Die Arbeitswelt verändert sich. Immer mehr Menschen wollen keinen Vollzeitjob mehr ausüben. Das Wiener Startup JobTwins gründete daher eine Karriereplattform, auf der Teilzeit-Arbeitende und Jobsharing-Interessierte mit anderen Arbeitssuchenden und Unternehmen zusammengebracht werden. Das erklärte Ziel: Teilzeitarbeit auf ein neues Level heben und die Arbeitswelt diverser gestalten.
Die Zahl jener Menschen, die nicht mehr Vollzeit arbeiten möchten, wächst in ganz Europa und beeinflusst die Arbeitsmärkte. Im DACH Raum arbeiten rund 60 Prozent aller Frauen in Teilzeit. Doch es sind längst nicht mehr nur Eltern, die Teilzeit-Modelle in Anspruch nehmen. Der Trend erstreckt sich über alle Geschlechter und Altersgruppen. Nicht nur bei den jüngeren, sondern auch bei den älteren Generationen hat seit Beginn der Pandemie ein Umdenken stattgefunden. Viele Menschen kündigen ihren Job, weil sie sich nach besseren Arbeitsbedingungen, flexibleren Arbeitszeiten und erfüllenden Tätigkeiten sehnen. Es findet ein Wechsel vom Arbeitgeber- hin zum Arbeitnehmermarkt statt.
Arbeitgeber:innen müssen sich daher rechtzeitig positionieren, wissen die Gründerinnen des Startups JobTwins, Katharina Miller und Sigrid Uray-Esterer. Sie sehen die Lösung für aktuelle Herausforderung, wie Fachkräftemangel und Arbeitszeitflexibilisierung, im Jobsharing: „In dem wir Teilzeit auf ein neues Level heben, geben wir einer Vielzahl von Menschen neue Möglichkeiten und Chancen für ihre jeweiligen Lebensphasen. Das ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben, zahlt aber vor allem langfristig in die Gesellschaft ein“, sagt Katharina Miller, Gründerin und Geschäftsführerin von JobTwins.
„Wie ‚Parship‘, nur fürs business“
Das Wiener Startup ist eine Karriereplattform für Arbeitssuchende in Teilzeit sowie eine „Jobsharing Matching Plattform“. „Wie ‚Parship‘ nur fürs business“, beschreiben die Gründerinnen ihr Konzept. Ein drei-stufiger Algorithmus bringt User:innen, die jeweils auf der Suche nach einer Teilzeit-Beschäftigung sind, in Paare zusammen. Gemeinsam können sie sich anschließend auf Vollzeit-Stellen bewerben. Für Bewerber:innen bringe dies die oft gewünschten Gestaltungsvorteile. Die Gründerinnen betonen jedoch auch, welche Chancen Jobsharing für Arbeitgeber:innen birgt: Die „Stärken und Schwächen einer Person auf einem wichtigen Arbeitsplatz werden diversifiziert“, so könnten „mehr Kompetenz und mehr Arbeitskraft an einem Arbeitsplatz geschaffen“ werden, erklären die Gründerinnen. Auch volkswirtschaftlich bringe Jobsharing langfristig Vorteile: „Gerade auf gut bezahlten Arbeitsplätzen ist nicht nur die Aufteilung von Verantwortung und Arbeit, sondern auch die Aufteilung der Entlohnung ein Faktor, der stark positive Auswirkungen für das Gesamtsystem hat“, so das Gründerinnen-Duo.
Dennoch werden die meisten höher qualifizierten Jobs bisher ausschließlich als Vollzeit-Position angeboten. Oft dauert es Monate, bis eine Position besetzt ist. „Jobsharing ist gelebtes ‚New Work‘ und eine der vielversprechendsten Optionen, wie die Arbeitswelt von morgen aussieht“, erklären Uray-Esterer und Miller. Das Startup, das seit März 2020 auf dem Markt ist, erhielt vor kurzem eine Förderung der aws (Austrian Wirtschaftsservice GmbH), ein sechs-stelliger Betrag. „Wir wollen mit der Förderung den Ausbau und die Weiterentwicklung unserer Plattform finanzieren“, sagt Katharina Miller. Das Ziel des Startups ist, eine digitale Lösung für „die großen Fragen am Arbeitsmarkt“ zu bieten und die Einführung von New Work zu unterstützen. Dazu gehört auch, zu verstehen, dass berufliche Weiterentwicklung nicht an den zur Verfügung stehenden Stunden gemessen werden sollte, sagt Miller. Ihre Co-Founderin Sigrid Uray-Esterer hat es sich auch mit ihrem Podcast „Der große Teilzeitkarrieretalk“ zur Aufgabe gemacht, dass Teilzeitarbeit positiver wahrgenommen wird. „Durch Role Models will ich aufzeigen, dass eine anspruchsvolle berufliche Laufbahn auch in weniger als ‚Vollzeit Plus‘ möglich ist“, sagt sie.