Neulich in den Schlagzeilen: „Beschimpft, begrapscht, bedroht – Spitzenmanagerin vor Gericht“. Schwerwiegende Vorwürfe gegen die 62-jährige CEO eines Konzerns. Ein Mitarbeiter wirft seiner ehemaligen Arbeitgeberin vor, von ihr „beschimpft und bedroht“ worden zu sein, nachdem er nicht auf ihre Avancen eingehen wollte.
Der 32-Jährige hatte sich innerhalb weniger Jahre vom Monteur zum Abteilungsleiter und schließlich zum Head of Technical Operations hochgearbeitet. Nach dem Abgang eines älteren Vorgesetzten wollte er sich für den nächsten Karrieresprung in Stellung bringen. Womit der junge Mann nicht rechnete, war die plötzliche Aufmerksamkeit seitens der Konzernchefin: Um weitere Vorgehensweisen zu besprechen, lud sie ihn zum Abendessen ein oder zu Besprechungen in ihrem Büro, wenn die Mehrheit der Belegschaft bereits gegangen war. Dabei kam es von ihrer Seite immer wieder zu Berührungen an seinen Hüften und Oberschenkeln. Je weiter die Gespräche fortgeschritten waren, desto öfter verabschiedete sie ihn mit einem Klaps auf dem Po. Kaum zu Hause angekommen, erreichten ihn SMS mit Botschaften wie „Du bist mein Superstar!“ oder „Denke an Dich – wir haben noch viel gemeinsam vor!“, garniert mit Kussmund-, Umarmungs- oder Herzchen-Emojis.
Durch die zunehmenden Avancen der Chefin, die altersmäßig seine Mutter sein hätte können, fühlte sich der Mann derart unter Druck gesetzt, dass er seine Arbeit nur mehr mangelhaft erledigte. Auch daheim nahmen die Probleme zu, weil ihm seine Partnerin, aufgrund seines veränderten Verhaltens, ein „Gspusi in der Firma“ vorwarf. Schließlich verlor der Mann seinen Job und reichte beim Arbeitsgericht Klage ein.
Kein Einzelfall. Immer wieder liest man von älteren Unternehmerinnen und Spitzenmanagerinnen, die engagierten, deutlich jüngeren Mitarbeitern an die Wäsche wollen und sie mit eindeutigen Botschaften vor die Wahl stellen: Karriere gibt’s gegen Sex oder du suchst dir deine Zukunft anderswo. Nicht umsonst kam es vor vier Jahren zur weltweiten #metoo-Bewegung, bei der Hunderttausende von belästigten oder missbrauchten Männern auf die Straßen zogen und ihre leidvollen Erfahrungen publizierten.
Halt, alles falsch???
Und wie!
Frauen haben nämlich kaum die Macht, dass sie ihre männlichen Mitarbeiter derart unter Druck setzen könnten, wie dies tagtäglich tausendfach umgekehrt passiert (selbst im modernen Europa ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen beschämend niedrig). Ganz abgesehen davon, dass Frauen von ihrer Konstitution her, nur selten in der Lage wären, die bedrohlichste Form der Machtvermittlung – nämlich die sexualisierte – auszuüben.
Diese Missstände sind nicht leicht zu beseitigen trotz vorhandener Gesetze, die zweifellos einiges abfedern. Sicher spielt sich auch manches im Graubereich ab, und Grenzüberschreitungen werden tatsächlich oft unterschiedlich wahrgenommen, was an den immer noch stark tradierten Erziehungsbildern und Rollenmustern liegt. Schlimm genug.
Aber es gibt ihn, DEN effektvollen Weg zur Veränderung. Er liegt im Kulturwandel. Er geht nicht von heute auf morgen – jedoch mit Einführung einer allgemein verordneten Quote, einer gesetzlich verankerten Gender-Equality-Regelung, ist er nicht aufzuhalten. Denn der gesellschaftliche Spirit ändert sich automatisch, sobald Macht in Organisationen und Unternehmen, an Frauen gleichermaßen verteilt werden MUSS wie an Männer. Wenn weibliche Stimmen genauso viel zählen und Frauen genauso an Entscheidungen beteiligt sind.
Nicht, dass es in so einer Welt keine Machtkämpfe mehr gäbe. Allerdings würden sich diese dann auf strategischer Ebene abspielen und nicht auf körperlicher. Damit wäre eine zentrale Stufe der Chancengleichheit erreicht.