StartBusinessUnternehmerinnen aus Leidenschaft

Unternehmerinnen aus Leidenschaft

von Daniela Illich

Persönliche Kontakte und der intensive Austausch unter gleichgesinnten Frauen sind die Grundpfeiler des VdU. Sein Ziel: Weibliches Unternehmertum zu fördern. Wir haben mit der Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen, Jasmin Arbabian-Vogel, gesprochen und sie gefragt, wie sie nach den pandemiebedingten Hürdenläufen der vergangenen Monate das neue „Normal“ definiert und wie man Frauen nachhaltig unterstützt.

Der VdU vereint Unternehmerinnen unterschiedlicher Branchen: Wie fördern Sie Ihre Mitglieder?

Unser lebendiges Netzwerk und der generations- und branchenübergreifende Austausch unter Frauen mit ähnlichen unternehmerischen Herausforderungen sind das Herz des VdU. Wir setzen uns für die Stärkung weiblichen Unternehmertums, die Förderung von Frauen in Führungspositionen und für bessere Bedingungen für Frauen in der Wirtschaft ein. Aktiv beteiligen können sich die Mitglieder etwa in unseren Kommissionen (Wirtschaft, International und MINT). Wir fördern den Wissenstransfer untereinander durch „VdU virtuell” und bieten Fortbildungsangebote wie das „Moody’s Bootcamp“. Als exklusiver Zertifizierungspartner von WEConnect International ebnen wir Unternehmerinnen den Weg zu den Einkaufsabteilungen großer Konzerne.

Wo stecken Sie ganz besonders Ihr Herzblut hinein?

Unternehmertum ist ein vielseitiger Beruf, der Freiheiten, Innovations- und Gestaltungsmöglichkeiten bietet und gleichzeitig die Chance, Verantwortung zu übernehmen. Mir ist es wichtig, Frauen die Vorteile der Selbstständigkeit aufzuzeigen und sie dafür zu begeistern. Neben meinem Engagement im VdU mache ich dies zum Beispiel, indem ich Praktika in meinen Unternehmen anbiete oder mich beim „Girl’s Day“ engagiere. Zudem ist es mir wichtig, die grundsätzlich soziale und politische Beteiligung von Jugendlichen zu stärken und mich für ein offenes, multikulturelles Land einzusetzen.

Wer mit Leidenschaft arbeitet, schafft Nachhaltiges: Wie weckt man die weibliche Leidenschaft für Berufe, die hauptsächlich männlich dominiert sind?

Gerade im MINT-Bereich müssen weibliche Vorbilder aufgezeigt und Frauen in MINT-Berufen für junge Frauen sichtbarer gemacht werden. Zudem braucht es spezielle Angebote für Mädchen zu Coding, MINT und Digitalisierung bereits in Kindergärten und Grundschulen und eine Berufsorientierung inklusive individueller Mentorings, um junge Frauen zu stärken, tradierte Berufsbilder in Frage zu stellen und zum Beispiel den Eintritt in MINT- und IT-Berufsfelder anzustreben.

Das vergangene Jahr hat deutlich gemacht, dass Arbeit neu gedacht werden muss: Wie definieren Sie das neue „Normal“?

Es bedeutet vor allem hybrides, digitales und kollaboratives Arbeiten, sowohl in den Unternehmen als auch in der Verbandsarbeit. Und auch wenn wir schon vor Corona oftmals sehr flexible Arbeitszeit und individuelle Teilzeitmodelle für Mitarbeitende angeboten haben, hat sich dies pandemiebedingt noch weiter verstärkt.

Was sind für Sie die Learnings der letzten Monate?

Die Krise hat Lücken in der Gleichstellung und bei der Beachtung der Belange von Selbstständigen sichtbarer gemacht, die es auch vorher schon gab. Nun ist es an der Zeit, strukturelle Hürden abzubauen. Dazu gehören beispielsweise der flächendeckende Ausbau von ganztägigen Betreuungsangeboten auch in den Randzeiten und Anreize für Frauen, unternehmerisch tätig zu werden. Oder die stärkere Berücksichtigung von Selbstständigen und KMU sowie ein besserer Zugang zu Kapital für Gründerinnen und Unternehmerinnen.

Wo liegen die Chancen und Herausforderungen für KMU?

Viele KMU sind eher in ländlichen Regionen angesiedelt. Dadurch gibt es zwei große Herausforderungen: Zum einen die Gewinnung von Fachkräften und zum anderen die teilweise noch mangelhafte digitale Infrastruktur. Während Letzteres dringend seitens der Politik forciert werden muss, versuchen wir als Arbeitgeber*innen zum Beispiel durch flexible Arbeitsformen und individuelle Angebote, Beschäftigte zu halten. Um den Herausforderungen der Digitalisierung und den Wünschen nach mehr Flexibilität gerecht zu werden, braucht es eine Reform des Arbeitszeitgesetzes. In der Flexibilität von KMU sehe ich auch deren großen Vorteil: Veränderungen können in KMU häufig agiler umgesetzt werden, da sie meist flache Hierarchien und flexible Strukturen aufweisen. Dadurch erweisen sich KMU als enorm krisenfest.

Wie kann man den Wandel nutzen, um gendergerechter zu werden?

Hybrides Arbeiten bedeutet zunächst einmal eine Abkehr von der Präsenzarbeit hin zur Vertrauensarbeit. Das ermöglicht vielen Beschäftigen, selbstbestimmter zu arbeiten und eine Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf, Privatem und ehrenamtlichem Engagement. Gleichzeitig ist es auch wichtig, dass Frauen, die vermehrt von zuhause aus arbeiten, weiterhin sichtbar bleiben: Präsenz darf nicht ausschlaggebend für beruflichen Erfolg sein. Durch Konzepte wie Jobsharing und Top-Sharing können Frauen in Führungspositionen weiter gefördert werden.

Wie gelingt es Unternehmen, durch die digitale Transformation mitarbeiterorientierter zu agieren?

Grundsätzlich können verschiedene New Work-Methoden dabei helfen, indem Mitarbeitende an digitalen Transformationsprozessen beteiligt werden und eine Kultur der gemeinsamen Ausgestaltung von Veränderungen etabliert wird. Das bedeutet aber auch, dass Aufgaben, Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten der Mitarbeitenden gegebenenfalls neu verteilt werden sowie Hierarchien abgebaut werden müssen. Zudem können Prozesse durch digitale Tools transparenter gemacht werden. Selbstverständlich gibt es auch Herausforderungen, etwa alle Mitarbeitenden auf diesem Weg mitzunehmen. Dafür müssen Schulungen und „Training on the Job“ eingeplant werden.

Was kann der „she suceeds award“ leisten, den der VdU jährlich vergibt?

Der „she succeeds award“ ist der einzige Preis in Deutschland, der weibliche Nachfolgeunternehmerinnen auszeichnet und sie als Vorbilder sichtbar macht. Wir küren damit Frauen, die den mutigen Schritt als familieninterne und externe Nachfolgerinnen gegangen sind. Denn, obwohl der Frauenanteil an allen Gründungsinteressierten mittlerweile 44 Prozent beträgt, stagniert der Anteil an Nachfolgerinnen auf einem bescheidenen Niveau von circa 25 Prozent. Eine aktuelle Studie der Universität Mannheim hat verdeutlicht, dass Frauen besonders von weiblichen Vorbildern positiv in ihren Entscheidungen beeinflusst werden.

Was müssen wir von der Politik einfordern, damit Unternehmen die angedachten Transformationsprozesse erfolgreich gestalten können?

Was Unternehmen in erster Linie brauchen, ist Planbarkeit. Aber auch Gestaltungsfreiheit, Abbau von Bürokratie und Überregulierung und eine funktionierende digitale Verwaltung sowie eine flächendeckende digitale Infrastruktur. Was wir definitiv nicht brauchen, ist ein Recht auf Homeoffice – vielmehr einen verlässlichen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten. Gleichzeitig plädieren wir auch dafür, dass der Eigenverantwortlichkeit und Kreativität der Unternehmer*innen vertraut wird.


VdU – Der Verband deutscher Unternehmerinnen repräsentiert 1.800 frauengeführte, insbesondere mittelständische Unternehmen aus Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistung. Die Mitglieder des VdU erwirtschaften zusammen einen Jahresumsatz von 85 Milliarden Euro und beschäftigen 500.000 Menschen. In besonderem Maße zeichnet den VdU die Verbindung von unternehmerischer Interessenvertretung und gleichstellungspolitischer Lobby aus.


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