube, dass sich Männer neue Herausforderungen einfach viel eher zutrauen. Frauen sind oft abgeschreckt vom Anforderungskatalog, der teilweise bei solchen Ausschreibungen gestellt wird. Deshalb versuche ich so oft wie möglich zu erwähnen, dass man nicht 150 Prozent der Anforderungen erfüllen muss.
»Es sollte selbstverständlich sein ein Depot zu eröffnen oder Aktien- und Anleiheveranlagungen zu tätigen. Da gibt es Informationslücken, die frühzeitig geschlossen werden müssen.«
Es wird immer wieder betont, dass sich Frauen vermehrt mit den Themen Vermögensaufbau und Vorsorge auseinandersetzen sollten. Nehmen Sie hier eine bestimmte Tendenz wahr?
Frauen, die von ihrer beruflichen Perspektive her ohnehin schon selbstbestimmt und erfolgreich sind, setzen sich meistens frühzeitig mit den Themen Vermögensaufbau und Absicherung auseinander. Ich glaube, dass die große Herausforderung darin liegt, in gewissen Lebensphasen einen Zugang zu Finanzthemen zu finden und sich dann im nächsten Schritt auch die Zeit dafür zu nehmen. Ich würde mir wünschen, dass das Thema in Österreich schon viel intensiver im Lehrplan berücksichtigt und der Umgang damit schon für Kinder viel „normaler“ wird. Es sollte selbstverständlich sein ein Depot zu eröffnen oder Aktien- und Anleiheveranlagungen zu tätigen. Da gibt es Informationslücken, die frühzeitig geschlossen werden müssen. Auch wir haben bereits Finanzworkshops für Frauen angeboten und uns in Diskussionsforen mit ihnen über die Chancen und Herausforderungen unterhalten. Dieses Angebot wurde gerne angenommen. Das Interesse ist also da, nur scheitert es oft an der Zeit und am Zugang, weshalb man durch frühzeitige Finanzbildung auf breiterer Basis Zugänge schaffen sollte.
Hatten Sie Ihren Karriereweg so geplant oder war auch Zufall im Spiel?
Als absoluter Kopfmensch gibt es bei mir eigentlich keine Zufälle (lacht). Ich habe mich schon in der Schule sehr für Mathematik interessiert. Außerdem war bei mir der Reiz stark ausgeprägt, etwas zu machen, was nicht ganz alltäglich ist. Darüber hinaus hatte ich immer schon sehr viel Spaß an kommunikativem Austausch und auch daran, komplexen Themen mit einfachen Erklärungen ein Gesicht zu geben.
Was reizt Sie besonders an Ihrem Job?
Am meisten Spaß macht mir die Interaktion mit den Menschen. Das macht meine Tätigkeit jeden Tag anders. Das in Kombination mit den Marktanalysen und dem Austausch mit den Kundinnen und Kunden über Entwicklungen und Anlagemöglichkeiten, macht den Job für mich aus.
Hatten Sie schon einmal das Gefühl, dass Sie sich in Ihrem Berufsfeld in größerem Ausmaß beweisen oder bewähren mussten als Ihre männlichen Kollegen?
Es entspricht der Kultur des Unternehmens, dass sich jede und jeder mit ihrer oder seiner Leistung beweisen muss. Goldman Sachs achtet deshalb auch sehr genau darauf, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich behandelt und auf Basis ihrer Leistungen honoriert werden. Das ist für mich die schönste Kultur, die man sich wünschen kann. Als ich am Anfang meiner Karriere bei Goldman Sachs in das Team in Deutschland gekommen bin, war ich die einzige Frau im Vertrieb. Teilweise hatte ich das Gefühl, dass man mirdaher besonders genau zugehört hat um meine Perspektive auf Themen zu verstehen. Über die Jahre hat sich das dann so entwickelt, dass es bei uns im Team momentan mehr Frauen als Männer gibt.
Was würden Sie jungen Frauen gerne mit auf den Weg geben, die in der Finanz- und Investmentbranche Fuß fassen und Karriere machen möchten?
Mutig sein und sich nicht von Rückschlägen entmutigen lassen. Außerdem halte ich es für unglaublich wichtig aktiv zu kommunizieren und an Menschen heranzutreten. Wir haben beispielsweise intern die Regel aufgestellt, dass man als Teilnehmerin oder Teilnehmer eines Meetings mindestens eine Frage stellen muss oder einen Wortbeitrag macht. Um einen wirklichen Austausch von Meinungen und Ideen zu schaffen und nicht nur passiv dabei zu sein. Man sollte außerdem gezielt über die eigenen Erfolge auch sprechen und sich nicht nur zu denken, dass die gute Arbeit die man macht schon gesehen wird. Abschließend: MentorInnen suchen und Netzwerke aufbauen!