Das Unternehmen Electrochaea etwa wandelt CO2 mit Hilfe von Mikroorganismen in klimaneutrales Gas um und könnte im Kampf gegen den Klimawandel eine Alternative zum fossilen Energieträger bieten.
Als promovierte Mikrobiologin ist es Doris Hafenbradl eigentlich gewohnt, schnelle Ergebnisse zu sehen. Doch als CTO des Cleantech-Unternehmens Electrochaea muss sie sich seit ihrem Start im Unternehmen vor sieben Jahren vor allem in Geduld üben. Hafenbradl ist spezialisiert auf Archaeen – Mikroorganismen, die es zwar schon seit Milliarden von Jahren gibt, deren Stoffwechsel-Eigenschaften nun jedoch ganz neu in den Fokus rücken. Denn: Mit ihrer Hilfe ist es möglich, CO2 in klimaneutrales Gas umzuwandeln – beispielsweise emittiert aus Fabriken oder Klärwerken. Die Archaeen fungieren dabei als Bioreaktoren. „Die Hauptanwendung für unser Produkt sehen wir im Ersatz von fossilem Gas für Industrie, Wärme, Haushalte und als Kraftstoff.“ Auch eine Speicherung der Energie ist möglich, dieser Ansatz heißt „Power to Gas“.
Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen und der hohen Abhängigkeit von Erdgas speziell in Deutschland schauen Investor*innen und Politik nun genau auf das Unternehmen, das auch in den USA, Dänemark und der Schweiz mit Pilotan- lagen gestartet ist. Allerdings wird für die Umwand- lung viel Strom gebraucht. Speziell in Deutschland sind die aktuellen Strompreise zu hoch, um eine kommerzielle Anlage zu betreiben. „Es fehlt die gesetzlich geregelte Anerkennung der erneuerbaren Produkte“, erklärt Hafenbradl. Umso wichtiger sind Leuchtturmprojekte, wie sie beispielsweise von Electrochaea im bayerischen Pfaffenhofen ab 2023 geplant sind.
Der lange Atem, den Doris Hafenbradl und ihr Team bislang schon bewiesen haben, scheint sich zu lohnen. „Wir begegnen immer mehr Pionier*innen und Visionär*innen, etwa aus Stadtwerken, die verstanden haben, dass etwas getan werden muss.“ Auch Investor*innen sind dabei. „Es haben sich sehr viele Türen geöffnet“, sagt Hafenbradl, die gleichzeitig mahnt: „Wir müssen erneuerbares Gas als Teil der Energiewende sehen. Es ist noch nicht bekannt genug, dass Privatpersonen heute schon Biogas statt Erdgas kaufen können und sie auswählen können, welches Gas sie möchten.“ Die bestehenden Infrastrukturen können nach ihrer Aussage mit dem ent- stehenden Methan arbeiten. Abwarten und langes Abwägen sei keine Option. „Es muss jetzt darum gehen, vorhandene Technologien konsequent zu nutzen und voranzutreiben, um erneuerbares Gas herzustellen“, sagt die CTO. „Wir müssen dahin kommen, dass wir alle Bio-Abfälle umwandeln und alle CO2-Quellen nutzen, wie etwa Zement- oder Bio-Ethanol-Anlagen. So könnten hunderttausende Tonnen CO2 in erneuerbares Methan umgewandelt und ein beträchtlicher Anteil des fossilen Gases ersetzt werden.“
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