Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, über Digitalsierungs-Impulse für die heimischen KMUs, den sich schleppenden Frauenanteil in IT-Berufen und ihre persönliche Einstellung zur Tracing-App.
Interview: Michaela Ernst und Carina Felzmann
Wie weit wurden Österreichs Betriebe in ihren Digitalisierungsmaßnahmen durch den finanziellen Engpass, den Corona ausgelöst hat, zurückgeworfen?
Die Corona-Krise hat in vielen Klein- und Mittelbetrieben sowie in großen Leitbetrieben einen wahren Digitalisierungsschub ausgelöst. Laut dem Institut für Höhere Studien haben viele KMUs die Chancen der Digitalisierung vor der Krise unzureichend genützt. Die Corona-Krise war nun für viele ein Weckruf, künftig auch stärker auf digitale Geschäftsmodelle zu setzen. Beispielsweise gibt es nun einige Unternehmen, die erstmals im E-Commerce tätig sind. Viele Unternehmen haben ihre Arbeit vom Büro ins Home-Office verlagert oder statt Besprechungen im Sitzungssaal auf Videokonferenzen gesetzt. In der Krise ist bei vielen ein Bewusstsein dafür entstanden, dass man in Zukunft verstärkt auf digitale Geschäftsmodelle oder digitale Lösungen setzen muss. Mein Ziel ist es unsere Betriebe dabei zu unterstützen, dass sie diesen Schritt in Richtung Digitalisierung wagen und nicht vor den großen Digitalkonzernen in die Knie gehen.
Inwiefern hat der Lockdown, die Digitalisierung gefördert?
Corona hat uns in die digitale Zukunft gebeamt. Vor der Krise wurde oft jahrelang darüber diskutiert, was alles digital nicht geht – und plötzlich, von einem Tag auf den nächsten haben wir unser Leben komplett umgestellt. Home-Office und Videokonferenzen, E-Commerce und Online-Shops, neue digitale Produkte und neue digitale Geschäftsmodelle: Das ist auch bei uns in kurzer Zeit zur Realität geworden und entwickelt sich dynamisch. Home-Schooling oder die Telemedizin wurden Teil unseres Alltags und helfen uns, das Bildungs- und Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten. Vorher hat man Monate und Jahre darüber diskutiert, was alles digital nicht geht und nicht sein darf, jetzt ist es einfach so. Vor ein paar Wochen wäre das undenkbar gewesen.
Österreich hat in den letzten Jahren sehr viel unternommen zur Förderung von Frauen (und Mädchen) in Sachen technischer und digitaler Weiterbildung. Was haben diese Maßnahmen gebracht und sind sie aus Ihrer Sicht ausreichend?
Es ist mir ein großes Anliegen, mehr Frauen und vor allem Mädchen für technische Berufe zu begeistern. Es gibt viel zu lernen, denn die Technik und die Digitalisierung bietet viele coole Berufe! Gerade in männerdominierten Branchen spielt beispielsweise die Lehre eine große Rolle, und Männer wählen auch deutlich häufiger diesen Ausbildungsweg. Der Frauenanteil unter den Lehrlingen liegt bei rund einem Drittel. Die geringsten Anteile an weiblichen Lehrlingen finden sich u.a. in Lehrberufen im Bereich IT. Hier zeigt die Entwicklung, dass die geschlechtsspezifische Segregation am Lehrstellenmarkt zwar fortbesteht, aber Frauen langsam in männliche Domänen vordringen. Ich würde sagen, wir haben noch einen Weg vor uns, aber wir sind auf dem Weg in die richtige Richtung.
In welchen Bereichen der Digitalisierung könnte Österreich in den nächsten Jahren eine führende Rolle Europas einnehmen? Warum und wie realistisch ist dieses Ziel?
Mir ist es wichtig, dass wir in allen Bereichen Fortschritte machen. Österreich zählt bereits im Bereich E-Government zu den europäischen Vorreitern. Nur Malta und Estland sind im Bereich der digitalen Verwaltung besser als Österreich. Unser Ziel ist es hier noch besser zu werden und das digitale Amt für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Unternehmen auszubauen.
Wo sehen Sie die Chancen in dieser Krise?
In der Krise haben wir gesehen, was plötzlich alles möglich ist. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch in Zukunft vermehrt auf digitale Lösungen setzen werden.