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Startup der Woche: ProFem

Bei ProFem dreht sich alles um die weibliche Gesundheit. Das Pharma-Startup entwickelt Medikamente für Erkrankungen, die hauptsächlich Frauen betreffen und häufig als Tabu-Thema gelten – zu unrecht. Die ProFem-Gründerin Marion Noe-Letschnig im Interview. 

Worum geht es in Ihrem Startup und welches Problem lösen Sie damit?

Im Bereich Gynäkologie gibt es etliche Erkrankungen, für die es keine zufriedenstellende medikamentöse Therapie gibt. Ein wichtiger Grund dafür ist vermutlich, dass es generell in der Bevölkerung aufgrund der Tabuisierung dieser Leiden ein mangelndes Problembewusstsein gibt.

ProFem hat sich daher zum Ziel gesetzt, innovative Medikamente für Erkrankungen zu entwickeln, die ausschließlich oder vorwiegend Frauen betreffen und die typischerweise auch mit einem sehr hohen Leidensdruck bei den Betroffenen verbunden sind. Das am weitesten fortgeschrittene Projekt verfolgt die Entwicklung eines Medikaments zur Behandlung chronisch verlaufender vaginaler Pilzinfektionen, ein Problem, das ca. 150 Millionen Frauen weltweit betrifft.

Das Thema Scheidenpilz ist in der Gesellschaft leider immer noch ein Tabu-Thema, zudem betrifft es nur die weibliche Gesundheit. Wie schwierig – oder einfach – ist es, Investorinnen für Ihr Projekt gegen chronischen Scheidenpilz zu gewinnen? Merken Sie hier einen Zusammenhang?

Es ist sicher nicht die einfachste Übung, für dieses Thema Begeisterung zu erzeugen. Zunächst wird bei Investments Pharma ganz allgemein aufgrund der langen Entwicklungszeiten und des meist hohen Entwicklungsrisikos bei einem Einstieg in einer frühen Phase des Projektes als schwieriges Gebiet wahrgenommen – an sich durchaus zu Recht. Darüber hinaus haftet der Gynäkologie auch noch der Ruf an, dass es „damit nichts zu verdienen gibt“ – dies hingegen völlig zu Unrecht. In den klassischen, von Männern dominierten Investorenzirkeln mussten wir uns überdies – auf einer emotionalen Ebene – sehr genau überlegen, wie man sich dem Thema nähert.  Auf der anderen Seite war das Thema bei öffentlichen Förderprogrammen sicherlich kein Nachteil, und wir waren sehr erfolgreich bei der Einwerbung von Fördermitteln. Das hat dann auch bei der Gewinnung von Investorinnen und Investoren geholfen.

Was ist derzeit die größte Herausforderung für Ihr Projekt?

Unser Projekt befindet sich aktuell in der finalen Phase 3 der klinischen Studien. Durch die COVID-19 Pandemie  und die damit verbundenen Maßnahmen hat sich nun  diese Projektphase deutlich verzögert – im Endeffekt hat sich die ursprünglich vorgesehene Studiendauer mehr als verdoppelt. Deswegen sind auch die Kosten erheblich gestiegen. Aus diesem Grund starten wir eine zusätzliche Finanzierungsrunde, um die Studiendurchführung finanziell abzusichern und bei den Verhandlungen zur Auslizenzierung des Projektes einen breiteren Spielraum zu haben.

Wie sind Sie mit der Entwicklung Ihres Unternehmens zufrieden?

Je weiter wir kommen, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass wir etwas wirklich Großes erreichen werden. Inhaltlich bin ich enorm zufrieden, weil ich sehe, dass alle bisherigen Studienergebnisse unsere ursprünglichen Erwartungen voll und ganz erfüllen. Was die wirtschaftliche Seite betrifft, wäre es – im Nachhinein gesehen – sicher von Vorteil gewesen, wenn wir dem Thema Marketing bereits von Anfang an mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätten.

Wo soll die Reise noch hingehen?

Sobald das erste Projekt erfolgreich lanciert ist und es uns im Idealfall auch gelungen ist, in einer überschaubaren Region für dieses selbst die Vermarktung zu übernehmen, soll das Unternehmen mit den vorgesehenen Folgeprojekten ein Produktportfolio entwickeln, das ProFem zu einer fixen Größe auf dem Gebiet der Gynäkologie macht.

Welche drei Eigenschaften helfen Ihrem Unternehmen dabei, erfolgreich zu sein?

Ein außergewöhnliches wissenschaftliches Grundkonzept, unsere absolute Überzeugung betreffend die Wichtigkeit des Themas und persönlich nicht zuletzt auch Durchhaltevermögen.

Welches Klischee rund um Frauen als Gründerinnen können Sie nicht mehr hören?

Dass Frauen angeblich  das Denken in grossen Zusammenhängen nicht beherrschen.

Haben Sie das Gefühl, dass sich weibliche Gründerinnen oft doppelt oder dreifach anstrengen müssen?

Ich habe mir – ehrlich gesagt – darüber noch nie wirklich den Kopf zerbrochen. Es ist grundsätzlich nicht leicht, einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen, Möglichkeiten des Scheiterns gibt es viele und ganz geschlechtsunabhängig. In unserem speziellen Fall habe ich allfällige Schwierigkeiten immer eher auf das Thema und nicht so sehr auf mich als weibliche Gründerin zurückgeführt.

Gibt es eine Entrepreneurin die Sie als Vorbild sehen würden?

Mein großes Vorbild war immer meine Großtante. Zuerst war sie die Chefin einer – sehr gut gehenden Bäckerei/Konditorei – in Großberlin. Nach dem Kriegsende lag diese dann in Ostberlin. Da sie sich mit dem Kommunismus nicht anfreunden konnte, bereitete sie schließlich über Monate die Flucht nach dem Westen vor – die sie zwei Wochen bevor die Mauer kam, einer Eingebung folgend, auch umsetzte. Obwohl sie damals schon 53 Jahre alt war und praktisch mit Nichts im Westen ankam, baute sie dort gemeinsam mit ihrem Mann noch ein Hotel und eine weithin bekannte Konditorei in Sylt auf. Von ihr habe ich vieles gehört und gesehen, was entscheidend dazu beigetragen hat, dass ich immer schon als selbstständige Unternehmerin etwas bewegen wollte.

Was wären Ihrer Meinung nach die nächsten wichtigen Schritte in Richtung Gender Equality?

Aus heutiger Sicht finde ich es manchmal unglaublich, wie die Situation auch hier in Mitteleuropa noch in den 1970er Jahren war. Seither ist sicher schon sehr viel geschehen, dennoch kommen immer wieder neue Themen in die öffentliche Diskussion. Ein Dauerbrenner ist aus meiner Sicht allerdings das Thema Kinderbetreuung. Ich selbst habe fünf Töchter und denke, dass ein wesentlicher Schlüssel für eine Gleichstellung der Geschlechter darin liegt, dass eine Frau sich nicht zwischen Beruf und Familie entscheiden muss. Frauen geraten durch die Zeiten, in denen sie wegen der Kinder pausieren, automatisch in den Nachteil gegenüber gleichaltrigen Männern. Aus meiner Sicht ist daher ein extrem wichtiger Faktor die Sicherstellung einer guten Kinderbetreuung. Gleichzeitig sollten Zeiten, die für Kindererziehung aufzuwenden sind, in der Karrierebewertung von Frauen wahrgenommen und aufgerechnet werden. Ich selbst habe dieses Problem für mich dadurch gelöst, dass ich in die Selbstständigkeit gegangen bin, aber das geht nicht in jedem Fall. Ein weiterer Aspekt, der inzwischen in seiner Bedeutung zwar schon stark wahrgenommen wird, aber sicherlich noch ausbaufähig wäre, ist die (berufliche) Vernetzung. Hier braucht es für Frauen vielleicht auch noch eine etwas intensivierte Bewusstseinsbildung.

Fotomaterial© Markus Rist

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