Maciej Palucki ist Projektkoordinator für ein universitätsübergreifendes Projekt zum Thema Chancengleichheit und hat schon vor mehr als 17 Jahren damit begonnen, sich mit dem Themenbereich Gender und Diversity auseinanderzusetzen. Wir haben uns mit ihm getroffen.
Heute hört und liest man es, sobald man sich mit dem Thema Diversität zu beschäftigen beginnt: Diverse Teams performen besser. Als Maciej Palucki vor rund 17 Jahren im Rahmen des Studienzweiges »Gender- und Diversitätsmanagement« an der WU Wien in den Themenbereich eintauchte, war diese Erkenntnis noch alles andere als weit verbreitet. Und auch für Palucki eröffnete sich durch die von ihm gewählte Abzweigung innerhalb seines Wirtschaftsstudiums eine völlig neue Sichtweise auf die Welt: »Das war auf jeden Fall jener Moment, in dem mir sozusagen die Gender- und Diversitätsbrille aufgesetzt wurde, die ich seither sehr gerne trage. Davor hatte ich schon sehr viele blinde Flecken.« Nach dem Studium verschlug es Palucki unter anderem in den Journalismus. »Meine Erwerbsbiographie ist alles andere als linear«, erklärt er im Gespräch. »Was sich bei mir aber schon irgendwie durchgezogen hat, war ein gewisses Bewusstsein für Ungleichheiten in unserer Gesellschaft. Daraus entwickelte sich dann auch der Wunsch, zumindest einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, dass unsere Welt gerechter wird.«
Das ist ihm eindeutig gelungen, denn als Projektkoordinator für SDG 5 leistet Palucki heute einen Beitrag, den man wohl längst nicht mehr als klein bezeichnen kann. Von der Technischen Universität Wien aus koordiniert er innerhalb des Projekts, an dem insgesamt 18 Universitäten und Institutionen beteiligt sind, den Bereich Gender Equality. Die beteiligten Institutionen erarbeiten gemeinsam einen Bericht, der dann der Regierung vorlegt wird. Eine Mammutaufgabe, wie Palucki lachend betont. Sich tagtäglich mit Lücken und Ungleichheiten zu beschäftigen, die sich schon seit Jahrzehnten viel zu hartnäckig in unserer Gesellschaft halten, empfindet Palucki ganz und gar nicht als Grund, sich zermürben oder desillusionieren zu lassen. »Gerade bei diesem Thema ist bei mir die Motivation sehr intrinsisch. Chancengleichheit ist mir einfach so wichtig, dass ich mitunter richtig emotional werden kann. Ich bin zwar ein Mann, habe durch meine Migrationsgeschichte aber auch Diskriminierung erfahren. Dadurch habe ich in bestimmten Bereichen vielleicht ein bisschen mehr Empathie. Natürlich gibt es aber auch Themenfelder, bei denen ich es mir nicht anmaße ein Statement abzugeben, weil ich bestimmte Erfahrungen nicht gemacht habe. Trotzdem kann ich mich solidarisieren und das tue ich auch.«
Durch die Seminare, die er schon zu diesem Thema gehalten hat, hat er gemerkt, dass sich immer mehr Männer für Gender- und Diversitätsthemen interessieren. Ein Trend, den man nicht zu hoch bewerten sollte, da Universitäten immer nur einen kleinen Ausschnitt einer Gesellschaft abbilden, setzt Palucki allerdings hinzu. »Aber durchaus ein kleiner, symbolischer Erfolg.« Weil kleine Erfolge zwar wichtig sind, Ungleichheiten aber nur durch einen grundlegenden Systemwandel beseitigt werden können, müssen die Maßnahmen, an denen die am Projekt beteiligten Universitäten und Institutionen gerade arbeiten, zwar realistisch umsetzbar sein, aber trotzdem Regenbogencharakter haben. »Es darf zum Beispiel nicht nur darum gehen, die Aufsichtsratsquote um drei Prozentpunkte zu steigern. Damit hier deutlich mehr möglich wird, braucht es größere Ziele und Quoten, aber auch entsprechende Sanktionen.«
Dass die Themen Gender Equality und Diversität während der Corona-Krise an Bedeutung verloren haben, hält Palucki für ein vollkommen falsches Signal. »Natürlich wurde von vielen Unternehmen das Argument gebracht, dass gerade kein Geld für solche Maßnahmen vorhanden ist. Es ist zwar total abgedroschen, aber ich sage es trotzdem: In der Krise kann auch eine Chance liegen. Weil momentan so viele Dinge im Umbruch sind, wäre jetzt die Möglichkeit diesen Themen mehr Gewicht zu geben.« Als Vorreiter in dieser Hinsicht erwähnt er einmal mehr Island: »Basierend auf der Tatsache, dass während der Finanzkrise 2008 in erster Linie Männer als Entscheider agierten, hat man sich in Island dazu entschieden, eine größere Perspektivenvielfalt hineinzubringen und eine 40 %-Quote für Vorstände einzuführen. Aber Island ist ja ohnehin ein Wonderland für Gender Equality.« Davon, dass es tatsächlich so ist, wird sich Maciej Palucki bei einem Forschungsaufenthalt im kommenden Jahr auch selbst überzeugen können.